Vom 'Kuttenkönig' zum Buchautor
Fans | 16. August 2020, 17:58 Uhr

Vom 'Kuttenkönig' zum Buchautor

Vom 'Kuttenkönig' zum Buchautor

Viele Jahre schwenkte Jörn Kutschmann eine riesige Fahne in der Ostkurve. Ende 2018 veröffentlichte der Herthaner ein Buch über seine Reisen mit der 'Alten Dame'.

Berlin - Der Spieltag steht an, die Stadiontore öffnen sich, die Fans füllen nach und nach das Innere des Olympiastadions und die Ostkurve macht sich bereit: Bereit dafür, wieder 90 Minuten ein Meer aus Fahnen zu werden. Das ist derzeit aufgrund der Corona-Pandemie zwar leider nicht möglich, die Bilder von leidenschaftlichen Blau-Weißen auf den Rängen bleiben dennoch. Mittendrin schwenkte ein treuer Anhänger für viele Jahre eine Fahne, die ihren Teil zum Bild der Ostkurve beitragen hat. Jörn Kutschmann brachte die Farben der Stadt und den Berliner Bären in die Kurve der Spreeathener und fand (s)einen Platz in diesem blau-weißen Fahnenmeer.

Der 34-Jährige entdeckte 2006 eine Anzeige im Internet, bei der die etwa 30 Quadratmeter große Fahne versteigert wurde. Kutschmann kontaktierte den Verkäufer und erwarb das riesige Einzelstück für etwa 45 Euro. Doch anschließend stand der Fußballfan vor einer großen Herausforderung: Einen passenden Fahnenstab finden. Nach mehrjähriger Suche hatte der Herthaner Glück: Fortan konnte der im operativen Einkauf eines Krankenhauskonzernes tätige Kutschmann die Fahne samt Stab mit zu den Heimspielen ins Olympiastadion nehmen und die Flagge auf der Tribüne hissen. Damit verzierte der treue Anhänger das blau-weiße Bild der Ostkurve mit der Flagge der deutschen Hauptstadt. Eine Aufgabe, die nicht immer ganz einfach war und je nach Wetterlage zum Teil schwerer wurde. "Ich erinnere mich an ein Spiel gegen Augsburg, dort gab es einen heftigen Windstoß, das hat ein furchtbares, knirschendes und knackendes Geräusch gegeben, meine Freunde haben sich schon Sorgen um den Fahnenstab gemacht – aber es war mein Rücken", verrät der gebürtige Berliner gegenüber herthabsc.de.

18 Jahre mit Hertha BSC in einem Buch zusammengefasst

Seit knapp zwei Jahren steht der Herthaner nicht mehr in der Kurve und hat sich stattdessen einen Platz im restlichen Teil des Stadions ausgesucht, die Fahne ist seitdem nicht mehr in Betrieb. Der pensionierte Fahnenschwinger hat mit dem Wechsel vom Steh- zum Sitzplatz ein weiteres Utensil in den Ruhestand geschickt: Seine Kutte. Bereits seit 1998 geht der 34-Jährige zu den Spielen der 'Alten Dame', seit 2001 besitzt er eine Dauerkarte. Rund ein Jahr später sah Kutschmann den Film 'Fußball ist unser Leben' und entdeckte seine Leidenschaft für Kutten. Der Berliner legte sich eine Jeansweste zu und brachte nach und nach mehrere Anhänger an. Das fast 20 Jahre alte Kleidungsstück ist inzwischen etwa knöchellang und hat um die 300 Anhänger, dazu ist sie rund sechs Kilo schwer. Mit dieser Leidenschaft hat sich Kutschmann über all die Jahre in der Ostkurve zum 'Kuttenkönig' gemacht und trägt den Namen bis heute. "Es ist ein Ritterschlag, wenn einem die Kurve einen Spitznamen verpasst. Ich finde 'Kuttenkönig' total cool", verrät der Fan, der die Kutte seit dem Platz-Umzug im Stadion nur noch zum abschließenden Heimspiel einer Saison aus dem Schrank holt. Zahlreiche spezielle Momente erlebte Kutschmann in seinem eigengefertigten Dress, der direkte Wiederaufstieg in die Bundesliga nach einem Sieg in Duisburg im April 2011 sowie ein später 1:0-Erfolg in Leverkusen im Oktober 2008 blieben dem frisch gebackenen Vater eines Sohnes besonders in Erinnerung.

Duisburg und Leverkusen sind nur zwei der vielen Orte, an denen Kutschmann der 'Alten Dame' auf Reisen folgte. Ende 2018 veröffentlichte der Herthaner gleich ein ganzes Buch über seine Reisen mit dem Hauptstadtclub. 'Volljährig – 18 Jahre mit Hertha BSC' heißt das Werk und beschreibt tagebuchartig überwiegend die Auswärtsfahrten, die er mit dem Hauptstadtclub erlebte. Auf 367 Seiten hält der Dauerkartenbesitzer seine Erlebnisse fest und berichtet dabei, was an den jeweiligen Spieltagen von morgens bis abends geschah.

Erst vor Kurzem fand ein weiterer Fanartikel in den vier Wänden des Berliners einen Platz. Zum 34. Geburtstag bekam Kutschmann von einem seiner besten Freunde eine selbstgebastelte Uhr geschenkt. Der Freund nahm sich eine alte Schallplatte, die er mit den Farben blau und weiß färbte. Danach funktionierte er die Vinylscheibe kurzerhand um, als er noch Uhrzeiger einarbeitete. Zum Abschluss versah der Kumpel die eigene Kreation mit der Aufschrift 'Kuttenkönig' – und fertig war das perfekte Geschenk. "Es ist einer meiner Lieblingsfanartikel", gibt Kutschmann zu. "Alle Stücke sind Unikate, die durch kein Geld der Welt aufzuwiegen sind", beschreibt der Anhänger seine blau-weißen Gegenstände. Aufgrund der fußballfreien Zeit hat der Familienvater aktuell viel Zeit für seinen neugeborenen Sohn. "Ich will den Kleinen an den Verein heranführen", verrät Kutschmann abschließend lächelnd. Eine Kutte in der passenden Größe hat der Junior bereits.

(pm/privat)

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Es sind alles Unikate, die durch kein Geld der Welt aufzuwiegen sind.
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-Jörn Kutschmann

von Hertha BSC