Admir Hamzagić geht entschlossen ins Olympiastadion.
Profis | 21. Mai 2021, 17:30 Uhr

"Eine Familie!"

Mission erfüllt! Am 25. Januar traten Pál Dárdai und Admir Hamzagić zum zweiten Mal das Traineramt bei unserer Bundesliga-Mannschaft an – mit einem klaren Auftrag: Gemeinsam mit 'Neuling‘ Andreas 'Zecke' Neuendorf sollte das Duo unsere nur mit zwei Punkten Vorsprung auf die Abstiegsränge befindenden Blau-Weißen stabilisieren und zum Klassenerhalt führen. Das gelang beeindruckend – trotz eines enorm herausfordernden Auftaktprogrammes, häuslicher Quarantäne und anschließend fünf Begegnungen in nur 13 Tagen. Eine Erfolgsformel der Trainerrückkehrer: Teamgeist! „Pál hat vom ersten Tag an mit seiner Einstandsrede allen klar gemacht, worauf es ankommt und dass es das Wichtigste ist, dass wir eine Familie sind, zusammenwachsen und gemeinsam durch diese schwierige Phase gehen“, erklärt 'Co' Hamzagić, um hervorzuheben: „Es war von Anfang an jedem bewusst, dass wir nur gemeinsam unser Ziel erreichen können!“ herthabsc.com hat sich vor dem Saisonfinale in Sinsheim virtuell ins Teamhotel geschaltet und mit dem 35-Jährigen über die zurückliegenden intensiven und ereignisreichen Wochen gesprochen.

herthabsc.com: Admir, ihr habt es gepackt: Glückwunsch zum Klassenerhalt! Die Erleichterung war sicherlich immens groß. Wie habt ihr den Samstagabend noch zelebriert?
Hamzagić: Vielen Dank, wir haben in der Kabine alle zusammen noch relativ lange gefeiert. Das war sehr, sehr ausgiebig und es hat viel Spaß gemacht, die Jungs so ausgelassen und erleichtert zu sehen. Im Anschluss sind wir ins Hotel gefahren und saßen mit dem kompletten Staff und der Mannschaft auf der Terrasse zusammen. Wir haben die gesamte Situation noch einmal Revue passieren lassen. Bei dem einen oder anderen wurde es noch ein bisschen später (grinst). Am Sonntag hatten die Spieler trainingsfrei, von daher lagen einige Jungs etwas länger im Bett. Beim Frühstück waren die wenigsten (schmunzelt).

herthabsc.com: Nach der Quarantäne und dem straffen Programm im Drei-Tages-Rhythmus hatten viele Beobachterinnen und Beobachter Zweifel daran, ob unserem Team der Klassenverbleib gelingt. Mit welchen Maßnahmen habt ihr es geschafft, die Aufgabe so erfolgreich zu meistern?
Hamzagić: Wir haben während der Quarantäne versucht, den Kontakt zum Team bestmöglich aufrechtzuerhalten. Dazu haben wir Gespräche geführt, die Jungs regelmäßig angerufen und den Teamspirit, den wir seit Beginn unserer Amtszeit aufgebaut haben, weiterhin gelebt. Außerdem haben wir die Mannschaft in Gruppen eingeteilt, in denen sie sich dann die Partien unserer Kontrahenten im Fernsehen angeschaut haben. So mussten die Spieler selbstständige Gegneranalyse betreiben und anschließend ihr Feedback geben. Darüber hinaus haben alle Profis gemeinsam mit Henrik Kuchno während der Trainingseinheiten richtig gute Arbeit geleistet. Die Jungs haben zu Hause richtig Gas gegeben und waren optimal auf die Spiele vorbereitet. Ein weiterer Faktor war dann sicherlich auch die Rotation, von der wir im Trainerteam von Beginn an und vor allem auch nach dem Mainz-Spiel überzeugt waren. Damit konnten wir die extrem hohe Belastung auffangen, das hat sehr gut funktioniert. Der komplette Kader, jeder Einzelne der Jungs hat dazu beigetragen, dass wir die Klasse gehalten haben.

Nello di Martino, Admir Hamzagić und Pál Dárdai (v.l.n.r.).
Geschafft: Admir Hamzagić springt nach dem Abpfiff gegen Köln Niklas Stark in die Arme.

herthabsc.com: Neben der Rotation sind vor allem der Teamgeist und die Geschlossenheit ein Erfolgsfaktor geworden. Wie ist es euch als Trainerteam gelungen, dieses 'Wir-Gefühl' zu entfachen?
Hamzagić: Pál hat vom ersten Tag an mit seiner Einstandsrede allen klar gemacht, worauf es ankommt und dass es das Wichtigste ist, dass wir eine Familie sind, zusammenwachsen und gemeinsam durch diese schwierige Phase gehen. Es war von Anfang an jedem bewusst, dass wir nur zusammen unser Ziel erreichen können. Dementsprechend haben wir es gelebt – jeder von uns. Nicht nur wir im Trainerteam, sondern auch Arne Friedrich vorneweg sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben den Jungs immer wieder und immer wieder verdeutlicht, dass es nur als Team funktioniert. Die Geschlossenheit haben wir dann auch in allen Spielen gesehen. Uns war bewusst, dass jeder Spieler in dieser Phase wichtig wird und jeder zum gemeinsamen Ziel beitragen kann. Dafür gibt es auch mehrere erfolgreiche Beispiele, wie Jessic Ngankam. 'Zecke' hat sehr viel mit Jessic gesprochen, ihm Trainingsszenen aufgezeigt und ihm gesagt, dass er in der Lage ist, das entscheidende Siegtor zu erzielen - das ist auf Schalke tatsächlich bekanntermaßen so eingetreten. Es war enorm wichtig, dass wir jeden Spieler mit ins Boot geholt haben.

herthabsc.com: Du hast Páls Einstandsrede bereits angesprochen. Wir wollen nochmal einen Blick zurückwerfen: Seit Ende Januar seid ihr wieder für unsere Bundesliga-Mannschaft verantwortlich: Was hat sich im Vergleich zu eurer ersten Amtszeit in der täglichen Arbeit verändert?
Hamzagić: In erster Linie sind es natürlich die Spieler, die sich unterscheiden. Da sind schon einige neue Gesichter mit dabei. Da galt es für uns Trainer, die neuen Spieler schnellstmöglich erstmal kennenzulernen. Mit 'Zecke' ist ja auch ein neues Mitglied im Stab, ich habe vorher noch nie so eng mit ihm zusammengearbeitet. Wir mussten uns in dieser kurzen Zeit relativ schnell finden. Das hat aber gut geklappt. In Arne Friedrich ist für uns auch ein neuer Sportdirektor als Verantwortlicher tätig, mit dem wir vom ersten Tag an aber richtig gut zusammenarbeiten. Mit Henrik Kuchno, Hendrik Vieth und Dominik Wohlert haben wir im Staff auch noch viele bekannte Personen aus der ersten Amtszeit an unserer Seite. Da hat sich nicht viel verändert. Aus diesem Grund hat unser Wiedereingewöhnung auch so reibungslos funktioniert: Wir kennen sie, sie kennen uns – wir waren da, als wären wir nie weg gewesen. Von daher waren auch die Abläufe wie Trainings- und Spielvorbereitung nicht neu und alles ging nahtlos ineinander über, im Trainerteam gab es keinerlei Abstimmungsprobleme. Für Pál, 'Zecke' und mich ging es eigentlich nur darum, die Mannschaft kennenzulernen. Wir haben die ersten Tage genutzt, um zu sehen, wie die Jungs ticken und anschließend zu wissen, wo wir ansetzen und was wir verbessern müssen.

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Mit der Rotation konnten wir die extrem hohe Belastung auffangen, das hat sehr gut funktioniert. Der komplette Kader, jeder Einzelne der Jungs hat dazu beigetragen, dass wir die Klasse gehalten haben.
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-Admir Hamzagić

herthabsc.com: Wie lange musstest du im Vorfeld überlegen, ob du Pál erneut bei unseren Profis unterstützen wirst?
Hamzagić: Als die Anfrage von den Verantwortlichen an Pál kam, hat er mich natürlich angerufen und mich gefragt, ob ich bereitstehe und mir das wieder vorstellen könnte. Selbstverständlich habe ich sofort zugesagt und war auch von Beginn an von dieser Mission überzeugt, dass wir den Klassenerhalt schaffen werden. Für mich war klar, wenn Pál mich wieder dabeihaben möchte, bin ich sofort da.

herthabsc.com: In 'Zecke' Neuendorf gehört – wie du schon erwähnt hast – im Vergleich zur ersten Amtszeit ein neues Mitglied zu eurem Team dazu. Wie läuft eure Zusammenarbeit?
Hamzagić: Prinzipiell machen wir alles gemeinsam im Team und treffen unsere Entscheidungen auch zusammen. Von allem, was wir schlussendlich entscheiden, müssen wir drei gemeinsam mit unserem Analysten Dominik Wohlert vollends überzeugt sein. Darüber hinaus haben wir eine grobe Aufteilung, dass 'Zecke' sich eher um die Standards kümmert und ich eher analytisch arbeite. Ich schaue mir detailliert die Stärken und Schwächen der Gegner an und erarbeite basierend auf diesen Erkenntnissen einen taktischen Plan, wie wir mit und gegen den Ball agieren wollen. Das stelle ich anschließend Pál vor und gemeinsam überlegen wir dann, was wir davon umsetzen und in welchen Bereichen wir gegebenenfalls nochmal etwas anpassen müssen.

Admir Hamzagić (re.) und Andreas 'Zecke' Neuendorf.
Der Blick geht in eine gemeinsame Richtung: Unser Trainerteam auf der Bank im Heimspiel gegen Köln.

herthabsc.com: Im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen verzichtet ihr darauf, einen Co-Trainer auf der Tribüne zu platzieren. Aus einem bestimmten Grund?
Hamzagić: Dominik Wohlert sitzt bei unseren Spielen auf der Tribüne und ich bin mit ihm per Funk verbunden. Wir arbeiten mit Dominik im engen Austausch und vertrauen ihm zu 100 Prozent. Er ist unser Auge von oben. Die Informationen, die er uns runtergibt, muss ich filtern und auswählen, welche ich davon an Pál weitergebe. In der Halbzeitpause schauen wir uns gemeinsam auch noch einige Videosequenzen an und entscheiden dann zusammen, wie wir auf eventuelle Veränderungen und Anpassungen reagieren können.

herthabsc.com: Blicken wir abschließend auf das anstehende Wochenende: Trotz aller Freude über den Klassenverbleib wollen wir am Samstag bei der TSG Hoffenheim die Saison positiv abschließen. Wir haben da schließlich noch eine Serie aufrechtzuerhalten.
Hamzagić: Exakt, diese Serie ist uns auch extrem wichtig. Wir wollen die Partie in Hoffenheim unbedingt gewinnen. Jeder von uns ist sehr ehrgeizig, im Trainerstab haben wir eine immens hohe Siegermentalität. Wir wollen diese Saison erfolgreich beenden, unsere Serie an ungeschlagenen Spielen aufrechterhalten und dieses positive Gefühl mit in die neue Spielzeit nehmen! Darüber hinaus wollen wir Sami Khedira einen unvergesslichen Abschied bereiten, den er nach seiner eindrucksvollen Karriere als großartiger Sportler verdient hat. 

von Simon Jötten