
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Bälle, Abstandsmarkierungen, Leibchen, Stangen und Sprunghürden – all diese Utensilien zählen zu den klassischen Gebrauchsgegenständen für eine professionelle Trainingseinheit auf den Plätzen unseres Olympiageländes. Doch wenn Henrik Kuchno bei unseren Profis oder Markus Hödl bei unserer U19 den Rasen betreten, haben beide Athletiktrainer einen ständigen Begleiter unterm Arm, der sehr klar den digitalen Fortschritt im Trainingsbereich unterstreicht: ihr Tablet! Dieses technische Hilfsmittel unterstützt die beiden Coaches in einem ihrer Aufgabenfelder, das in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat – dem Performance Monitoring. „Alles, was sich um unsere erfassten Leistungsdaten dreht, fällt unter diesen Begriff. Basierend auf all diesen Werten ziehen wir unsere Rückschlüsse und berücksichtigen diese im Rahmen unserer Trainingsgestaltung“, vereinfacht Hödl, Assistenz- und Athletiktrainer unserer A-Junioren-Bundesliga-Mannschaft, den auf den ersten Blick komplizierteren Begriff.

Unter die Bezeichnung, die übersetzt ins Deutsche Leistungsüberwachung bedeutet, fallen in der täglichen Arbeit vor allem die Datenerfassung inklusive Datenbereinigung und -analyse sowie die daraus resultierende Belastungssteuerung. Dafür arbeiten Kuchno und Hödl mit den Tools 'Firstbeat' und 'Catapult'. „Gerade der Athletikbereich hat sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt und nutzt vermehrt unterschiedliche, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse im Zusammengang mit der individuellen Leistungssteigerung. Mittlerweile stehen uns für eine zielorientierte Belastungssteuerung hochmoderne und vor allem zuverlässige GPS-, Tracking- und Analyse-Systeme zur Verfügung“, erklärt Hödl die Fortschritte dieses Themenkomplexes. Dabei ergibt sich für die Athletiktrainer ein ganz entscheidender Aspekt. „Ich kann eine Vielzahl von Leistungs- und spielerspezifischen Daten erfassen und analysieren, aber wesentlich ist dabei, dass die gewonnenen Erkenntnisse auch tatsächlich in die Trainingsgestaltung einfließen, damit die Jungs am Spieltag ihre Bestleistung abrufen“, unterstreicht der gebürtige Österreicher, der seit 2019 in unserer Fußball-Akademie tätig ist und zuvor in seinem Heimatland in Vereinen bis hin zur 3. Liga gearbeitet hat.
Um dieser dynamischen Entwicklung Rechnung zu tragen, forciert das Akademie-Management die einheitliche Anwendung der Tools 'Firstbeat' und 'Catapult' bei der U17, U19 und U23. Diese zukunftsorientierte Maßnahme unterstützt nicht nur eine durchgängige Arbeitsmethodik im Athletikbereich unserer drei Leistungsmannschaften. Denn die lückenlose, faktenbasierte Erfassung erhöht im Idealfall auch die Wahrscheinlichkeit der Durchlässigkeit von Akademie-Spielern in den Lizenzbereich.
Enge Verzahnung zwischen Profis und Nachwuchs
Dafür pflegen Hödl und Kuchno einen engen Kontakt. „Wir tauschen uns viel über unsere beiden Plattformen aus. Dabei schauen wir, wer vielleicht neue Ideen oder bessere Darstellungsmöglichkeiten im Kopf hat, wer ein bisschen mehr weiß – und das verschweigen wir nicht, sondern geben es direkt weiter. Das funktioniert zwischen uns beiden super“, betont Kuchno, der seit seiner Rückkehr zum Hauptstadtclub im Jahr 2015 dieses Thema bei unseren Blau-Weißen hauptverantwortlich vorantreibt.
[>]Wir tauschen uns viel über unsere beiden Plattformen aus. Dabei schauen wir, wer vielleicht neue Ideen oder bessere Darstellungsmöglichkeiten im Kopf hat. Das funktioniert zwischen uns beiden super![<]
Diese enge Verzahnung zwischen Profis und Nachwuchs ist in der tagtäglichen Arbeit ein absoluter Vorteil für den komplexen Umgang mit den Daten. Denn jede einzelne Trainingseinheit und jede Wettkampfform wird technisch überwacht und anschließend analysiert. Die daraus gefilterten Hinweise gehen mit akribischem Feedback an den jeweiligen Cheftrainer. Dabei gibt es unterschiedliche Faktoren, die für Kuchno und Hödl von besonderer Bedeutung sind. „Bei Firstbeat verwenden wir im Hinblick auf simulierte Spielformen vor allem den Parameter 'Trainingsimpuls pro Minute'. Da können wir dank der neuen Systeme unmittelbar während der Einheit, sozusagen live, reagieren. Wenn wir sehen, dass die Spieler die gewünschte Intensität bei der Spielform noch nicht erreichen, machen wir sie direkt bei der Übung darauf aufmerksam, um noch mehr an die Leistungsgrenze heranzugehen“, erläutert Hödl und nennt anschließend ein weiteres Element. „Zusätzlich steht uns ein visualisiertes Feedback an die Spieler zum Trainingseffekt zur Verfügung. Damit geben wir den Jungs für die jeweilige Einheit eine Zielmarke, die sie erreichen sollen. Dadurch können sie sich ungefähr darauf einstellen, welche Belastung sie anschließend erwartet“, verdeutlicht der Inhaber der UEFA B-Lizenz.

Datenvergleich als Anreiz für Herthas Akademie-Spieler
Doch damit ist die Arbeit noch lange nicht getan. Ganz im Gegenteil: Nach dem Training beginnt diese für unsere Athletikcoaches erst so richtig. „In der Nachbereitung analysieren wir, wie die Einheit hinsichtlich des erwähnten Trainingseffekts war. Darüber hinaus schauen wir auch genau, wie viele Minuten und Sekunden die Spieler im Training im hochintensiven- und Schwellen-Bereich verbracht haben. Diese Parameter dienen zum Vergleich dazu, was wir auf dem Platz gesehen, gefühlt und geplant haben. Das bildet sich dann im Trainingsergebnis über die Herzfrequenz ab“, schildert Kuchno.
Trotz der für manche Spieler unbeliebten Lauf- und Fitnesseinheiten ist das Interesse bei den Akteuren, die während des Trainings mit Brustgurten und Westen ausgestattet sind, ausgeprägt. „Wie waren meine Laufwerte, wie sehen meine Daten im kardiovaskulären Bereich aus? So kommt es schon vor, dass meine Spieler in der U19 nach dem Training zum Laptop laufen, sich ihre Werte anschauen und sich untereinander vergleichen. Da ist der Anreiz der Jungs, sich stetig weiterzuentwickeln, deutlich spürbar. Sie wollen schon wissen, wie sie performen“, gibt Hödl Einblicke in den blau-weißen Alltag.
[>]Es kommt schon vor, dass meine Spieler in der U19 nach dem Training zum Laptop laufen, sich ihre Werte anschauen und sich untereinander vergleichen. Da ist der Anreiz der Jungs, sich stetig weiterzuentwickeln, deutlich spürbar.[<]
Baukastenprinzip als langfristiges Ziel
In diesem ist das Performance Monitoring im Kosmos unseres Hauptstadtclubs noch lange nicht am Ziel angelangt. „Aus dem Abgleichen der Performance Daten mit unseren Videoaufnahmen sollen sich später positionsbezogene Übungskomplexe entwickeln. Wenn wir möglichst spielnah trainieren wollen, soll es in Zukunft einen kleinen Übungskatalog geben, der für spezielle Ziele bestimmte Aufgaben vorsieht. Diese Übungen haben wir ausgewählt, nachdem wir viele Spiele analysiert haben. Demnach können wir das Training im Vorfeld nach einer Art Baukastenprinzip zusammenstellen“, sagt Kuchno, um abschließend mit Vorfreude zu unterstreichen: „Es gibt noch viel Entwicklungspotenzial, wir haben bisher unsere Hausaufgaben in diesem Bereich gemacht und blicken mit viel Spannung und Freude auf die nächsten Monate!“ Bis dahin verrichten Henrik Kuchno und Markus Hödl weiterhin ihre zeitintensive Arbeit beim Performance Monitoring mit Akribie, Fleiß und ganz nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!