Fredi Bobic sitzt auf dem Podium und schaut in die Kamera.
Profis | 1. Februar 2022, 13:47 Uhr

"Unsere Jungs stärken und ihnen vertrauen"

31 Tage lang war das Winter-Transferfenster geöffnet, 31 Tage lang hatten die Verantwortlichen Zeit, um ihre Mannschaften zu verstärken. Auch Fredi Bobic und sein Team waren in dieser Periode fleißig: Vier Neuzugänge, drei verliehene und ein fest abgegebener Akteur stehen in der blau-weißen Bilanz. Ich bin zufrieden, weil wir genau das umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben“, zieht der 50-Jährige ein positives Fazit. In einer Medienrunde am Dienstag ordnete unser Geschäftsführer Sport die Aktivitäten ein, gab transparent Einblicke in seine Gedanken und verkündete mit dem Abschied von Sportdirektor Arne Friedrich und Akademie-Leiter Benjamin Weber zudem zwei Personalentscheidungen. herthabsc.com hat die wichtigsten Aussagen aus dem Gespräch notiert.

Fredi Bobic über ...

die diesjährige Winter-Transferperiode: Auf dem Markt war kein wirklicher Kapitalfluss vorhanden. Es war extrem überschaubar, auch in der Schlussphase ist nicht viel passiert. Es wird oft über den großen "Deadline Day“ gesprochen, aber es war total ruhig. So haben wir es in den Jahren zuvor nicht mal ansatzweise erlebt. Das hat nichts mit Hertha BSC zu tun, insgesamt ist wenig passiert. Alle Vereine haben in ihrem Bereich versucht, das zu machen, was sie tun können. In diesen Zeiten schauen alle Clubs, wie sie Personalkosten einsparen und möglichst wenig Risiko eingehen können. Der ganz große Hype ist nicht aufgekommen, deshalb haben wir am Montag nach dem Nsona-Transfer auch ganz sauber und klar kommuniziert, dass wir mit unseren Aktivitäten durch waren, mein Handy war entsprechend ruhig (schmunzelt). Auf den Transferbalken haben wir dieses Mal verzichtet (lacht).

… das Gesicht der Mannschaft: Ich bin zufrieden, weil wir genau das umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben. Wir haben in Fredrik Bjørkan und Marc Oliver Kempf zwei Spieler verpflichtet, die uns direkt weiterhelfen können. In Dongjun Lee haben wir einen Jungen dazubekommen, der eine gewisse Fantasie mitbringt, und mit Kélian Nsona ein Talent mit Vorgriff auf den Sommer. So wie der Kader nun zusammen ist, steht er für mich. Natürlich können sich Transfers in andere Länder noch ergeben, aber da sind wir nicht aktiv und ich habe auch nicht das Gefühl, dass da bei uns noch etwas passieren wird. Wir wollen mit dem Kader arbeiten, den wir zur Verfügung haben. Jetzt wissen alle Jungs, dass wir mit ihnen ins letzte Rennen gehen. Denn wir wollen unsere Mannschaft so stärken, dass sie mit vollem Fokus in die verbleibenden 14 Spiele geht und die nötigen Punkte sammelt.

... Fredrik Bjørkan: Wie bereits in seinem ersten Auftritt gegen Bayern München zu sehen war, ist Fredrik ein Spieler, der etwas andere Attribute auf der linken Seite mitbringt. Er hat eine sehr gute Geschwindigkeit und ist ein mutiger Spieler. Wenn es draufankommt, geht er in Dribblings. Fredrik muss nun in der Bundesliga ankommen, aber das wird beim ihm schneller gehen, da er schon auf höherem Niveau gespielt hat.

… Marc Oliver Kempf: Zu Marc Oliver Kempf muss ich nicht viel sagen. Er war Kapitän beim VfB Stuttgart und ist ein Spieler, der sich in der Bundesliga zu Hause fühlt. Er kommt vor allem über die Zweikämpfe und besitzt eine sehr gute Mentalität.

… Dongjun Lee: Dongjun bringt eine unheimliche Geschwindigkeit mit, ist in der Offensive variabel einsetzbar und sucht unheimlich viel Tiefgang, das hat uns ein bisschen gefehlt. Ich hoffe, dass er am Mittwoch gesund in Berlin ankommt und sich dann schnell akklimatisiert. An seinem ersten Tag bei uns hat Dongjun strahlende Augen gehabt, bei der Führung durchs Olympiastadion war er total begeistert und wollte direkt auf den Rasen runtersprinten. Der Junge freut sich richtig auf Hertha BSC, das ist schön zu sehen.

… Kélian Nsona: Kélian kommt aus einer Verletzung, das ist bekannt. Von daher war es uns sehr wichtig, dass wir nun die komplette Kontrolle über seinen Gesundheitsverlauf und über den Übergang zur Matchfitness haben. Da können wir jetzt noch nicht sagen, wann das so weit sein wird. Der Junge soll in Ruhe ankommen, die Sprache lernen und richtig aufgebaut werden. Wir lassen ihm genug Zeit, vielleicht geht es auch etwas schneller – da hätten wir auch nichts gegen (schmunzelt).

... Gerüchte und Gedankenspiele: Wir haben sicherlich überlegt, auf der Position des Rechtsverteidigers etwas zu machen, dürfen aber auch nicht vergessen, dass wir in Peter Pekarík und Lukas Klünter zwei Rechtsverteidiger im Kader haben. Am Ende des Tages war nichts realisierbar. Daher haben wir darauf verzichtet und wollen die Jungs stärken, die wir hier auf dieser Position haben. Es ging nicht darum, aktionistisch zu handeln. Wir dürfen den Kader und die einzelnen Positionen nicht überladen. In einem laufenden Wettbewerb zu viele Spieler dazuzuholen, stört die Balance innerhalb des Teams. Wir haben uns mit Lucas Alario und Danny da Costa beschäftigt, das stimmt. Aber auch in diesen Fällen haben wir gesagt, dass es nicht umsetzbar ist. Das war relativ schnell erledigt, in den Medien wurde darüber noch länger geschrieben, als es tatsächlich war. 

Arne Friedrich über ...

… die Zusammenstellung des Kaders: Bei unseren Transfer-Aktivitäten haben wir darauf geachtet, dass wir eine gewisse Balance halten, wir haben zwei Offensiv- und zwei Defensivspieler verpflichtet. Auf der Seite der Abgänge haben wir ebenso gehandelt. Es ist super wichtig, dass wir den Kader ausgeglichen gestalten. In den vergangenen Jahren ist hier viel passiert, es gab zahlreiche Zu- und Abgänge. Da braucht alles seine Zeit, um einen Teamspirit zu entwickeln. Wir haben ausschließlich Dinge getan, die uns wichtig waren und haben Spieler geholt, die uns sofort weiterhelfen und für die Zukunft bereichern.

… die aktuellen zehn Leihspieler: Wir haben den Staff im Umfeld des Teams vergrößert und Strukturen aufgebaut, sodass wir mit einem Direktor Kadermanagement, unserem Technischen Direktor, aber auch durch die Anpassungen im Scouting- und Analyse-Bereich wesentlich breiter aufgestellt sind. Das ist bei zehn Leihspielern auch absolut notwendig, um den Kontakt zu den Jungs und zu den Vereinen zu halten. Wir beobachten die Entwicklung jedes einzelnen Leihspielers ganz genau und stehen mit allen Beteiligten im Austausch.

Zum Abschied unseres Sportdirektors

Fredi Bobic: Arne wird unseren Verein im Sommer auf eigenen Wunsch verlassen und seinen Vertrag nicht verlängern. Ich habe mich länger mit Arne zusammengesetzt und ganz offen ausgetauscht. Ich bedauere diese Entscheidung sehr, das habe ich ihm persönlich auch so gesagt. Denn ich hatte immer unheimlich viel Spaß und Freude an der Zusammenarbeit mit ihm. Ich respektiere und akzeptiere Arnes Entscheidung, weil ich weiß, welche Bedeutung die USA und seine Stiftung für ihn haben. Für Hertha BSC ist es sehr schade, aber es gab keinerlei Verwerfungen, das möchte ich an dieser Stelle betonen.

Arne Friedrich: Das kann ich definitiv so bestätigen, ich kann jegliche Verwerfungen komplett ausschließen. Ich habe diese Entscheidung aus freien Stücken gefällt. Ich bin vor zweieinhalb Jahren hierhergekommen, um dem Verein in einer nicht ganz einfachen Situation zur Seite zu stehen. Ich wollte dazu beitragen, den Club ein Stück weit zu stabilisieren und Strukturen aufzubauen. Ich wollte Hertha helfen und habe mir natürlich auch meine Gedanken gemacht. Es war keine einfache Phase und es gab viele Veränderungen sowie Herausforderungen. Insgesamt war es eine sehr lehrreiche Zeit, ich habe viele Spieler und Trainer kennengelernt und von Tag eins versucht meinen Beitrag zu leisten. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, ich bin aber vollständig davon überzeugt, dass der Club mit der sportlichen Führung um Fredi Bobic sehr gut aufgestellt ist und in den kommenden Jahren die Früchte dieser Arbeit ernten wird. Mit diesem guten Gefühl werde ich den Verein im Sommer verlassen. Ich bin sehr dankbar, hier arbeiten wunderbare Menschen, ich schätze jeden Einzelnen sehr – Hertha BSC hat ein tolles Team. Im Sommer werde ich die Zeit nutzen, um zu reflektieren. Ich werde mich um die Projekte kümmern, die ich zuletzt etwas zurückstecken musste. Doch ich höre erst im Sommer auf und nicht zum jetzigen Zeitpunkt: Von daher werde ich bis zum letzten Tag Vollgas geben!

Zum Abschied von Benjamin Weber

Fredi Bobic: Benjamin Weber kam auf mich zu und wird unseren Verein Ende Februar auf eigenen Wunsch verlassen. Ich finde es sehr schade, denn ich schätze ihn sowohl menschlich als auch beruflich sehr. Aber Benny möchte sich verändern und nach so langer Zeit bei demselben Club etwas anderes machen. Ich finde es sehr schade, weil Benny sehr viel für unseren Verein geleistet hat. Auch in dieser Personalie gab es keinen Groll, wir wünschen ihm alles Gute und haben in dem Fall eine Lösung gefunden, was er sich nach so einer langen Zeit auch absolut verdient hat.

 

Auf HerthaTV gibt es die komplette Medienrunde im Video. Einfach mit deiner HerthaID auf tv.herthabsc.com einloggen und mit deinem Abo anschauen.

von Simon Jötten