Vladimír Darida zieht im Duell mit Leverkusen ab.
Profis | 8. November 2021, 10:08 Uhr

Unvollendet

Eine Partie zumachen oder beenden, entscheidend nachlegen, den Sack zu- oder auch den Deckel draufmachen – unser Lieblingssport weist viele Redewendungen auf, um die Entscheidung eines Fußballspiels zu beschreiben. Doch wie Betrachtende die Aktion auch nennen mögen, so war sie am Ende eines spannenden Fußballnachmittages im Berliner Olympiastadion das Einzige, was unseren Blau-Weißen gegen Bayer Leverkusen zu einem perfekten Wochenausklang fehlte. „Es war ein gutes Spiel von beiden Teams, sowohl taktisch als auch vom Tempo her – trotz der nicht so guten Platzverhältnisse“, ordnete Pál Dárdai das Geschehen auf dem Rasen an diesem Sonntag ein. „Die Mannschaft hatte eine gute Tagesform: meine Spieler haben intensiv gearbeitet, viele Chancen herausgespielt und mit Geduld verteidigt. Bis zur 90. Minute war das gut“, unterstrich unser Coach. Doch dann kamen die Gäste per Standard noch zum Ausgleich – und der bedeutete, dass unser Hauptstadtclub nur einen statt alle drei Zähler auf das Punktekonto buchen durfte. „Wir wollten diesen Sieg, und ich finde, dass wir ihn auch verdient hatten. Es ist schade, weil wir gegen ein sehr starkes Team ein richtig gutes Spiel gezeigt haben“, bilanzierte Stevan Jovetić. Trotz der tollen kämpferischen Teamleistung blieb so zunächst das Gefühl einer unvollendeten Partie.

Stevan Jovetić bejubelt sein Tor gegen Bayer Leverkusen.
Zum Abheben: Stevan Jovetićs Premierentor im Olympiastadion belohnte den funktionierenden Matchplan.

Der Matchplan greift, Jovetić trifft

Diese war von Anfang an umkämpft, beide Seiten suchten und fanden den Abschluss. Bayers Lukáš Hrádecký musste gegen Schüsse von Jovetić (7.) und Marco Richter (13.) eingreifen, Suat Serdars abgefälschter Versuch landete nach einer Viertelstunde auf dem Tornetz. Auf der Gegenseite sorgte vor allem Ex-Herthaner Robert Andrich für Gefahr, sein vermeintliches Tor zum 0:1 zählte in der 26. Minute jedoch zu Recht nicht, da der Ball bereits im Aus war. Drei Minuten vor der Pause ließ ‘Jove‘ das Olympiastadion dann jubeln, nach Maximilian Mittelstädts Balleroberung brachte der Montenegriner unsere Farben mit einem sehenswerten Treffer in Führung. Es war eine Bestätigung des blau-weißen Matchplanes, der bis dahin voll aufgegangen war. „Wichtig ist, dass die Zuschauer eine Einheit auf dem Platz gesehen haben, die nach vorne und aktiv gegen den Ball verteidigt“, verdeutlichte Dárdai eine der Prioritäten gegen den UEFA Europa League-Teilnehmer.

Umschaltmomente bleiben ungenutzt

Diese Idee funktionierte auch nach dem Seitenwechsel, zumal die Rheinländer nun mehr Offensive wagen mussten. So ergaben sich Räume für unsere Spreeathener, die den Gegner weiter stressten und sich Chancen zum 2:0 erspielten. Jovetić erhielt einen tollen Pass von Niklas Stark, schloss in aussichtsreicher Position diesmal jedoch zu hastig ab und verfehlte (55.). Auch weitere Abschlüsse von Richter (63.) und Serdar (82.) sowie eine gute Konterchance, bei der die Bayer-Defensive die Versuche von Vladimír Darida und Mittelstädt noch abblockte, blieben ungenutzt (75.). „Wir haben es nach dem 1:0 verpasst nachzulegen, hatten viele Umschaltmomente, haben diese aber nicht ausgenutzt“, konstatierte unsere Nummer 17. „Wir müssen das 2:0 machen, dann gehen wir als Sieger vom Platz“, pflichtete unser Trainer Mittelstädt bei.

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Wir müssen das 2:0 machen, dann gehen wir als Sieger vom Platz.
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-Pál Dárdai

Gutes Gespür des Publikums

Denn so kam es wie so häufig im Fußball: Bayer, das in Durchgang zwei eigentlich nur durch Distanzversuche von Kerem Demirbay konkrete Torgefahr ausstrahlte, nutzte in der Schlussminute einen Freistoß zum 1:1-Endstand, den Andrich markierte. „Es ist schon sehr ärgerlich, denn wir haben eine sehr gute Leistung gebracht. Wenn wir dann bis zur letzten Minute führen und noch den Ausgleich bekommen, ist das schon sehr bitter“, machte Vizekapitän Stark keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. Doch unserer Nummer 5 war ebenso wie allen Herthanerinnen und Herthanern bewusst, dass das Team über weite Strecken einen sehr guten Auftritt gezeigt hatte. Das Publikum im Olympiastadion bewies nach dem Schlusspfiff ein gutes Gespür und honorierte die couragierte Vorstellung mit viel Applaus und Zuspruch. So fiel es allen Beteiligten schnell leichter, die vielen positiven Aspekte des Nachmittages zu sehen. „Wir haben sehr gut gestanden, wenige Chancen zugelassen und dürfen in jedem Fall nicht die Köpfe hängen lassen, auch wenn es direkt nach dem Spiel schwerfällt“, brachte Stark die Berliner Gefühlswelt auf den Punkt. „Das war ein Schritt in die richtige Richtung. Ich bin mit meiner Mannschaft zufrieden, nur mit dem Ergebnis nicht“, sagte auch Dárdai.

Durchschnaufen, dann Blick aufs Derby

Der Ungar und sein Team können jetzt eine Länderspielunterbrechung nutzen, um nach dieser dramatischen Begegnung durchzuschnaufen und sich dann wieder fokussiert auf die nächste Aufgabe vorzubereiten. Schließlich wartet dann eine ganz besondere Herausforderung – das Berliner Stadtduell beim 1. FC Union (20.11.21, 18:30 Uhr). „Die Pause werden wir so gut es geht nutzen. Wir haben ein wichtiges Spiel vor der Brust und werden hart daran arbeiten, optimal vorbereitet zu sein“, untermauerte Niklas Stark. Unsere Mannschaft wird in diesem Duell alles daransetzen wollen, erneut eine solch geschlossene Leistung zu zeigen – und sich diesmal auch mit einem vollendeten Spiel und der maximalen Punktzahl belohnen wollen.

Hier gibt es unseren Nachbericht in Leichter Sprache.

von Konstantin Keller