Die Mannschaft rückt zusammen und jubelt über das 1:0.
Profis | 11. April 2021, 08:35 Uhr

Weitermachen - mit Mentalität und als Team!

Es dürfte teilweise etwas ungemütlich in der Kabine zugegangen sein, als Pál Dárdai seine Schützlinge in der Halbzeitpause im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach um sich versammelt hatte. Denn trotz gutem Anfang, trotz Platzverweis für den Gegner und zwischenzeitlicher Führung hatten seine Schützlinge die Partie zu diesem Zeitpunkt aus der Hand gegeben. Darauf angesprochen wollte unser Coach gar nicht so sehr ins Detail gehen, sagte lediglich: „Wir haben Ordnung geschaffen und das Personal gewechselt für ein Spiel in Überzahl.“ Mehr verriet dagegen Sami Khedira. „Wenn wir ehrlich sind, war unsere erste Halbzeit nicht in Ordnung. Daher war es etwas lauter in der Kabine. Der Trainer hat die Dinge klar angesprochen.“ Dass die Worte gefruchtet haben und der Fußballlehrer unseren Blau-Weißen das nötige Rüstzeug mit auf den Weg gegeben hatte, belegte Jhon Córdobas 2:2 nur fünf Minuten nach Wiederanpfiff.

Kontrolle nach gutem Beginn verloren

Warum Dárdai und sein Trainerteam in der Kabine energisch eingreifen und korrigieren mussten, erklärt die erste Hälfte der siebtletzten Partie der Saison. 45 Minuten, die eigentlich ideal aus Sicht unserer 'Alten Dame‘ begannen. Mit der richtigen Körpersprache, energischen Zweikämpfen und beherzten Ballaktionen waren unsere Jungs von Beginn an zielstrebig. „Für mich war wichtig, dass wir das Spiel mit einer ganz anderen Mentalität angegangen sind als gegen Union“, zeigte sich unser Trainer mit dem Beginn einverstanden. Nach dem Platzverweis von VfL-Torwart Yann Sommer (13., Notbremse) hatte Santiago Ascacíbar mit seinem ersten Tor für unseren Hauptstadtclub sehenswert zur verdienten Führung getroffen. Um ein Haar wäre durch Jhon Córdoba sogar der zweite Treffer (25.) gefallen – ein ansehnlicher Vortrag unserer Jungs gegen einen Kontrahenten, der noch um den Europapokal kämpft.

Bildergalerie: Die Bilder zum Spiel: Hertha BSC - Borussia Mönchengladbach

Doch im Anschluss riss der Faden im Vortrag unserer Blau-Weißen, die Disziplin kam abhanden. „Wir haben nach dem 1:0 nicht mehr viel gemacht. Statt weiter Fußball zu spielen, war da ein Chaos. Auch von außen konnten wir da nichts machen. Vielleicht war es die Unerfahrenheit“, ärgerte sich Dárdai, der in dieser Phase mit ansehen musste, wie Plea (27.) und Stindl per Strafstoß (38.) die Partie gegen seine junge Elf mit einem Durchschnittsalter von 24,1 drehten. „Wir waren ein Spieler mehr. Wenn wir hinten eine Absicherung gestellt hätten, wäre nichts passiert, aber das haben wir nicht verstanden und sind kreuz und quer gelaufen“, bemängelte der Ungar fehlende Struktur. „Die Mannschaft wollte das 1:0 mitnehmen, aber das geht so nicht. Das war Naivität.“

Umstellung und bessere Organisation

In der gewechselten 4-4-2-Formation, in die Marvin Plattenhardt, Nemanja Radonjić und Krzysztof Piątek im zweiten Durchgang gerutscht waren, knüpften unsere Spreeathener dann wieder an die gute Anfangsphase an. Insgesamt 23 Torschüsse (Saison-Bestwert!), mehr gewonnene Zweikämpfe und ein Plus an Ballbesitz sprachen neben Córdobas Ausgleich eine klare Sprache. „In der zweiten Halbzeit haben wir gedrückt, die Torchancen und der Wille waren da“, schilderte Khedira, der nach 57 Minuten für Ascacíbar gekommen war und sein Comeback feierte. Die Hereinnahme des Mittelfeldspielers sorgte für weitere Stabilität. "Sami hat großen Fußballverstand, mit seiner Erfahrung hilft er uns. Außerdem ist er auch wegen seiner Kopfballstärke torgefährlich. Wir wollten mit ihm noch mehr Druck ausüben", nannte Dárdai seinen Plan mit unserer Nummer 28. Kurz danach fehlte Piątek (59.) und Mattéo Guendouzi (60.) das Abschlussglück in einem Abschnitt, in dem unsere Herthaner drückten und die 'Fohlenelf‘ einschnürte. Auch Cunha (88.) und Córdoba (91.) schossen nicht das erlösende Siegtor.

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Wir waren ein Spieler mehr. Wenn wir hinten eine Absicherung gestellt hätten, wäre nichts passiert, aber das haben wir nicht verstanden und sind kreuz und quer gelaufen.
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-Pál Dárdai

Letztlich viel Aufwand unserer Männer, jedoch nicht der gewünschte dritte Heimsieg in Serie – eben auch, weil trotz Überlegenheit nicht alles funktionierte. „In der zweiten Halbzeit haben wir gut gespielt. Positionsspiel und Staffelung waren in Ordnung. Das sah nach Fußball aus. Wir hätten gewinnen können, aber uns hat die letzte Konsequenz gefehlt“, räumte Dárdai ein. Khedira gestand: „Wir müssen zusehen, dass wir über 90 Minuten als Mannschaft organisiert agieren und nicht erst, wenn wir in Rückstand liegen. Jeder Spieler muss seine Position halten, um einfach und schnell zu spielen. Am Ende geht es ums Kollektiv, im Fußball kann man nur als Team gewinnen.“  

Als Einheit in die nächsten Duelle

Auf genau diese Geschlossenheit wird es zweifelsohne auch in den nun noch ausstehenden Duellen ankommen. Am nächsten Sonntag (18.04.21, 18:00 Uhr) steht das Kräftemessen mit dem FSV Mainz 05 an. „Die Mainzer sind in der gleichen Position wie wir. Das werden Spiele, in denen wir alles auf den Platz bringen müssen – nicht nur unsere Qualität, sondern auch unsere Mentalität“, nimmt Khedira sich und seine Kollegen in die Pflicht. Zustimmung gab es von seinem Übungsleiter, der bereits am Morgen mit der Analyse des kommenden Gegners begonnen hat. Was er von seinen Schützlingen erwartet, ist sowieso klar. „In den sechs Spielen müssen wir als Einheit, als Team, als Mannschaft auftreten. Hier ist kein Platz für Egoismen. Wenn einer dem anderen hilft, dann schaffen wir das!“ Und sollte Dárdai erkennen, dass seine Elf irgendwo von diesem Weg abkommt, wird er eingreifen. Das hat nicht erst die Halbzeitpause an diesem Spieltag gezeigt.

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Das werden Spiele, in denen wir alles auf den Platz bringen müssen – nicht nur unsere Qualität, sondern auch unsere Mentalität.
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-Sami Khedira

von Florian Waldkötter