Julian Nagelsmann und Leroy Sané klatschen ab.
Profis | 22. Januar 2022, 10:33 Uhr

Kiek ma, wer da kommt: München

Jahrelang galt der vierte deutsche Meistertitel in Serie als magische Schallmauer, ehe der FC Bayern München mit außergewöhnlicher Dominanz allen anderen nationalen Konkurrenten ab 2013 zusehends enteilt sind. In der Spielzeit 2021/22 sind die Süddeutschen erneut auf dem Weg zur Meisterschaft und peilen den zehnten Titel in Serie an. Den nächsten Schritt dorthin möchte die Elf von Julian Nagelsmann in der Hauptstadt gehen. Der Coach ist gegen unsere Alte Dame noch unbesiegt und gewann acht seiner zwölf Kräftemessen mit Hertha-Teams. „Wenn man eine positive Bilanz hat, ist die Aufgabe, die auch positiv zu halten. Das ist unsere Mission für Sonntag“, unterstreicht der 34-Jährige. Beim Gastspiel des Spitzenreiters an der Spree will unser Team dabei zum blau-weißen Stolperstein werden – zuvor nimmt herthabsc.com den Branchenprimus aus dem Freistaat unter die Lupe.

Die sportliche Situation: Der Serienmeister steht in der Bundesliga aktuell sechs Punkte vor Verfolger Borussia Dortmund und grüßt nach 19 Spieltagen von der Tabellenspitze. Auch in der UEFA Champions League gaben sich die Rot-Weißen bislang keine Blöße und zogen gegen den FC Barcelona, SL Benfica und Dynamo Kiew ohne Punktverlust ins Achtelfinale ein. Einzig das Aus in der 2. Hauptrunde des DFB-Pokals gegen Borussia Mönchengladbach (0:5) trübt die sonst so starke Bilanz. Umso größer ist der Titelhunger des 31-maligen deutschen Meisters in den verbleibenden beiden Wettbewerben. „Ich bin zufrieden, wir haben aber noch extrem viel Potenzial. Die Abläufe funktionieren noch nicht konstant über mehrere Wochen“, zieht der sich seit dem Sommer im Amt befindende Trainer eine Zwischenbilanz. Nagelsmann hat an sich und sein Team höchste Ansprüche: „Die Spieler und ich schauen kritisch hin. Am Ende musst du immer liefern!“

Die Bayern im Fokus: Natürlich liegt es nahe, an dieser Stelle über Robert Lewandowski zu schreiben. Der frischgebackene erneute FIFA-Weltfußballer des Jahres führt auch in diesem Jahr wieder die Torschützenlisten an und überzeugt mit atemberaubender Konstanz. Neben dem polnischen Knipser überzeugen beim Spitzenreiter aber auch andere Profis mit positiver Entwicklung. Das prominenteste Beispiel: Leroy Sané. Mit wettbewerbsübergreifenden elf Toren und 13 Vorlagen hat der deutsche Nationalspieler seine Vorjahreswerte (zehn Treffer, elf Assists) bereits zum jetzigen Zeitpunkt übertroffen. Seine zentrumslastigere Rolle unter Nagelsmann scheint Bayerns Nummer 10 nach einem nicht immer einfachen ersten Jahr an der Isar gutzutun. „Dort hat er mehr Aktionen und kürzere Wege im Gegenpressing“, erläutert der Coach, der seinen Offensivspieler auch mental gestärkt hat. „Ich habe mich nicht verrückt machen lassen. Julian hat gesagt, dass er hinter mir steht, und das hat mir auch schon gereicht“, beschreibt Sané sein Verhältnis zum FCB-Coach. Das Vertrauen möchte der leicht angeschlagene Offensivspieler, dem Nagelsmann im Vorfeld der Partie "noch ein bisschen Probleme" bescheinigte, möglichst auch bei der Dienstreise nach Spreeathen zurückzahlen.

Ishak Belfodil läuft bei seinem Debüt im Hertha-Trikot in München auf den Platz.
Hertha-Debüt im Hinspiel, gute Erinnerungen an den gegnerischen Coach: Ishak Belfodil.

Die Schnittstellen: Marco Richter hat eine langjährige Münchner Vergangenheit. Unsere Nummer 23 kickte im Jugendbereich zwischen 2004 und 2012 insgesamt acht Jahre für die Bayern, ehe er nach Augsburg wechselte und dort Profi wurde. Auch Pablo Thiam kennt den kommenden Kontrahenten bestens. Der Leiter Sport unserer Fußball-Akademie stand als Profi zwischen 2001 und 2003 an der Säbener Straße unter Vertrag. Bei den Süddeutschen steht mit Jaroslav Drobný zudem ein alter Bekannter als Torwarttrainer bei den Amateuren unter Vertrag. Der ehemalige Schlussmann hütete zwischen 2007 und 2010 in 120 Pflichtspielen unser Tor. Niklas Stark trifft auf einige alte Bekannte von seinen Reisen zur deutschen Nationalmannschaft: Mit Joshua Kimmich, Serge Gnabry sowie dem aktuell verletzten Leon Goretzka spielte unser Verteidiger gemeinsam und gewann mit Kimmich und Gnabry zudem auch 2014 den U19-Europameistertitel. Seinen ehemaligen Coach sieht Ishak Belfodil wieder. Unser Angreifer arbeitete in der Saison 2018/19 bei der TSG Hoffenheim erfolgreich unter Nagelsmann. „Julian gibt einem etwas vor, man setzt es um und befindet sich plötzlich in einer guten Abschlussposition. Solche Erfahrungen mit einem Coach verleihen einem Stürmer enormes Selbstvertrauen“, lobte unser Torjäger den Fußballehrer einst. Der gab die Blumen im Vorfeld gerne zurück. „Ishak ist einer der unterschätztesten Stürmer der Liga. Er arbeitet gut mit seinem Körper, ist unglaublich schwer zu verteidigen“, benennt Nagelsmann Qualitäten unserer Nummer 14, der im ersten Aufeinandertreffen der Saison im blau-weißen Trikot debütierte.

Das Hinrundenduell: Beim Gastspiel in der bayerischen Landeshauptstadt erlebte unsere Alte Dame insgesamt allerdings einen Abend zum Vergessen, weshalb wir diesen Teil der Rubrik kurzhalten. Nach forschem Beginn und zwei offensiven Ausrufezeichen durch Davie Selke schlugen die Gastgeber durch Thomas Müller (6.) eiskalt zu und dominierten fortan das Geschehen. So stand am Ende aus Sicht unserer Berliner ein 0:5 auf der Anzeigetafel. „In den ersten Minuten hatten wir ein paar gute Ansätze, aber nach dem Führungstor haben die Bayern immer mehr Spielanteile bekommen. Danach haben wir kaum noch Mittel gefunden“, fand Niklas Stark im Anschluss klare Worte.

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Hertha spielt unter Tayfun insgesamt flacher. Man sieht den mutigen, fußballerischen Ansatz, den er auch immer wieder einfordert. Die Berliner hatten in den vergangenen sechs Spielen die mit Abstand beste Zweikampfquote in der eigenen Hälfte, das ist auffällig.
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-Julian Nagelsmann

Die Meinung über unsere Elf: Der Bayern-Coach hat unter Tayfun Korkut eine Entwicklung ausgemacht. „Hertha spielt unter Tayfun insgesamt flacher und mehr aktiven Fußball. Man sieht den mutigen, fußballerischen Ansatz, den er auch immer wieder einfordert. Die Berliner hatten in den vergangenen sechs Spielen die mit Abstand beste Zweikampfquote in der eigenen Hälfte, das ist auffällig“, erläutert Nagelsmann. Sein Rezept dagegen? „Wir müssen nach Ballverlusten wachsam sein, uns an die Zweikampfführung anpassen und unsere eigene Qualität auf den Rasen bringen. Dann bin ich zuversichtlich, dass wir dreifach punkten werden!“

von Konstantin Keller