Fredi Bobic im Mediengespräch in Neuruppin.
Profis | 5. Juli 2021, 16:35 Uhr

"Wie ein Chamäleon"

Anderes Setting, großes Interesse: Nachdem die bisherigen blau-weißen Pressetermine auf der Terrasse des Teamhotels stattgefunden haben, schwitzten bei der Medienrunde mit Fredi Bobic im Hintergrund unsere Profis auf dem Rasen des Neuruppiner Volksparkstadions. Unser Geschäftsführer Sport hatte auf einer Bank unter dem Tribünendach Platz genommen und plauderte mit den zahlreich anwesenden Medienschaffenden über die schönste Nebensache der Welt. Natürlich ging der Blick dabei auch einmal aufs Training auf dem Grün und unser Team. „Ich sehe ein großes Gemeinschaftsgefühl und eine positive Grundstimmung“, berichtete Bobic, der auch über die Personalplanung sprach. "Bei der Zusammenstellung von Mannschaften muss man wie ein Chamäleon sein und sich immer an die jeweilige Situation anpassen", verriet der Manager mit einem Augenzwinkern. Im Austausch mit den Journalistinnen und Journalisten, den herthabsc.com für euch zusammenfasst, sprach der 49-Jährige außerdem über…

… seine Agenda in Neuruppin und für die kommenden Wochen: Ich versuche, Zeit mit Spielern und Trainern zu verbringen, Gespräche zu führen und die Jungs sowie den Staff besser kennenzulernen. Dabei sehe ich hier ein großes Gemeinschaftsgefühl und eine positive Grundstimmung, was Pál Dárdai mit seinem Trainerteam um 'Zecke' Neuendorf und Admir Hamzagić geschaffen hat. Das Team ums Team wächst, wir arbeiten gleichzeitig an einer klaren Aufgabenverteilung – diese Dinge sind am Anfang am wichtigsten. Außerdem geht es darum, sich die Spieler anzuschauen, die da sind, sie und ihre Berater abzuholen und sich auszutauschen.

… seinen Führungsstil: Ich sehe mich nicht als Manager von außen, sondern von innen. Führung bedeutet, die Menschen im Verein mitzunehmen und mit gutem Beispiel voranzugehen. Für mich ist es außerdem normal, viel zu sprechen und jeden abzuholen. Jeder Einzelne muss das Gefühl haben, dass ich sie nach außen schütze und dem sportlichen Bereich so ermögliche, sich komplett auf seine Themen zu fokussieren.

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Ich sehe mich nicht als Manager von außen, sondern von innen. Führung bedeutet, die Menschen im Verein mitzunehmen und mit gutem Beispiel voranzugehen.
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-Fredi Bobic

… die bisherigen Transfers und den Kaderstatus: Durch den Abgang von Mattéo Guendouzi und das Karriereende von Sami Khedira war klar, dass wir auf diesen Positionen etwas machen müssen. Das haben wir mit den Verpflichtungen von Suat und Prince schnell umgesetzt und die Löcher geschlossen. Aktuell sind die Positionen besetzt, also arbeiten wir erst einmal mit diesen Spielern. Sukzessive wird es dann sicherlich noch die ein oder andere Veränderung geben, aber der Transfermarkt ist aktuell nicht gerade dynamisch, sondern schläft eher fast ein (schmunzelt). Das wird sich noch ändern, aber wir müssen in so einer Situation nicht sofort zuschlagen. Bei der Zusammenstellung von Mannschaften muss man wie ein Chamäleon sein und sich immer an die jeweilige Situation anpassen. Es macht keinen Sinn, den Kader zu überfüllen. Ich rechne mit einem sehr spannenden August. Für jeden Transfer gibt es ein passendes Zeitfenster.

… Planungen auf dem Transfermarkt: Ein Vorteil ist, dass ich schon vier Wochen Vorlauf hatte und wir in dieser Zeit zusammen schon einiges angeschoben haben. Ich habe ein sehr professionelles Team um mich herum. Ideen haben wir daher immer, wissen genau, was wir machen können und sollten. Es wird viel gesprochen, klar ist aber auch, dass es bis zum Abschluss dann immer noch etwas dauert. Außerdem ist das Wirtschaftliche auch immer ein Faktor. Ich arbeite mit dem Budget, das da ist und bin weit weg davon, Geld unnötig auszugeben. An der Corona-Thematik werden wir alle noch eine Weile zu knabbern haben. Wenn man sieht, dass auch die ganz großen Vereine teilweise nur ablösefreie Profis holen, dann weiß man, was die Stunde geschlagen hat.

Fredi Bobic im Mediengespräch in Neuruppin.
"Für jeden Transfer gibt es ein passendes Zeitfenster": Bobic rechnet mit einem spannenden August.

… seinen Eindruck von unserer aktuellen Truppe: Diese Mannschaft ist nicht schlecht, in diesem Kader steckt Qualität. Bei fünf Trainern in zwei Jahren muss ich auch die Spieler ein wenig in Schutz nehmen. Die Jungs haben nicht performt, aber dafür gibt es viele Gründe. Wenn so eine Fluktuation bei Spielern und Trainern herrscht, ist es schwierig, sich zu entwickeln. Ich kenne es selbst aus meiner Vergangenheit – wenn der eine Chef sagt, dass die Mannschaft nach links gehen soll, und der nächste fordert, dass die Spieler nach rechts gehen müssen, ist es schwierig. Nur mit Konstanz und Kontinuität, gerade auf wichtigen Positionen wie der des Trainers, kann ein Club Erfolg haben. Erfolg definiert sich dabei nicht über Titel, sondern darüber, das Maximum aus den eigenen Möglichkeiten herauszuholen.

… die Entscheidung, Pál Dárdai als Trainer zu halten: Pál hat es in dieser schwierigen Zeit sehr gut gemacht. Er ist die Situation positiv angegangen, hat mutige Entscheidungen wie die Rotation im Spiel gegen Freiburg getroffen und verkörpert das, was diesen Verein ausmacht. Außerdem bringt er Stabilität, und durch die kommt dann auch die Entwicklung, die wir ebenfalls benötigen. Ich bin mir sicher, dass er der Richtige ist.

… die Wichtigkeit eines guten Teamgeists: Am Ende der vergangenen Saison hat die Mannschaft Zusammenhalt und Mentalität bewiesen. Mit einem Miteinander kann man sich manchmal auch gegen Teams, die eine bessere Qualität besitzen, behaupten. Das sehen wir auch bei der EM – so hat beispielsweise Italien zwar außergewöhnliche Spieler, aber keine elf Superstars. Die Mannschaft ist aber ein Superstar, und deshalb sind sie so gut. In der Bundesliga muss der Weg gemeinsam gegangen werden, und ich bin mir sicher, dass Pál und sein Team das hinbekommen.

… unsere vier Olympiafahrer: Wir sind glücklich, dass die Jungs ihr Land bei Olympia vertreten. Für die Spieler ist es eine super Plattform und ein Traum, den sie sich verwirklichen können. Außerdem können sie dort viel Selbstvertrauen sammeln, von dem wir als Club wiederum enorm profitieren. Wir wissen unsere Profis bei ihren Teams, gerade auch beim DFB, zudem in besten Händen.

… den Stellenwert von Daten und Datenanalysen: Ich schaue sehr gerne darauf und konnte in den vergangenen Jahren einiges lernen. Man kann aus dieser Informationsflut sehr viel herausziehen, wenn man auf die richtigen Daten schaut und diese sinnvoll nutzt. Beispielsweise will die heutige Generation von Spielern Analysen immer visualisiert bekommen, sie müssen die Dinge sehen und dadurch wahrnehmen. Wir wollen und werden uns in diesem Gesamtbereich auch noch breiter aufstellen, das ist nicht nur für die Profis wichtig, sondern auch für unsere Akademie und unseren gesamten Verein!

von Konstantin Keller