Prince Boateng lächelt während einer Medienrunde.
Profis | 2. Juli 2021, 16:52 Uhr

„Die Seele des Vereins ist immer noch die gleiche“

Die Terrasse des Hotels 'Resort Mark Brandenburg' am malerischen Ufer des Ruppiner Sees hatte sich frühzeitig gefüllt, als Prince Boateng am Freitagnachmittag zur ersten Medienrunde unseres Trainingslagers im Nachbarbundesland Platz nahm. Das freundliche und sonnige Wetter passte zum Auftritt des gebürtigen Berliners, der sich in lockerer Atmosphäre mit den anwesenden Medienschaffenden austauschte. „Nach zwei, drei Tagen ist es noch schwierig, bereits Prognosen oder Analysen abzugeben. Aber das Gefühl, dass meine Rückkehr nach Hause wahr geworden ist, ist wunderschön“, verriet der 34-Jährige lächelnd. Trotz der Kürze der Zeit sammelte Boateng bereits erste sportliche Eindrücke. „Wir haben eine junge Truppe, die Führung braucht – darauf freue ich mich. Und es sind begabte Jungs dabei. Bei dem einen oder anderen spürt man auf dem Platz nach fünf Minuten, dass das ein sehr, sehr starker Spieler ist.“ Worte, die unsere Anhängerinnen und Anhänger gerne hören werden. Unser bestens aufgelegter Rückkehrer sprach außerdem über…

… seine ersten Eindrücke: Ich kann immer noch nicht richtig glauben, dass meine Rückkehr nach Hause, die ich mir so sehr erträumt habe, wahr geworden ist. Das Gefühl ist wunderschön. Hertha BSC wird definitiv meine letzte Station als Profi sein. Sportlich sind es erst zwei, drei Tage, da ist es schwierig, bereits Prognosen oder Analysen abzugeben – auch, weil wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ins Taktische gehen. Wir bauen uns jetzt erstmal die Fitness auf, die die Grundlage für alles ist. Es ist eine junge Truppe, die Führung braucht – darauf freue ich mich. Und es sind begabte Jungs dabei. Bei dem ein oder anderen spürt man auf dem Platz nach fünf Minuten, dass das ein sehr, sehr starker Spieler ist.

… den Ablauf seines Wechsels und die Rolle von Fredi Bobic: Wir arbeiten daran seit knapp fünf Jahren. Ich habe den Traum, zu Hertha zurückzukehren, nie aufgegeben. Jetzt habe ich gelesen, dass Pál mich auch schon haben wollte – er hätte mich einfach anrufen können (zwinkert). Intensiv zu sprechen begonnen haben wir vor anderthalb Jahren. Mit Fredis Rückkehr kam dann Bewegung in die Sache. Er sagte zu mir, dass es eine Möglichkeit gäbe, und ich habe ihm erklärt, dass ich den Traum habe, mir dieses Trikot noch einmal im Olympiastadion überzustreifen. Daraufhin sagte er mir nur: „Dann werden wir alles daransetzen, diesen Traum wahrzumachen!“.

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Fredi sagte zu mir, dass es eine Möglichkeit gäbe, und ich habe ihm erklärt, dass ich den Traum habe, mir dieses Trikot noch einmal überzustreifen. Daraufhin sagte er mir nur: 'Dann werden wir alles daransetzen, diesen Traum wahrzumachen!'."
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-Prince Boateng

Prince Boateng schuftet im Training.
"Wir wollen jede Einheit nutzen": Boateng und Co. legen in Neuruppin die Grundlagen für die Saison.

… seinen Blick auf Hertha BSC als Außenstehender: Positiv war immer, wie sehr der Club auf die Jugend setzt und Eigengewächsen die Chance gibt, früh die große Bühne des Berliner Olympiastadions zu sehen. Das war zu meiner Zeit anders. Zuletzt hat vielleicht ein bisschen die Erfahrung, die Durchschlagskraft auf dem Platz und die Tiefe im Kader gefehlt. Aber daran arbeiten wir alle miteinander. Gerade die vergangenen beiden Jahre haben geschlaucht, aber wir werden alles dafür tun, dass es in dieser Saison viel, viel besser läuft.

… seinen Führungsstil: Führung hängt immer auch davon ab, welche Charaktere in einer Mannschaft stecken. Ich glaube, einige unserer Jungs brauchen Hilfe, da sie sehr jung sind und eine schwierige Saison hinter sich haben. Am Ende haben sie es aber überragend gemacht, sind stark aus der Quarantäne zurückgekommen, haben gefightet und Spiele gewonnen. Da hat die Mannschaft Charakter gezeigt. In eine solche Situation wollen wir aber natürlich nicht noch einmal kommen. Dafür ist vielleicht hier und dort mal Unterstützung nötig – vom Trainerteam, von mir oder von anderen erfahrenen Spielern, die wissen, wie sie auf bestimmte Situationen reagieren müssen.

… seinen körperlichen Zustand: Ich muss arbeiten, das weiß ich (grinst). Die Bundesliga ist noch athletischer, die Spieler sind im Durchschnitt noch jünger geworden. Alle können laufen ohne Ende – zum Glück habe ich ein gutes Stellungsspiel. In der ersten Trainingswoche ist aber noch keiner komplett fit. Deshalb sind wir hier im Trainingslager, wollen jede Einheit nutzen, um das Bestmögliche rauszuholen. Ich bin erfahren genug, um zu wissen, wann und wie ich ans Maximum gehen kann, und ob an bestimmten Tagen vielleicht doch lieber ein Jüngerer ran sollte. Ich bin nicht in der Annahme nach Berlin gekommen, der absolute Chef zu sein und jedes Spiel zu machen. Wichtig für mich ist, fit zu werden und zu helfen, wo ich nur kann. Pál hat mir gesagt, dass es einen speziellen Plan für Profis über 30 gibt. Ich habe keine Ahnung, wie das Programm genau aussieht, freue mich aber darauf, da ich vermute, dass es weniger umfangreich sein wird… (lacht).

… die Bedeutung seiner Rückennummer 27: Das ist die Nummer, die ich bei meinem ersten Profivertrag und meinem ersten Spiel bei Hertha hatte. Deshalb wollte ich sie immer tragen, es ist meine Lieblingsnummer!

… seine erste Zeit bei unserer 'Alten Dame' und Unterschiede: Seit damals hat sich viel verändert. Was noch gleich ist? 'Zecke' ist immer noch da (lacht). Aber das Trainingsgelände, die Kabinen – das alles hat sich sehr gewandelt und ist wie bei einem Topclub. Doch die Seele des Vereins ist immer noch die gleiche – und das macht Hertha stark. Dass Pál da ist, 'Zecke', Arne – mit allen habe ich noch zusammengespielt, auch Fredi lief schon für den Club auf. Es ist sehr wichtig, diese Hertha-DNA im Verein zu behalten!

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Das Trainingsgelände, die Kabine, vieles hat sich sehr gewandelt. Doch die Seele des Vereins ist immer noch die gleiche. Dass Pál da ist, 'Zecke', Arne – mit allen habe ich noch zusammengespielt, auch Fredi lief schon für den Club auf. Es ist sehr wichtig, diese Hertha-DNA im Verein zu behalten!
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-Prince Boateng

… seine Karriere: Ich hatte nie Angst, etwas Neues zu machen. All das hat mir viel gebracht. Ich habe Sprachen und neue Kulturen kennengelernt, bin erwachsener geworden und habe viele neue Freunde gefunden. Sportlich gesehen bleibt das Spiel immer gleich, Fußball ist Fußball. Aber in Spanien und Italien wird beispielsweise mehr auf das Fußballerische geschaut, weniger auf die Athletik. Da muss man als Spieler immer wieder Inhalte adaptieren – aber zum Glück sind wir Berliner Chamäleons. Wo auch immer die Reise hingeht, wir können uns anpassen!

… Identifikation: Als Spieler musst du wissen, was dieses Wappen oder Emblem, dass du auf der Brust trägst, bedeutet. Auch wenn man – so wie ich – viele Vereinswechsel hatte, ist das wichtig. Ich habe stets verstanden, dass der Club für einen Fan sein Leben ist. Und das müssen wir alle respektieren, dafür müssen wir als Profi arbeiten. Jetzt, wo ich wieder zu Hause bin, habe ich viel vor und möchte Hertha und auch Berlin etwas zurückgeben. Alles, was ich in meiner Karriere tun und erleben konnte, habe ich diesem Club und dieser Stadt zu verdanken!

… mögliche Erkenntnisse aus der EM und Rückschlüsse auf Hertha BSC: Wenn man sieht, was Teamgeist und Zusammenhalt bringen können, ist das immer wieder erstaunlich - nicht nur bei diesem Turnier. Fußball spielen können alle, aber ein Team muss auch den Hunger und die Leidenschaft auf den Platz bringen, das fehlt vielen jungen Spielern aus meiner Sicht. Das muss in die Köpfe rein, denn wenn das gelingt, dann kannst du, ähnlich wie damals in Frankfurt, Dinge schaffen, an die keiner geglaubt hat. Das ist etwas, was ich unseren jüngeren Profis in den Schädel hämmern möchte. Es ist bei vielen von ihnen viel Talent vorhanden, aber das allein reicht nicht. Ich habe das erst mit 23, 24 begriffen – gelingt es den Jungs früher, stehen ihnen alle Türen offen.

Bildergalerie: Medienrunde mit Prince Boateng

von Konstantin Keller