Henrik Kuchno blickt im Interview in seinen Laptop.
Profis | 21. April 2021, 16:20 Uhr

„Flexibel und kreativ“

Wenn unsere Herthaner den Schenckendorffplatz betreten, geht Henrik Kuchno voran. Unser Athletiktrainer ist in der Regel einer der Ersten, der das Grün betritt, um auf dem Rasen Vorbereitungen für die anschließende Einheit vorzunehmen: Stangen aufstellen, Hürden positionieren oder technische Hilfsmittel scharfstellen. All diese Vorkehrungen kann der 47-Jährige zurzeit nicht treffen, da sich unsere Mannschaft samt Trainerteam und Staff seit nun bald einer Woche in häuslicher Quarantäne befindet. Doch auch in den eigenen vier Wänden schuften unsere Blau-Weißen für den Klassenerhalt. „Ich versuche das Training so zu verpacken, dass alle Bock haben. Die Spieler können sich untereinander sehen und vor jeder Einheit gebe ich ihnen auch die Zeit, sich gegenseitig auszutauschen. Während der Einheit sind die Mikros dann aus. Das klappt alles, macht Spaß und die Jungs können mit Freude trainieren“, schildert Kuchno seine Eindrücke zur knapp ersten Woche fernab des Olympiageländes.

Ganz besonders in der gegenwärtigen Phase ist unser Athletikcoach für unsere Profis ein sehr wichtiger Ansprechpartner für Rückfragen jeglicher Art. „Ich kann damit umgehen, dass ich jetzt vermehrt im Fokus stehe. Das ist normalerweise nicht mein Ding, denn es ist nach wie vor ein Gesamtkonstrukt. Ich bin davon überzeugt was wir machen und ich verstecke mich nicht“, erklärt der aus dem norddeutschen Lübz stammende Übungsleiter. Bemerkenswert: Kuchno hatte keine Zeit, sich groß vorzubereiten. Alles musste in kürzester Zeit organisiert werden – eigentlich genauso wie im Vorjahr. Die gesammelten Erkenntnise zu Beginn der Pandemie helfen ihm zur bestmöglichen Gestaltung der Quarantäne und vor allem zur optimalen Vorbereitung auf die sechs noch anstehenden Bundesliga-Aufgaben im Mai. „Natürlich sind die Erfahrungswerte ein großer Vorteil. Ich habe mir direkt in meinem Ordner angeschaut, welche Belastungen wir im vergangenen März gesetzt haben. Aber das ist nicht vergleichbar mit unserer aktuellen Situation, da wir nach den zwei Wochen keine wirkliche Vorbereitungszeit auf dem Platz haben“, nennt der Familienvater den Hauptunterschied, um aber anschließend die Punkte aufzuzählen, die ihm die Arbeit erleichtern. „Die Kommunikation zwischen den Jungs und mir läuft sehr gut, die Wege sind bekannt. Es ist ein großer Pluspunkt, dass die Spieler vom Verein so schnell mit so viel Equipment wie Laufbändern, Fahrrädern und Blackrolls ausgestattet wurden“, erläutert das Mitglied unseres Trainerstabs, das bis auf eine zweijährige Unterbrechung seit 2008 bei unserem Hauptstadtclub tätig ist.

Abstoppbewegungen und Verletzungsprävention 

Aus den Vorerfahrungen und dem Fakt, dass im nächsten Monat ein eng getakteter Spielplan auf unsere 'Alte Dame' wartet, ist ein gut durchdachtes Trainingsprogramm à la Kuchno entstanden. „Wir sind auf dem richtigen Weg, alle Belastungsbereiche abzudecken. Das gelingt uns momentan sehr gut. Inhalte aus dem intensiven Bereich wie Abstoppbewegungen und Richtungswechsel sind schwierig abzubilden. Das wird aber in den nächsten Tagen der Schwerpunkt sein, diese Sachen zu simulieren. Dafür müssen die Jungs vielleicht auch mal die Möbel beiseitestellen. Wir müssen flexibel und kreativ sein!“, gibt unser Fitnessexperte Einblicke in die tägliche Arbeit Zuhause. Unsere Torhüter nehmen dabei an einigen Sessions teil, trainieren aber auch separat mit Torwarttrainer Ilja Hofstädt in einem eigenen virtuellen Raum.

Die harte, aber auch innovative Arbeit soll den Grundstein dafür legen, dass der hohe Spielrhythmus möglichst wenig Tribut fordert und unser Hauptstadtclub trotz der erschwerten Rahmenbedingungen am Saisonende über dem Strich stehen wird. „Mit dem Thema Verletzungen beschäftigen wir uns sehr viel. Ich habe keinen Zauberstab, den habe ich noch nie gehabt. Sollten wir verletzungsfrei durch die Phase kommen, würde ich mich riesig freuen. Ausschließen können wir es aber nicht. Wir setzen aber alles daran, dass die Jungs in einer sehr guten Verfassung in die Partien gehen“, beschwört der 47-Jährige den bis dato zufriedenstellenden blau-weißen Fitnesszustand. Wenn unsere Spreeathener Ende April wieder gemeinsam an der frischen Luft ackern dürfen, wird Henrik Kuchno wieder vorangehen. Dann glücklicherweise mit dem Team um sich auf dem Schenckendorffplatz – und nicht mehr vor den Bildschirmen.

von Simon Jötten