Profis | 8. November 2020, 01:45 Uhr

Aha-Erlebnis

Aha-Erlebnis

Konstant über 90 Minuten dominieren die Herthaner beim FC Augsburg und fahren den zweiten Saisonsieg völlig verdient ein. Ein Erfolg als Bestätigung.

Augsburg/Berlin – Gestikulierend und angeregt ins Gespräch vertieft standen sie nach Abpfiff zusammen: Matheus Cunha, Dodi Lukébakio und Krzysztof Piątek. Was die drei Offensivspieler unmittelbar nach der Begegnung beim FC Augsburg miteinander zu besprechen hatten? Man weiß es nicht, am Ende ist es vermutlich nur eine Randnotiz des 7. Spieltags. Viel wichtiger war an diesem Samstag (07.11.20) ganz eindeutig das Resultat – und das dürfte nicht nur das blau-weiße Trio, das mit seinen Treffern nicht unerheblich daran mitgewirkt hatte, glücklich gemacht haben. Durch das 3:0 (1:0) beim FC Augsburg haben die Herthaner die ersten drei Punkte nach zuvor fünf sieglosen Partien eingefahren. "Das war ein wichtiger Sieg in einem wichtigen Spiel", formulierte es Cunha so einfach wie treffend. Widerspruch dürfte der Brasilianer aus dem Lager der Hauptstädter für diese Aussage auf jeden Fall keinen erhalten. Schon gar nicht von Trainer Bruno Labbadia, der ein Lob für seine Mannschaft parat hatte. "Es war ein sehr souveräner Auftritt unserer Mannschaft, der gar nicht hoch genug gegen so eine top organisierte Mannschaft einzuschätzen ist", sagte der 54-Jährige daran erinnernd, dass der FC Augsburg im eigenen Stadion in dieser Saison bereits Borussia Dortmund geschlagen hat.

Mit gutem Plan und viel Ballbesitz

Der Fußballlehrer hatte seine Schützlinge optimal eingestellt auf die stark in die Spielzeit gestarteten Fuggerstädter, die bekannt für ihr schnelles Umschaltspiel sind. Von Anfang an behielten die Spreeathener bei dichten Nebelschwaden – nicht nur bildlich geschrieben – den Durchblick. Bissig in den Zweikämpfen sowie konzentriert und passsicher im Spielaufbau erarbeiteten sie sich ein Übergewicht. Offensive Aktionen der Hausherren erstickten sie im Keim. "Augsburg hat es uns schwer gemacht, weil sie in ihrem 4-4-2 gut geordnet waren. Wir haben uns aber nicht von unserem Plan abbringen lassen", befand Antreiber Vladimir Darida, dessen Zusammenspiel mit Startelf-Debütant Mattéo Guendouzi Lust auf mehr machte. Mit phasenweise mehr als 70 Prozent Ballbesitz in der ersten Hälfte dominierte die 'Alte Dame' mit einem Selbstverständnis, das nach fünf Partien ohne Triumph nicht unbedingt voraussetzbar war.

Zwar blieben die ganz großen Strafraumszenen zunächst aus, doch vor allem nach Standardsituationen näherten sich die Berliner dem gegnerischen Gehäuse in Person von Niklas Stark (27.) und Jhon Córdoba (34.) nennenswert an. Der Kolumbianer rückte auch zehn Minuten später in den Fokus, als er die Situation richtig antizipierte und Felix Uduokhai zum Foul im Strafraum zwang (44.). Aus elf Metern behielt Cunha die Nerven und erzielte sein viertes Saisontor. "Beim Elfmeter schaue ich immer auf den Torwart und seine Bewegungen - ich habe ihn in der Szene ein wenig ausgeguckt", verriet der 21-Jährige später. Einziger Wermutstropfen: Herthas Nummer 15 verletzte sich bei dieser Aktion, musste vom Platz und verließ die Arena auf Krücken. Am Sonntag folgte die Diagnose: Bänderverletzung im linken Sprunggelenk. "Jhon wird vermutlich bis zum Jahresende kausfallen. Das trifft uns, gehört aber leider dazu", sagte sein Coach.

Bildergalerie: FC Augsburg - Hertha BSC

Piątek kommt, bereitet vor und trifft

Einer der beiden eingangs erwähnten Protagonisten hatte damit seinen großen Auftritt, die beiden anderen rückten nach Wiederanpfiff in den Mittelpunkt. Nach schöner Flanke Piąteks wählte Lukébakio den richtigen Laufweg, schob sich vor seine Gegenspieler und stellte das Ergebnis auf 2:0 (52.). "Eine 1:0-Führung im Fußball bedeutet noch nichts, deshalb war es klar für uns, dass wir weiter Vollgas geben müssen und kein Gegentor kassieren dürfen. Krzysztof hat mich gesehen und eine Flanke auf mich gespielt, ich habe die Aktion dann vollendet", rekapitulierte der Belgier. Ein Wirkungstreffer für den FCA. "Wir haben in der Phase das zweite Tor geschossen. Das war sehr wichtig für das Spiel, damit wir Ruhe reinbekommen", wusste Marvin Plattenhardt zu berichten, der in der Viererkette den Vorzug erhielt. Lediglich eine größere Chance der Gastgeber ließen der Linksverteidiger und seine Kollegen zu, doch Alexander Schwolow hielt reaktionsschnell gegen Florian Niederlechner (61.). "Schön, dass ich meinen Teil zum Sieg in dieser Aktion beitragen konnte", sagte der Schlussmann.

Vorlagengeber Piąteks wäre drei Zeigerumdrehungen später nach einem Bilderbuchkonter über Lukébakio und Darida beinahe das dritte Tor gelungen, doch sein Versuch klatschte an den Pfosten (64.). "Für mich persönlich war es wichtig, mal wieder länger auf dem Platz stehen zu können, so konnte ich mich mehr einbringen", sagte der Pole. Der Stürmer, der zuletzt ein bisschen unter der Formstärke Córdobas 'litt', sollte seine persönliche Belohnung dennoch bekommen, als er eine Umschaltsituation zum 3:0-Endstand nutze (86.). "Das tut mir natürlich gut. Ich bin sehr froh, dass ich dem Team helfen konnte und wir hier gewonnen haben, das ist entscheidend", so der 25-Jährige. "Wir haben vor zwei Wochen lange miteinander gesprochen und ihm gesagt, was wir von ihm erwarten und woran er arbeiten muss. Ich hoffe, dass ihm die Vorlage und der Auftrieb für die nächsten Wochen geben", zeigte sich auch sein Übungsleiter zufrieden.

Ein Sieg für das Gefühl

Nicht nur für Herthas Nummer 9 war es ein erster Durchbruch in dieser bisher nicht unkomplizierten Spielzeit, sondern für das ganze Team. Das Aha-Erlebnis, auf dem Trikot die Erinnerung für Abstand, Hygiene und Alltagsmaske im Kampf gegen Corona, im Spiel die Erkenntnis, dass die Herthaner ihre Fähigkeiten abrufen können. Oder wie Bruno Labbadia es sagen würde: "Wir haben an das angeknüpft, was wir in den vergangenen Wochen immer wieder gezeigt haben – von der 1. bis zur 90. Minute. Diese Souveränität hat mir besonders gefallen. Wir empfinden, dass wir eine stetige Entwicklung nehmen, auch wenn wir noch viel Arbeit vor uns haben. Dieses Mal hat es sich zum Glück auch im Ergebnis umgemünzt."

(fw/City-Press)

Gesagt...

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Wir empfinden, dass wir eine stetige Entwicklung nehmen, auch wenn wir noch viel Arbeit vor uns haben. Dieses Mal hat es sich zum Glück auch im Ergebnis umgemünzt.
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-Bruno Labbadia

von Hertha BSC