Paul Keuter und die 'Harlekins Berlin '98' übergeben den Scheck an Andreas Landgraf.
Club | 27. September 2021, 17:12 Uhr

„Die Zusammenarbeit mit Hertha BSC ist ein absoluter Glücksfall“

Kolibri e.V. und Hertha BSC – ein Zusammenspiel, das sich gesucht und gefunden hat. Der eingetragene Verein, der sich der Hilfe krebskranker Kinder und deren Eltern widmet, arbeitet schon seit der Weihnachtsaktion 2017 eng mit unserer ‘Alten Dame‘ zusammen. Ob Stadionbesuche, ein Foto mit der Mannschaft, der Kauf von Tablets sowie Telepräsenzrobotern oder eine große Geldspende wie zuletzt von den 'Harlekins Berlin '98‘ – die Wünsche der Kinder und der Organisation hat unser Hauptstadtclub, tatkräftig unterstützt von unserer blau-weißen Anhängerschaft, immer gerne erfüllt. Unsere organisierten Fans zeichnen sich nämlich nicht nur durch enormen Einsatz zur Unterstützung unseres Clubs, sondern auch durch großes soziales Engagement aus.

Im Gespräch mit Andreas Landgraf und dem Initiator der Spendenaktion‚ den 'Harlekins Berlin '98‘, vertreten von Mitglied Hendrik, hat sich herthabsc.com über den Verein Kolibri e.V., die Zusammenarbeit sowie die Aktion ‘Spendet Becher – Rettet Leben‘ und das vielseitige Engagement der Gruppe unterhalten.

herthabsc.com: Herr Landgraf, seit sechs Jahren engagieren sie sich für Kolibri Deutschland e.V.. Was war der Grund für diese Entscheidung?
Landgraf: Mein Sohn hat früher auch unter Krebs gelitten. Da habe ich viel Zeit im Krankenhaus verbracht und deshalb begonnen, mich beim Verein zu engagieren. Sonst hätte ich mich wahrscheinlich gar nicht dafür interessiert. Ich kann es nur aus meiner eigenen Erfahrung sagen: So eine Organisation hätten wir auch damals gut gebrauchen können. Zu der Zeit, als mein Sohn erkrankte, gab es das nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass es jemanden gibt, der einen auffängt und unterstützt, den Alltag aufmischt und Veränderung sowie Abwechslung reinbringt.

herthabsc.com: Hendrik, was war der Auslöser für die nun seit 16 Jahren bestehende Unterstützung sozialer Einrichtungen und wieso ging die Spende diesmal an 'Kolibri'?
Hendrik: Unsere Kampagne startete 2005, als unser Mitglied und Freund Benny die Diagnose Leukämie erhielt. Seitdem unterstützen wir mit unseren Aktionen möglichst kleine und lokale Träger in Berlin. Vorrangig möchten wir damit Kindern helfen, die an Krebs erkrankt sind. Dieses Jahr fiel unsere Wahl auf die Einrichtung ‘Kolibri Hilfe für krebskranke Kinder Deutschland e.V.‘. Wir haben gesehen, dass Hertha BSC in der Vergangenheit bereits mit der Organisation zusammengearbeitet hat – das hat unser Interesse geweckt. 'Kolibri' erfüllt alle Voraussetzungen, die wir in einem Spendenträger suchen: Der e.V. unterstützt krebskranke Kinder und deren Angehörige in ihrem kräftezehrenden Alltag. Zudem ist der Verein hier in Berlin lokalisiert.

herthabsc.com: Herr Landgraf, wie kam die von Hendrik beschriebene Verbindung mit unserem Hauptstadtclub zustande und wie viel Zeit investieren sie als ehrenamtlicher Mitarbeiter, neben ihrem Job, in den Verein und diese Zusammenarbeit?
Landgraf: In der Vorbereitung auf die blau-weiße Weihnachtsaktion ist Hertha BSC vor vier Jahren auf uns zugekommen und hat uns gefragt, wo wir Hilfe gebrauchen könnten. Die Herthanerinnen und Herthaner haben uns dann besucht und gesehen, was wir hier für eine Arbeit leisten. Laut meiner Familie investiere ich zu viel Zeit in Kolibri (lacht). Jeden Tag bestimmt zwei bis drei Stunden. Es hat sich daraus ein Zweitjob entwickelt. Es geht gar nicht anders, bei den ganzen Mails und Anfragen. Ich will hier aber auch nicht mehr weg.

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Wir bei Kolibri e.V. sorgen dafür, dass es Begegnungen gibt: Kranke und gesunde Kinder müssen sich austauschen.
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-Andreas Landgraf

herthabsc.com: Unsere ‘Alte Dame‘ unterstützt ihren Verein seitdem mit Spenden und Aktionen. Wie versuchen Sie dann genau, den Kindern zu helfen und die Familien zu entlasten?
Landgraf: Wir bei Kolibri e.V. sorgen dafür, dass es Begegnungen gibt: Kranke und gesunde Kinder müssen sich austauschen. Wichtig ist, dass die krebskranken Kinder im Klassenverband und somit auch im sozialen Kontakt mit den anderen Mitschülern bleiben. Die Eltern fallen anfangs oft in ein tiefes Loch. Für Angehörige ist es meistens schlimmer als für die Betroffenen selbst. Familien, die gerade am Anfang stehen, muss vor Augen geführt werden, dass eine Krebserkrankung besiegt werden kann. Diese Begegnungen sind wichtiger als alles andere: Sie motivieren und führen zu einer positiven und optimistischen Einstellung gegenüber der neuen Lebenssituation. Das ist für alle Betroffenen motivierend: Da wollen wir hin. Wir wollen, dass unsere Kinder gesund werden und wir irgendwann das Krankenhaus wieder verlassen können.

herthabsc.com: Apropos Krankenhaus und Austausch. Im Unterricht ist die Begegnung gesunder und kranker Kinder ebenso wichtig wie im Alltag. Wie ermöglicht 'Kolibri' den Kindern einen 'normalen' Schulalltag?
Landgraf: Im Jahr 2018 haben wir den ersten Telepräsenzroboter für eine Familie gekauft - das war ein erster wichtiger Schritt. Hertha hatte ursprünglich dafür gesorgt, dass wir den ersten Lernroboter bekommen. Heute haben wir 25 Stück. Diese Roboter ermöglichen schwerkranken Kindern die Teilnahme am Unterricht. Die Kinder sind virtuell im Klassenraum - trotz der massiven Einschränkung durch die Erkrankung können sie alles sehen, lesen, zuhören und sich sogar frei im Raum bewegen. Es fühlt sich so an, als wären sie wirklich dabei. Diese Roboter werden momentan immer beliebter – die Nachfrage steigt massiv. Die Kosten für einen Lernroboter liegen allerdings bei 5.000 Euro und sind für uns nur durch Spendengelder eine realistische Option. Durch die große Spende von Hertha BSC werden wir noch in drei oder vier weitere Lernroboter investieren können. Ich bin der Meinung, dass in jede Schule ein solcher Roboter gehört. Krebskranke Kinder sollten die Möglichkeit haben, am Unterricht teilzunehmen. Diese Lernroboter sind eine innovative Methode - die meisten scheuen sich aber vor den hohen Kosten.

herthabsc.com: Stichwort Kosten – viele Familien können sich die Behandlungen oder einen Roboter finanziell nicht leisten. Wie wichtig ist es hierbei, eine positive Einstellung zu vermitteln und den Familien mit Spendenerlösen unter die Arme zu greifen?
Landgraf: Sehr wichtig, gerade die Psyche spielt bei Patientinnen und Patienten eine große Rolle. Das sollte ernst genommen werden und ist nicht zu unterschätzen. Wenn sich die Menschen hängenlassen und in eine Art Loch reinfallen, reagieren sie schneller auf eine starke Behandlung wie etwa bei der Chemotherapie. Wenn die Angehörigen ihren Kindern in diesem Prozess mit positiver Energie begegnen, verkraften diese die Behandlung wesentlich besser. Negative Gedanken sind hier fehl am Platz.

Andreas Landgraf freut sich über das signierte Trikot von Kevin Prince Boateng.
Andreas Landgraf und Robert Kohn freuen sich über das signierte Trikot von Kevin Prince Boateng.

herthabsc.com: Kommen wir schnell weg von den negativen Gedanken und blicken positiv auf das Ergebnis unserer gemeinsamen Spendenaktion ‘Spendet Becher – Rettet Leben‘. Hertha BSC und unsere blau-weißen Anhängerinnen und Anhänger haben mit der initiierten ‘Sammler-Dauerkarte‘ 48.000 Euro für ihren Verein eingesammelt. Der Endbetrag liegt bei 61.000 Euro. Was geht ihnen da durch den Kopf?
Landgraf: Das ist wirklich eine großartige Sache! Die Zusammenarbeit mit Hertha ist ein absoluter Glücksfall. Wir können leider nicht allen Kindern helfen, aber mit der Spende können wir drei oder vier Kinder unterstützen. Sollten noch mehr Anfragen kommen, wird es noch eins mehr. Das sind wir gerade recht flexibel. Für uns ist das eine besondere Situation: Wir haben so etwas noch nie erlebt. Die Spende der ‘Harlekins Berlin '98‘ ist für uns die größte Einzelspende in der Geschichte von Kolibri e.V.. Eine so hohe Geldsumme wie diese haben wir noch nie bekommen - manchmal ist das unser Jahresbetrag. Dadurch haben wir nun viele Möglichkeiten und Freiheiten, die wir auch gerne nutzen. Dafür sind wir sehr dankbar und glücklich.

herthabsc.com: Hendrik, das Ergebnis dieser Spende, unterstützt von zahlreichen Fans unserer ‘Alten Dame‘, kann sich mehr als sehen lassen. Insgesamt wurden rund 61.000 Euro an Kolibri e.V. überwiesen, darunter mehr als 48.000 Euro über die Sammler-Dauerkarte. Habt ihr mit so viel Geld gerechnet?
Hendrik: Wir hatten nicht erwartet, dass eine so hohe Zahl an Dauerkarten verkauft werden würde. Wir sind mehr als positiv vom Resultat überrascht, sollten uns aber nicht an so hohe Zahlen gewöhnen. Das ist nicht zuletzt durch die Aktion der Sammler-Dauerkarte entstanden. Wir haben die pandemiebedingte Situation sehr gut genutzt und sind froh, dass alle Herthanerinnen und Herthaner den Kolibri e.V. tatkräftig unterstützen konnten! Nichtsdestotrotz ist es unser größter Wunsch im kommenden Jahr 'Spendet Becher - Rettet Leben' wieder wie gewohnt an einem Spieltag im Stadion stattfinden lassen zu können.

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Wir haben die pandemiebedingte Situation sehr gut genutzt und sind froh, dass alle Herthanerinnen und Herthaner den Kolibri e.V. tatkräftig unterstützen konnten!
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-Hendrik

herthabsc.com: Habt ihr für die Zukunft, neben dieser Kampagne, noch etwas geplant und bleibt ihr mit den Organisationen im Austausch?
Hendrik: Die Aktion ‘Spendet Becher, Rettet Leben‘ wird weiterhin jedes Jahr stattfinden. Der Kontakt zu Andreas Landgraf war sehr intensiv und wird auch weiterhin bestehen bleiben. Er wird uns zum Beispiel künftig darüber informieren, wo die Spendengelder noch eingesetzt werden. Wir schließen nie aus, einer Einrichtung mehrmals Geld zu spenden, versuchen aber vorrangig jedes Jahr einer neuen Organisation aus Berlin, mit dem Schwerpunkt „Krebs bei jüngeren Menschen bzw. Kindern“ Geld zu spenden. Mit einigen Einrichtungen aus der Vergangenheit sind wir beispielsweise auch heute noch im Austausch, obwohl unsere Spendenaktion mehrere Jahre zurück liegt. Für die Zukunft sind wir optimistisch, dass wir weiteren Institutionen mit der Unterstützung aller blau-weißen Anhängerinnen und Anhängern sowie Hertha BSC helfen können!

von Moritz Büscher, Theresa Fürst