
Schlüsselmoment(e)
Schlüsselmoment(e)

Mit einem couragierten Auftritt, defensiver Stabilität und einer läuferischen Meisterleistung überzeugt Hertha BSC beim Tabellenzweiten, muss sich nach einer entscheidenden Szene aber knapp mit 0:1 geschlagen geben.
Berlin – Nach einer starken Balleroberung des eingewechselten Jessic Ngankam ging es ganz schnell: Über Per Skjelbred und Vladimir Darida landete das runde Spielgerät beim ebenfalls in die Partie gekommenen Alexander Esswein, der sich durch cleveres Kreuzen mit Vedad Ibisevic eine aussichtsreiche Abschlussposition verschaffte. Doch sein Versuch flog Zentimeter am linken Pfosten des Dortmunder Gehäuses vorbei (56.). Nichts war es mit dem blau-weißen Führungstreffer im Bundesliga-Topspiel beim zweitplatzierten BVB am Samstagabend (06.06.20). Die Trauer über diese ausgelassene Möglichkeit verfestigte sich 60 Sekunden später: Im Gegenzug erzielte Dortmunds Emre Can nach Vorarbeit von Julian Brandt den 1:0-Führungstreffer, der nach 93 umkämpften Minuten auch den Endstand bedeutete.
Diese Szene war zweifelsohne der Schlüsselmoment der Partie. "Mit ein bisschen Glück können wir durch Alexander Esswein das 1:0 erzielen. Das wäre natürlich super gewesen und genau zum richtigen Zeitpunkt. Stattdessen kassieren wir kurze Zeit später das Gegentor. Das war natürlich ein Schlag", erklärte Hertha-Trainer Bruno Labbadia auf der Pressekonferenz, fand aber auch lobende Worte für seine Schützlinge. "Die Mannschaft hat trotzdem keine Sekunde aufgegeben. Wir haben bis zum Schluss gefightet", untermauerte Labbadia die volle Leistungsbereitschaft seines Teams. Für den Fußballlehrer war es das 250. Bundesliga-Spiel als Trainer. Dass der Coach von seiner Elf zum Jubiläum beinahe mit einem Punktgewinn beschenkte wurde, lag vor allem an einer erneut geschlossenen und höchst konzentrierten Mannschaftsleistung. So ließ die 'Alte Dame' gegen die mit Ausnahmekünstlern gespickten Dortmunder nur drei Torschüsse zu und hielt die 81-Tore-Offensive weitestgehend in Schach. Lediglich Thorgan Hazard (21.) und Jadon Sancho (51., 89.) entwickelten Gefahr für Rune Jarstein und seine Vorderleute.
Laufwunder Darida stellt neuen Bundesliga-Rekord auf
Neben der kompakten Defensivleistung glänzten die Hauptstädter – mal wieder – mit läuferischer Arbeit. Mit 122,62 gelaufenen Kilometern spulten die Blau-Weißen über fünf Kilometer mehr ab als die Schwarz-Gelben. Nur Bayer Leverkusen lief an dem bisherigen Spieltag mehr (122,69 Kilometer). Dazu zogen die Herthaner (265) auch mehr Sprints als der BVB (232) an. Einer, der sich mal wieder für keinen Meter zu schade war, ist Vladimir Darida. Der Tscheche lief 14,65 Kilometer und stellte damit einen neuen Bundesliga-Rekord auf: Noch nie sammelte ein Spieler so viel Meter in einer Begegnung wie Herthas Nummer 6 am Samstagabend. "Dass ich diesen Wert erreicht habe, ist eine schöne Statistik, aber ich hätte lieber ein Tor geschossen und den Punkt mitgenommen", meinte 'Vladi' mit einem verschwitzten Grinsen nach der Partie.
Dass es nach einem couragierten Auftritt nicht mit etwas Zählbarem geklappt hat, lag an den wenig klaren Berlinern Torchancen. Das sprach auch Coach Labbadia direkt nach Abpfiff an. "In diesem Spiel hat uns der letzte Punch und die Durchschlagskraft gefehlt", betrieb der Übungsleiter Ursachenforschung für die erste Niederlage in seiner Amtszeit an der Spree. Zuvor blieb der Hauptstadtclub in den vier Duellen nach dem Re-Start ungeschlagen, insgesamt sogar sechs Partien in Serie. Darüber hinaus war es die erste Auswärtsniederlage nach 195 Tagen. Trotz der beendeten Erfolgsserie wussten Labbadia & Co. die knappe Niederlage beim alten und (vermutlich) neuen Vizemeister einzuordnen. "Borussia Dortmund ist eine Spitzenmannschaft, deswegen müssen wir die Niederlage akzeptieren. Das ist schade, es war bisschen was drin. Trotzdem war es auch nicht unverdient", zog der Coach einen Strich unter das Wochenende.
Nun bleibt der 'Alten Dame' eine volle Trainingswoche, ehe am kommenden Samstag (13.06.20, 15:30 Uhr) Eintracht Frankfurt am 31. Spieltag im Olympiastadion gastiert. Gelingt es den Herthanern, ähnlich couragiert, stabil und läuferisch fleißig aufzutreten wie in Dortmund – und den Wochen davor – dürfen sich die Fans der Blau-Weißen wieder auf ihr Team freuen. Wenn die Hauptstädter dann noch die Schlüsselmomente für sich entscheiden, muss sich Coach Labbadia gar nicht erst an ein Gefühl gewöhnen, dass er so gar nicht ausstehen kann. "Ich möchte mich nicht an Niederlagen gewöhnen", stellte der 54-Jährige unmissverständlich klar.
(sj/BVB)
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[>]In diesem Spiel hat uns der letzte Punch und die Durchschlagskraft gefehlt.[<]