Jhon Córdoba stürmt auf das gegnerische Tor zu.
Profis | 10. Mai 2021, 11:00 Uhr

Moment(e) nutzen

Mit dem Rücken zum Tor nahm Jhon Córdoba den Ball auf dem linken Flügel an und ließ Gegenspieler Amos Pieper mit einer schnellen Drehung stehen. Dynamisch zog unser Kolumbianer in den Strafraum, wo er sich Joakim Nilsson und DSC-Keeper Stefan Ortega gegenübersah. Obwohl unser Angreifer beim Abschluss mit dem Standbein wegrutschte, brachte er das Spielgerät auf den Kasten. Doch statt des Raschelns des Tornetzes und aufbrandendem Jubel drang das Klatschen des Pfostens in die Ohren des 27-Jährigen. Dieser Moment stand letztlich sinnbildlich für den Auftritt unserer Berliner an diesem Sonntagabend. Die Elf von Pál Dárdai probierte zum Ende einer intensiven Woche viel, doch anders als gegen Freiburg drei Tage zuvor blieben die Bemühungen ohne Erfolg. Zwar blieb unsere Elf zum sechsten Mal in Folge unbesiegt, doch für den erneuten 'Dreier' fehlte gegen Bielefeld das Abschlussglück und der berühmte letzte Pass zu oft, um häufiger in solche Situationen zu kommen.  

Gleichzeitig bestätigte die zweite Vorstellung in Folge ohne Gegentor aber die Kompaktheit und Stabilität unserer Truppe. „Ich bin nicht enttäuscht. Das Minimalziel war ein Punkt und die Null sollte stehen, damit wir in der defensiven Ordnung einen Schritt machen. In so einer Situation ist jeder Punkt wichtig, gerade gegen direkte Konkurrenten“, ordnete unser Coach das Remis mit Blick auf das große gemeinsame Ziel Klassenerhalt ein. „Diesen Zähler nehmen wir mit und müssen positiv bleiben!“

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In so einer Situation ist jeder Punkt wichtig, gerade gegen direkte Konkurrenten. Ich bin mit fünf Zählern nach der Quarantäne sehr zufrieden, bis jetzt haben wir es gut gemacht!
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-Pál Dárdai

Alles andere als positiv hatte der Arbeitstag für unsere Blau-Weißen begonnen. Torwarttrainer Ilja Hofstädt musste das Aufwärmen mit Verdacht auf einen Achillessehnenriss abbrechen. Im Vorfeld hatte auch Sami Khedira (Wadenprobleme) passen müssen. Unser Mittelfeldstratege drückte wie Marvin Plattenhardt und Dodi Lukébakio, die nach ihrer Corona-Infektion immerhin schon wieder im Teamtraining sind, Seite an Seite mit unseren Reservisten die Daumen von der Tribüne. Unsere Spreeathener erspielten sich in einer Anfangsphase mit Chancen auf beiden Seiten zwischenzeitlich ein klares Plus an Ballbesitz und verzeichneten durch Maximilian Mittelstädt die erste Chance. Im weiteren Verlauf des ersten Durchganges musste unser Eigengewächs nach einem Zusammenprall das Feld mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung jedoch verlassen. „Maxi war ein bisschen schwindelig“, berichtete sein Trainer. „Man sieht in einigen Szenen schon, dass wir aus dem Wohnzimmer kommen, besonders bei Zweikampfführung und Koordination.“ Zudem stand ein Gegner auf dem Feld, der mit Lauf- und Zweikampfstärke bestach. Schon im Verlauf der ersten Hälfte stellte Dárdai auf ein 4-4-2 um. „In der ersten Halbzeit war es schwierig, unsere Abstände zwischen Abwehr und Angriff waren zu groß“, analysierte Lukas Klünter. „So war es kompliziert, da ordentlich durchzuspielen.“ Nur selten setzte unsere Elf wie bei Córdobas Chance offensiv so gefährliche Akzente. 

Verbesserte Vorstellung in Durchgang zwei

Nach dem Seitenwechsel griffen die Änderungen und der Matchplan besser. „In der zweiten Hälfte konnten wir die Räume enger machen, dadurch sind wir besser ins Spiel reingekommen“, erkannte Niklas Stark. Mit Matheus Cunha musste allerdings ein weiterer Hertha-Profi nach einer Stunde mit Problemen am Sprunggelenk angeschlagen vom Feld. Javairô Dilrosun betrat nach dem erneuten Schreckmoment für unseren Brasilianer das Feld und war an mehreren guten Angriffen beteiligt, blieb im Abschluss aber ebenfalls ohne Fortune. „In der zweiten Halbzeit waren wir stabil und haben uns dagegengestemmt, auch wenn es nicht unser Tag war“, unterstrich Alexander Schwolow, der sich bei einigen Bielefelder Abschlussversuchen erneut mehrfach als verlässlicher Rückhalt erwies. Letztlich fehlte beiden Teams der letzte Punch. „Die zweite Halbzeit war besser als die erste. Wir haben viel Druck gemacht, hatten aber keine großen Torchancen. Der konsequente, letzte Pass fehlte“, brachte unser Trainer das Geschehen auf den Punkt.

Santiago Ascacíbar im Zweikampf
Dranbleiben und im richtigen Moment zugreifen: Unser Motto für den Endspurt!

Regenerieren, analysieren, weiterpunkten

Folgerichtig wanderte so immerhin ein weiterer Zähler aufs Konto unserer Mannschaft, die in Sachen Klassenerhalt weiterhin alles in der eigenen Hand hat. „Den Punkt nehmen wir mit, wenn auch ein bisschen mit weinendem Auge. Denn ein 'Dreier' wäre eine super Ausgangsposition gewesen. Die ist nun aber auch nicht schlecht“, verdeutlichte 'Schwolli' und hob die Bedeutung des blau-weißen Zusammenhalts hervor. „Aus der Quarantäne haben wir das Beste gemacht, im ganzen Verein ist ein Jetzt-erst-recht-Gefühl entstanden. Wenn wir diesen Weg weitergehen, bin ich davon überzeugt, dass wir in der Liga bleiben!" Dieses große Ganze und die nächste Aufgabe hatte auch Vize-Kapitän Stark direkt wieder im Blick. „Wir müssen schnell regenerieren, anschließend kommt die Analyse und dann gehen wir wieder mit Vollgas ins nächste Spiel. Gegen Schalke wollen wir auf jeden Fall drei Punkte mitnehmen“, sagte der Defensivspezialist. Die abschließenden Worte gehörten an diesem Abend Pál Dárdai. „Ich bin mit fünf Punkten nach der Quarantäne sehr zufrieden. Viele haben im Vorfeld gesagt, das war es mit Hertha – in der Wohnung kann man keine Bundesliga spielen. Aber bis jetzt haben wir es gut gemacht“, betonte unser Coach, der direkt das passende Motto für die nächste Aufgabe in Gelsenkirchen am Mittwoch (12.05.21, 18:00 Uhr) vorgab. „Wir wollen den Moment nutzen!“ Gelingt das, ist das große gemeinsame Ziel wieder einen großen Schritt näher.

von Konstantin Keller