Stuttgarter beim Handshake
Profis | 12. Februar 2021, 10:17 Uhr

Kiek ma, wo dit hinjeht: Stuttgart

Als 'Junge Wilde' bezeichnete die Öffentlichkeit den goldenen Jahrgang des VfB Stuttgart, der mit erfrischendem Fußball im Jahr 2003 für Furore sorgte und sogar bis in die UEFA Champions League stürmte. Ganz so weit ist der diesjährige Jahrgang des 1893 gegründeten Vereins zwar noch nicht, doch mit den entsprechenden Attributen kann sich auch dieser Kader mit Fug und Recht schmücken. Der fünfmalige deutsche Meister bietet im Schnitt ligaweit die jüngste Startelf auf und sorgte gerade auswärts bereits für Aufsehen. Insbesondere beim 5:1-Sieg in Dortmund, aber auch beim 2:0-Hinspielerfolg bei den Hauptstädtern wiesen die Weiß-Roten ihre Qualität nach, die nun den zweiten Sieg im heimischen Rund bringen soll. "Wir werden über die gesamte Spieldauer mit der Bereitschaft antreten wollen, alles zu geben", sagt VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo vor dem Rückspiel im Süden. Was die Berliner dort erwartet, auf welche Stuttgarter speziell zu achten ist und welche Schnittstellen beide Clubs aufweisen, zeigt herthabsc.de in der Gegnervorschau.

Die sportliche Situation: Nach 20 Partien liegt der Traditionsverein aus dem 'Ländle' mit 25 Punkten auf Tabellenrang 10, im DFB-Pokal war im Achtelfinale gegen Borussia Mönchengladbach Endstation (1:2). Wie bereits erwähnt wusste die Matarazzo-Elf in der Bundesliga aber bereits Ausrufezeichen zu setzen. "Wir sind auf einem guten Weg, unsere Ziele zu erreichen. Unsere Ziele sind der Klassenerhalt sowie unsere junge Mannschaft und jeden einzelnen Spieler weiterzuentwickeln", sagt der Coach, der sich vor allem auf seine starke Offensive verlassen kann. Die 37 Saisontore der Baden-Württemberger können nur der FC Bayern, Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund überbieten.

Die Stuttgarter im Fokus: In Topscorer Silas Wamangituka haben die Cannstatter einen der treffsichersten Spieler der bisherigen Bundesliga-Saison in ihren Reihen. Seine elf Saisontreffer überbieten ligaweit nur fünf Profis. "Den schnellen VfB-Spielern darfst du keine Räume geben, sonst wird es schwierig", betonte Pál Dárdai im Vorfeld. Im Aufstiegsjahr war Nicolás Gonzáles bester Torschütze der Schwaben. Der Offensivspieler netzte auch in dieser Spielzeit bereits sechs Mal, fällt mit einem Muskelfaserriss aber vorerst aus. Ein weiterer Profi, der seine Torjägerqualitäten bereits nachgewiesen hat und gemeinsam mit Wamangituka für den Südamerikaner in die Bresche springen kann und soll, ist Saša Kalajdžić. Der Zwei-Meter-Mann knipste in den vergangenen beiden Partien drei Mal. "Wir müssen insgesamt die Räume eng machen und Flanken möglichst verhindern oder zumindest mit defensivem Druck saubere Anspiele erschweren", verriet Dárdai ein mögliches Rezept gegen den torgefährlichen Mittelstürmer.

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Das Spiel in Stuttgart ist ein besonderes für mich, ich kenne dort noch viele Leute. Dennoch wollen wir am Ende gewinnen - nur darum geht es!
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-Sami Khedira

Die Schnittstellen: Es ist eine dieser Geschichten, die der Fußball gerne schreibt. Hertha-Neuzugang Sami Khedira, der gegen den FC Bayern sein Debüt im blau-weißen Trikot feierte, steht vor seinem 100. Bundesliga-Spiel. Dieses könnte der Weltmeister von 2014 ausgerechnet gegen seinen ersten Proficlub in der alten Heimat bestreiten, wo seine Weltkarriere ihren Lauf nahm. "Der VfB kann stolz darauf sein, so einen Spieler entwickelt und mit ihm die Meisterschaft geholt zu haben. Er hat in seiner Karriere sämtliche Titel geholt und Erfolge gefeiert. Es freut mich, am Samstag auf ihn zu treffen", zollte Stuttgarts Coach Matarazzo dem 33-Jährigen im Vorfeld Respekt. Für Santiago Ascacíbar stellt die Begegnung am Samstag ebenfalls die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte dar. Im Januar 2020 wechselte der Argentinier aus der Schwabenmetropole nach Spreeathen und kämpfte sich unter Pál Dárdai zuletzt in die Startformation. Nun möchte der Mittelfeldspieler mit seinen Teamkollegen in der alten sportlichen Heimat einen erfolgreichen Auftritt hinlegen. "Natürlich freue ich mich, dass ich der Mannschaft wieder auf dem Platz helfen kann. Die Zeit davor war nicht einfach, ich war immer wieder verletzt. Aber am wichtigsten ist jetzt, dass wir punkten", sagt der 23-Jährige, der sich auf das Kräftemessen freut. "Das Spiel in Stuttgart ist ein besonderes für mich, ich kenne dort noch viele Leute. Dennoch wollen wir am Ende gewinnen - nur darum geht es", betont Ascacíbar. Auch für Marvin Plattenhardt hätte die Aufgabe in Stuttgart eine Reise in die Vergangenheit dargestellt. Der Linksverteidiger wuchs im knapp 17 Kilometer südlich von Stuttgart gelegenen Filderstadt auf, verpasst das Duell aber verletzungsbedingt.

Das Hinrundenduell: Die Dienstreise an den Neckar bietet den Blau-Weißen neben der Möglichkeit auf wichtige Punkte auch die Chance zur Revanche für die 0:2-Niederlage im Hinspiel. Die Süddeutschen gingen im Olympiastadion nach einem Standardtor von Marc Oliver Kempf früh in Führung. Nach dem Seitenwechsel drängte die 'Alte Dame' auf den Ausgleich, eine Einzelaktion von Gonzalo Castro und der daraus resultierende zweite VfB-Treffer sorgten jedoch für die Entscheidung zugunsten der Gäste. "Wir waren im ersten Durchgang insgesamt nicht gut, nach der Pause lief es etwas besser – aber wir haben nicht getroffen. Nach dem zweiten Tor für Stuttgart war es dann schwierig zurückzukommen", resümierte ein enttäuschter Lucas Tousart. Am Samstag will die Dárdai-Elf beim Rückspiel gemeinsam zurückschlagen.

Die Meinung über den Hauptstadtclub: Pellegrino Matarazzo antizipiert gegen die Herthaner eine anspruchsvolle Aufgabe für seine Mannschaft. "Ich erwarte einen leidenschaftlich verteidigenden Gegner, der schnell umschaltet und seine Stärken im Konterspiel hat. Daher wird eine gute Absicherung extrem wichtig sein. Gerade unter Pál Dárdai wird Hertha kämpfen, beißen und sehr geschlossen auftreten. Ihre Qualität ist besser, als ihr aktueller Tabellenplatz aussagt", warnt der Coach vor der Elf von der Spree. Auch in seiner Mannschaft herrscht ein gesunder Respekt vor den Berlinern. "Hertha hat gegen Bayern ein gutes Spiel absolviert und ist eine Mannschaft mit sehr viel individueller Qualität", weiß Erik Thommy. "Wir werden uns gut darauf vorbereiten und mit einem klaren Matchplan auflaufen, um wieder zu punkten", benennt der Offensivspieler das klare Ziel der Hausherren.

von Konstantin Keller