Raffael und Ronny posieren mit einem Ball unter dem Arm für die Kamera.
Club | 8. Februar 2023, 17:00 Uhr

Allet paletti, Raffael & Ronny?

In über 130 Jahren haben verschiedenste Persönlichkeiten und Charaktere ihre Spuren bei Hertha BSC hinterlassen. Die Protagonisten haben die unterschiedlichen blau-weißen Epochen geprägt – durch ihren Einsatz auf dem Rasen entstanden Geschichten, die bei unseren Anhängerinnen und Anhängern bis in die Gegenwart schöne Gefühle auslösen. Diesen Erlebnissen, Anekdoten und Erinnerungen jener Herthaner möchten wir in unserer neuen Rubrik „Allet paletti?“ den verdienten Raum geben.

Die nächsten ehemaligen Spreeathener, mit denen herthabsc.com sich unterhalten hat, sind Raffael und Ronny. Das brasilianische Duo setzte zwischen 2010 und 2012 eine kleine Tradition bei unserem Hauptstadtclub fort: Während die Brüderpaare Lindner und Lorenz unseren Verein einst gründeten, standen auch anschließend immer wieder Geschwister gemeinsam in Blau und Weiß auf dem Rasen. Vorgänger unserer früheren Nummern 10 und 12 waren Andreas und Oliver Schmidt oder Prince und Jérôme Boateng, ehe die beiden Brüder aus Fortaleza die Tradition fortführten. „Für uns wurde ein Traum wahr. Diese Zeit war unglaublich“, erinnert sich der 36-jährige Ronny. „Ich war einfach glücklich, für einen großartigen Verein zu spielen – und zugleich auch noch mit meinem Bruder“, pflichtet ihm der 37-jährige Raffael bei. Im Interview verraten die beiden Offensivkünstler außerdem, welche Stärke des anderen sie bewundern, was Berlin für sie bedeutet und wie es war, gegeneinander anzutreten.

herthabsc.com: Raffael & Ronny, wir möchten mit euch über Hertha BSC sprechen. Wo erwischen wir euch gerade?
Raffael: Hi, sehr gerne! Ich wohne in Jüchen, das in Nordrhein-Westfalen liegt.
Ronny: Hallo! Mich erwischt ihr in Fortaleza in Brasilien, dort lebe ich auch.

herthabsc.com: Zwischen 2010 und 2012 standet ihr insgesamt in 30 Partien gemeinsam für unsere Alte Dame auf dem Platz. Was hat es euch bedeutet, als Geschwister für ein und denselben Verein aufzulaufen?
Raffael: Diese Zeit betrachte ich als eine der wichtigsten meiner Karriere. Ich war einfach glücklich, für einen großartigen Verein zu spielen – und zugleich auch noch mit meinem Bruder. Es war spektakulär.
Ronny: Für uns wurde ein Traum wahr. Diese Zeit war unglaublich. Ich verbinde mit ihr viele gute Dinge, vor allem in unserem Familienleben.

herthabsc.com: Wenn ihr zurückblickt: Was hat euch in dieser Zeit besonders gefallen? Hättet ihr euch gefreut, wenn es noch mehr Spiele zusammengekommen wären?
Raffael: Alles war irgendwie besonders: Die Trainingseinheiten, die Reisen, die Spiele und natürlich die Siege. Ich bereue nichts. Aber natürlich wäre es großartig gewesen, wenn wir noch länger zusammengespielt hätte. Das tut mir etwas leid.
Ronny: Mir geht es genauso. Ich finde es schade, dass es nur zwei Jahre waren. Es hätte mich glücklich gemacht, wenn noch mehr Spiele hinzugekommen wären. Unsere gemeinsamen Momente in dieser Zeit habe ich sehr genossen. 

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Diese Zeit war unglaublich. Ich verbinde mit ihr viele gute Dinge, vor allem in unserem Familienleben. Unsere gemeinsamen Momente habe ich sehr genossen. 
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-Ronny

Raffael und Ronny zocken im Trainingslager in Belek mit dem Ball am Strand.

herthabsc.com: War es manchmal vielleicht trotzdem nervig, mit dem eigenen Bruder in einer Mannschaft zu spielen? Beispielsweise bei Duellen im Training oder einer Konkurrenzsituation?
Raffael: Nein! Es hat immer Spaß gemacht...
Ronny: ... auch, wenn wir in den Einheiten mal gegeneinander ranmussten (grinst).

herthabsc.com: Gab es etwas, dass ihr im Spiel des jeweils anderen ganz besonders bewundert habt?
Raffael: Ja, ich habe immer Ronnys Pässe und natürlich vor allem seine Schusskraft bewundert.
Ronny: Raffas Technik war immer genauso beeindruckend wie seine Qualitäten im Dribbling.

herthabsc.com: Ronny, wie traurig warst du, dass Raffael Berlin damals verlassen hat? Hattet ihr je wieder den Wunsch, eines Tages nochmal zusammen zu spielen? Im Idealfall sogar für Hertha?
Ronny: Ich war sehr traurig. Aber solche Dinge gehören im Fußball dazu. Wie gesagt: Mehr Spiele für Hertha wären schön gewesen. Vielleicht laufen wir später irgendwann noch mal wieder zusammen auf.  

herthabsc.com: Die Duelle gegeneinander waren dagegen eine klare Angelegenheit: Ronny musste sich mit unseren Blau-Weißen vier Mal Borussia Mönchengladbach mit Raffael geschlagen geben. Hing der Familienfrieden rund um diese Partie eigentlich mal schief?
Ronny: Es haben immer alle mitgefiebert bei diesen Begegnungen, aber die Stimmung hat nie darunter gelitten. 

Ronny im Hertha-Trikot geht über den Rasen, Raffael im Borussia-Trikot beobachtet ihn.

herthabsc.com: Eure letzten Stationen im Profifußball liegen bereits eine Weile zurück. Was macht ihr aktuell? Welche Pläne verfolgt ihr?
Raffael: Ich überlege immer noch, ob ich meine Karriere beenden soll oder nicht. Im Moment arbeite ich gemeinsam mit Chiquinho, einem ehemaligen Spieler von Borussia Mönchengladbach, in einer Fußballschule. Es gibt Überlegungen, auch künftig in diesem Bereich zu bleiben.
Ronny: Derzeit spiele ich zwar nicht professionell, aber ich habe meine Laufbahn noch nicht beendet. Aktuell arbeite ich in Fortaleza an einem Projekt mit Sportlerinnen und Sportlern. Meine Pläne für die Zukunft stehen definitiv im Zusammenhang mit Fußball. Wer weiß, vielleicht werde ich ja eines Tages Trainer von Hertha (lacht).

herthabsc.com: Wir hatten in den vergangenen Jahren immer wieder Kontakt, ihr wart auch beide das eine oder andere Mal in Berlin und im Olympiastadion. Was bedeutet euch dieser Platz nach all den Jahren?
Raffael: Berlin ist meine Lieblingsstadt in Deutschland. Nicht nur, weil meine beiden Kinder dort geboren sind, sondern auch aufgrund meiner unvergesslichen Erlebnisse im Olympiastadion. Jetzt, wo ich etwas mehr Zeit habe, komme ich nach Berlin, wann immer es möglich ist, um Hertha zu unterstützen.
Ronny: Das Olympiastadion bedeutet mit sehr viel – ebenso wie der gesamte Club. Sie nehmen in meinem Leben einen ganz besonderen Platz ein. Ich hoffe, dass ich eines Tages an diesen Ort, der mir so viel Glück gegeben hat, zurückkehren kann. Allein in diesem Moment gerade bereitet es mir eine große Freude über Hertha und das Olympiastadion zu sprechen. Ich liebe Blau und Weiß!

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Berlin ist meine Lieblingsstadt in Deutschland. Jetzt, wo ich etwas mehr Zeit habe, komme ich nach Berlin, wann immer es möglich ist, um Hertha zu unterstützen.
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-Raffael

Raffael und Ronny bejubeln ein Tor.
Kuss für den Bruder: Beide Brasilianer verbinden viel Schönes mit unserer Alten Dame.

herthabsc.com: Ihr habt dabei immer wieder betont, dass ihr Hertha BSC noch eng verfolgt. Was bedeutet euch der Club?
Ronny: Ich hatte eine Menge glücklicher Momente. Deswegen werde ich immer mit diesem Club mitfiebern, ich verfolge die Spiele eng, leide aktuell mit. Inzwischen bin ich Hertha-Fan, der hofft, dass wir es schaffen, nicht abzusteigen! 
Raffael: Ich kann sagen, dass der Club mir sehr viel bedeutet. Ich bin ihm extrem dankbar, denn er hat mir viel ermöglicht. Vor allem natürlich die Gelegenheit, mit meinem Bruder zu spielen. In der Hinrunde hatten wir alle das Gefühl, dass sich die Mannschaft auf dem richtigen Weg befindet. Ich hoffe, dass sie sportlich wieder die Wende schafft – und das so schnell wie möglich. Auch wenn ich lange für Borussia Mönchengladbach gespielt habe, die Alte Dame braucht die Punkte dringender. Wir wünschen uns von Herzen, dass Hertha BSC die Klasse hält. 

von Florian Waldkötter