Jonas Hector, Marius Wolf und Ondrej Duda stehen in der Mauer.
Profis | 14. Mai 2021, 17:05 Uhr

Kiek ma, wer da kommt: Köln

Die Zukunft des 1. FC Köln heißt Steffen Baumgart. Wie in dieser Woche bekannt wurde, übernimmt der aktuelle Cheftrainer von Zweitligist Paderborn zur kommenden Saison das Amt bei den Domstädtern. In welcher Liga der ehrgeizige und meinungsstarke Coach arbeiten wird, entscheidet jedoch die Gegenwart – und die heißt Friedhelm Funkel. Mit dem 67-jährigen Fußballlehrer, aktuell der älteste Coach im Bundesliga-Geschäft, wollen die Kölner den siebten Abstieg aus der höchsten deutschen Spielklasse verhindern. „Es ist wichtig, dass man die Ruhe bewahrt, dass man authentisch bleibt und seine Linie beibehält. Und dass man diese Haltung an die Mannschaft weitergibt. Das führt zum Erfolg, sagt die Trainerikone, die seinen Nachfolger selbst noch 2001 selbst bei Hansa Rostock trainierte. Mit Ablauf der regulären 34 Spiele der Saison 2020/21 wird der Ex-Profi, der mit Bayer 05 Uerdingen 1985 den DFB-Pokal gewann, 901 Mal bei zehn Vereinen als Trainer an der Seitenlinie gestanden haben. Sein Vorgesetzter, Geschäftsführer Horst Heldt, beschwört vor den beiden noch ausstehenden Kräftemessen den Teamgedanken. „Wir müssen punkten. Dabei legen wir den Fokus nur auf uns. Wir sind verdammt, zu punkten – ob vier oder sechs Punkte reichen werden, kann man nicht sagen. Wir sind schon häufiger wieder aufgestanden in dieser Saison und das traue ich der Mannschaft jetzt auch wieder zu.“ Wie sich unser kommender Gegner auf den 33. Spieltag einstimmt, welches Wiedersehen es gibt und mit welchen Gefühlen die Kölner in die Hauptstadt reisen, hat herthabsc.com notiert.

Die sportliche Situation: Trainerfuchs Funkel, der nach der Niederlage gegen Mainz Markus Gisdol abgelöst hatte, hauchte dem 'Effzeh‘ neue Energie im Abstiegskampf ein. Zwar verloren die Kölner das erste Spiel unter dem Coach in Leverkusen (0:3), doch danach setzte sich der dreimalige Deutsche Meister gegen Leipzig (2:1) und in Augsburg durch (3:2). Das 1:4 (0:2) gegen Freiburg war ein Dämpfer. „Die erste Halbzeit von uns, die ging einfach nicht. Wir haben uns von unseren eigenen Fehlern runterziehen lassen. Leichte Abspielfehler, Ballverluste, persönliche Aussetzer – das habe ich deutlich angesprochen. Niemand war auf der Höhe“, rekapitulierte der FC-Trainer. Erst nach dem Seitenwechsel griffen die Rädchen wieder ineinander. „Daran können wir uns aufrichten“, sagte Funkel, dem eine Szene nicht aus dem Kopf gehen wollte. „Im Nachhinein ist es hypothetisch, aber möglicherweise hätten wir – wenn Ondrej Duda den Elfer in der 61. Minute zum 2:2 verwandelt hätte – die Partie sogar noch gewonnen.“ Ex-Herthaner Duda, der zuvor alle drei Strafstöße sicher verwandelt hatte, war bei der Ausführung des vierten Versuchs unglücklich ausgerutscht – der Ausgang ist bekannt. Dennoch: Mit 29 Punkte beträgt der Rückstand auf Bielefeld als 16. und Bremen als 15. nur zwei Zähler. 

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Es ist wichtig, dass man die Ruhe bewahrt, dass man authentisch bleibt und seine Linie beibehält. Und dass man diese Haltung an die Mannschaft weitergibt. Das führt zum Erfolg.
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-Friedhelm Funkel

Die Kölner im Fokus: Stütze, Wortführer und Hoffnungsträger bei den 'Geißböcken‘ ist nach wie vor Jonas Hector. Der Kapitän spielt seit 2012 für die Rheinländer – und hat in dieser Zeit zwischen Europapokal und Ab- und Aufstiegen in 272 Pflichtspielen nahezu alles erlebt. Auch in der laufenden Runde nimmt der Ex-Nationalspieler, der insgesamt 43 Länderspiele für das DFB-Team bestritt, eine zentrale Rolle ein. In 18 Begegnungen traf die Identifikationsfigur drei Mal, legte zwei weitere Treffer auf. Ob der Linksverteidiger in Berlin jedoch spielen kann, ist unsicher. Gegen Freiburg zog sich der gebürtige Saarbrücker eine Risswunde am Bein zu. „Sein Einsatz ist fraglich“, bestätigte Horst Heldt. 48 Stunden vor Anpfiff gab es noch immer keine bekannte Tendenz. Hector selbst brennt auf sein Mitwirken. „Wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wir jeden schlagen können. Und genauso gehen wir auch an die zwei verbleibenden Spiele ran. Wir wollen sechs Punkte aus den zwei Spielen holen und da werden wir uns bestmöglich drauf vorbereiten“, erklärte er zu Wochenbeginn. Auch Sebastian Andersson steht auf der Kippe. "Wir müssen bei ihm die verbleibenden Einheiten abwarten", hält sein Coach einen Einsatz des Schweden offen.

Die Schnittstellen: In dieser Saison gibt es gleich vier direkte Berührungspunkte zwischen beiden Vereinen. Spielmacher Duda spielte abgesehen von einer halbjährigen Leihe zwischen 2016 und 2020 für unseren Hauptstadtclub, Marius Wolf vorübergehend in der vergangenen Saison. Beide haben mehrfach betont, dass sie eine schöne Zeit bei uns hatten, am Samstag spielt das aber keine Rolle mehr. „Die Leistungen in den Vorwochen waren gut. Die Niederlage gegen Freiburg war bitter, dennoch gehen wir mit einem guten Gefühl ins Spiel, auch weil der Trainer für neue Zuversicht gesorgt hat“, bekräftigt Wolf und macht keinen Hehl aus der Ausgangslage. „Wir glauben an unsere Stärke und wissen, dass wir in Berlin gewinnen müssen. Nur das ist unser Ziel!" Ein Duell mit der Heimat bzw. dem alten Arbeitgeber ist es für Lukas Klünter, der 2018 vom Dom an die Spree gewechselt war, zuvor aber bei den Kölnern zum Profi avancierte und sein Bundesliga-Debüt im April 2016 feierte. Jhon Córdoba, der sich im vergangenen Sommer unserer 'Alten Dame‘ anschloss, verpasst das Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Verein verletzungsbedingt. Übrigens: Friedhelm Funkel trainierte zwischen Oktober 2009 und Mai 2010 auch unsere Blau-Weißen, konnte unseren Abstieg jedoch nicht verhindern.

Vladimir Darida und Ondrej Duda im Zweikampf.
Vladimir Darida und Ondrej Duda im Zweikampf beim 0:0 im Hinspiel.

Das Hinrundenduell: Die Geschichte des 16. Spieltags ist schnell erzählt. Mitte Januar trennten sich beide Vereine in Müngersdorf torlos. Mehr Torschüsse, mehr gewonnene Zweikämpfe und mehr Ballbesitz reichten am Ende nicht aus, um drei Punkte mit in die Hauptstadt zu entführen. „Es war ein sehr umkämpftes Spiel. Schlussendlich hat uns der Punch gefehlt, richtig zwingende Chancen rauszuspielen. Ich denke, wir waren die Mannschaft, die dem 1:0 näher war. Deshalb ist es bitter, dass wir die Punkte nicht mitgenommen haben“, sagte Maximilian Mittelstädt damals. Ex-Kollege Duda sah es verständlicherweise etwas anders. „Beide Teams wollten gewinnen, das 0:0 geht in Ordnung.“

Die Meinung über unsere Elf: Auch am Rhein ist das Bewusstsein groß, dass jetzt die Entscheidungen fallen, aus eigener Kraft kann es der Aufsteiger von 2019 nicht mehr schaffen. Auf der Pressekonferenz sprach Funkel über seine Gefühlslage: „Nervös bin ich nicht, aber die Anspannung wächst, je näher das Spiel rückt. Wir haben eine wichtige Aufgabe in Berlin vor der Brust“, ist sich der Kölner bewusst und ergänzt mit Blick auf seine Schützlinge. „Auch bei der Mannschaft wird die Konzentration und Anspannung größer werden. Angstgefühle sind aber nicht da.“ Trotz vier Partien in zehn Tagen rechnet der Fußballlehrer, der 2002 bereits einmal mit dem 'Effzeh' abgestiegen ist, nicht mit einem Kräfteverschleiß bei unserer Elf: „Ich erwarte Hertha nicht erschöpft. Man hat bei Kiel, bei Sandhausen und jetzt bei Hertha gesehen, dass eine Quarantäne kein Problem sein muss. Gut durchtrainierte, in der Belastung gesteuerte Spieler können so viele Spiele in kurzer Zeit bewältigen.“

von Florian Waldkötter