Urs Fischer klatscht mit Andreas Voglsammer ab.
Profis | 19. Januar 2022, 13:10 Uhr

Kiek ma, wer da kommt: 1. FC Union

Eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt oder eine Nachzahlung an das Finanzamt: Es gibt bestimmt einige unangenehme Dinge, die so manchem Fan unserer Blau-Weißen nicht so sehr schmerzen wie die guten Leistungen des Stadtkonkurrenten anzuerkennen. Doch vor der Entwicklung der Rot-Weißen verschließt niemand rund um unseren Verein die Augen. „Der 1. FC Union hat es in den vergangenen Jahren sehr, sehr gut gemacht, das ist Fakt“, weiß Tayfun Korkut. Vor dem Achtelfinale im DFB-Pokal am Mittwoch (20:45 Uhr) bringt der Trainer unseren blau-weißen Ansporn auf den Punkt. „Wenn man sich die Geschichte anschaut, weiß man, wer die Nummer eins in der Stadt ist. Das muss man dann aber auch immer wieder auf dem Platz beweisen, und das wollen wir schaffen!“ Worauf es bei diesem Unterfangen ankommen wird und welche Momente entscheidend sein könnten, hat herthabsc.com in der Gegnervorschau beleuchtet.

Die sportliche Situation: Blicken wir zunächst auf das Abschneiden des FCU im DFB-Pokal. In den ersten beiden Runden setzte sich die Mannschaft von Trainer Urs Fischer zwei Mal bei Drittligisten durch. Nach dem 1:0-Erfolg bei Türkgücü München kämpften sich die Eisernen bei Waldhof Mannheim mit 3:1 nach Verlängerung in das Teilnehmerfeld der letzten 16. Nun soll zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte ein Einzug ins Viertelfinale gelingen. „Wir gehen mit der Absicht ins Spiel, unser Gesicht zu zeigen. Dabei fokussieren wir uns nicht auf eine mögliche Verlängerung oder das Elfmeterschießen, wir wollen nach 90 Minuten weiterkommen“, sagt Fischer. Nach dem Vorrundenaus in der UEFA Conference League liegt der Fokus des Aufsteigers von 2019 wieder verstärkt auf der Bundesliga. Dort rangiert der Verein momentan mit 31 Zählern auf dem fünften Rang. „Die Tabelle“, machte Fischer im Vorfeld jedoch deutlich, „spielt im Pokal keine Rolle.“

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Wir gehen mit der Absicht ins Spiel, unser Gesicht zu zeigen. Dabei fokussieren wir uns nicht auf eine mögliche Verlängerung oder das Elfmeterschießen, wir wollen nach 90 Minuten weiterkommen.
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-Urs Fischer

Die Unioner im Fokus: Taiwo Awoniyi fehlt den Köpenickern aktuell. Der Angreifer – mit neun Treffern und einer Vorlage Liga-Topscorer unserer Nachbarn – weilt nach wie vor mit Nigeria beim Afrika-Cup. Gut aus rot-weißer Sicht, dass andere Offensivspieler in die Bresche springen. Beim 2:1-Sieg gegen Hoffenheim traf beispielsweise Andreas Voglsammer und markierte seinen zweiten Saisontreffer. "Da ist schon ein bisschen Druck von den Schultern gefallen", sagte der 30-Jährige, der zuvor in Bielefeld unter Vertrag stand und mit Blick auf unsere Herthaner festhielt. „Wir wollen weiterkommen. Was die wollen, ist mir schlussendlich egal." Nicht ganz gleichgültig dürfte Union die aufsteigende Formkurve von Max Kruse sein. Am 17. Spieltag traf der ehemalige Nationalspieler gegen Bochum, in Leverkusen und gegen Hoffenheim legte er ein Tor auf. „Die Fitness bei Max ist da, er ist sehr aktiv. Seine Fähigkeiten sieht man immer wieder. Er ist ein Unterschiedsspieler“, lobt ihn sein Übungsleiter. 

Die Schnittstellen: Rund 23 Kilometer liegen zwischen dem Olympiastadion und der Alten Försterei. Den Weg in beide Richtungen kennt Genki Haraguchi bestens. Zwischen Sommer 2014 und Anfang 2018 spielte der Japaner für unseren Hauptstadtclub, ehe er über Hannover 96 zu Beginn der laufenden Saison den Weg zu den Eisernen fand. Dort kommt der 30-Jährige aktuell auf 28 Pflichtspiele mit vier Vorlagen. Schon vor dem Hinrundenduell sprach der Rechtsfuß von einer besonderen Bedeutung der Partie. Aus Augsburg kennen sich Marco Richter und Unions Andreas Luthe sowie Rani Khedira, Bruder von Ex-Herthaner Sami, bestens. Den EM-Titel mit der deutschen U21 gewannen 2017 Niklas Stark, Lukas Klünter, Davie Selke und FCU-Akteur Levin Öztunali.

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Insgesamt setzen die Herthaner die neuen Ideen des Trainers gut um und versuchen immer wieder, spielerische Lösungen zu finden, im Spiel mit dem Ball agieren sie aktiver und intensiver.
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-Urs Fischer

Das besondere Duell: Seit der Bundesliga-Zugehörigkeit der Köpenicker sind unsere Blau-Weißen zu Hause gegen den Rivalen ungeschlagen. Vor dem Bundesliga-Rückspiel im Anfang April stehen zwei klare Heimsiege in den Büchern: 4:0 im Mai 2020 sowie 3:1 im Dezember des Jahres. Nun gilt es für unsere Spreeathener, auch das erste Heimspiel im Pokal für sich zu entscheiden – und das 16. Mal ins Viertelfinale einzuziehen. „Es wird kein Taktieren geben, da es nur einen Sieger geben kann. Das ist das Schöne und Faszinierende am DFB-Pokal. Für solche Spiele machst du diesen Job, für solche Momente lebst du als Fußballer und willst unbedingt gewinnen. Um es mal brachial zu sagen: In so einer Partie müssen die Spieler mit dem Messer zwischen den Zähnen auf den Platz rennen!“, fordert Fredi Bobic. Lasst uns alles dafür geben, dass das erste Aufeinandertreffen im Pokal aus blau-weißer Sicht ein denkwürdiges wird, an das wir noch oft mit großen Gefühlen zurückdenken. 

Die Meinung über unsere Elf: Für Urs Fischer ist es inzwischen das sechste stadtinterne Kräftemessen – das erste, in dem sein Gegenüber Tayfun Korkut heißt. Der Gäste-Coach rechnet mit einer komplizierten Angelegenheit. „Die Herthaner machen auf mich einen stabilen Eindruck, die drei Ketten auf dem Feld stehen eng und machen Druck. Insgesamt setzen sie die neuen Ideen des Trainers gut um und versuchen immer wieder, spielerische Lösungen zu finden, im Spiel mit dem Ball agieren sie aktiver und intensiver.” An seine Elf stellt der 55-Jährige eine klare Forderung: „Der Verlierer fliegt raus und wir kennen unsere Statistik im Olympiastadion. Es liegt an uns, zuzulegen.“

von Florian Waldkötter