
Zwei Gesichter
Stevan Jovetićs Augen scannten aufmerksam den gegnerischen Strafraum, während der Ball schon für den folgenden Freistoß bereitlag. Unsere Nummer 19 hatte beim Startelf-Comeback nach 53 Tagen eine klare Idee und setzte diese anschließend mustergültig um: Die Flanke des Montenegriners fand den im Sechzehner lauernden Ishak Belfodil, der das Spielgerät mit dem Kopf in die Maschen des Bochumer Tores verlängerte. Diese Szene zur verdienten Führung stand nach 23 Minuten exemplarisch für den strukturierten und energischen Vortrag unserer Herthaner in Durchgang eins, der am Ende leider dennoch nicht zum ersten dreifachen Punktgewinn des Kalenderjahres reichte. „Wir haben eine richtig gute erste Halbzeit gespielt, mit sehr viel Energie und hoher Intensität. Nach vorne haben wir sehr sauber kombiniert und hatten eine gute Zweikampfführung. Wenn man sich diese Hälfte anschaut, wäre sicherlich mehr für uns drin gewesen“, resümierte Trainer Tayfun Korkut, der diese 45 Minuten als beste seiner bisherigen Amtszeit in Berlin einordnete.
Klar und mit Kontrolle in Durchgang eins
Denn auf dem Rasen setzten seine Schützlinge zunächst genau das um, was unser Coach im Vorfeld eingefordert hatte: Aktiv, mutig und geduldig präsentierten sich unsere auf fünf Positionen neubesetzten Blau-Weißen. Mit klaren Kombinationen, die oft bereits bei Debütant Marc Oliver Kempf begannen, spielte sich unser Team von Anfang an Abschlüsse heraus, setzte immer wieder nach und den VfL so unter Druck. „Wir haben in der ersten Halbzeit gut agiert und immer wieder Abschlüsse kreiert“, unterstrich unser neuer Innenverteidiger. Den Gästen aus dem Ruhrgebiet, bei denen Leihgabe Eduard Löwen kurzfristig wegen eines positiven Tests auf Covid-19 ausfiel, blieb so zunächst nur die Verteidigung. Was zum vollständigen Berliner Glück fehlte? Ein zweites Tor, welches Bochum trotz des klaren Chancenplus unserer Herthaner verhinderte. „Die Angriffe hätten wir ein Stück weit besser ausspielen können, aber wir hatten alles unter Kontrolle“, fasste Korkut das Geschehen treffend zusammen.
[>]Wir haben eine richtig gute erste Halbzeit gespielt, mit sehr viel Energie und hoher Intensität. Nach vorne haben wir sehr sauber kombiniert und hatten eine gute Zweikampfführung.[<]
Schneller Schock nach der Pause
So wollten unsere Spreeathener auch nach dem Seitenwechsel weitermachen – doch es kam anders. Gästecoach Thomas Reis reagierte personell, sein Team schlug anschließend blitzschnell zu. Nach Jürgen Locadias Abschluss staubte Joker Sebastian Polter zum schnellen 1:1 ab (48.). „Wir hatten Pech beim Ausgleich, der Flatterball ist unglücklich direkt beim Gegner gelandet – und der musste nur noch einschieben“, schilderte Alexander Schwolow seine Sicht auf die Szene. „Beim Tor können wir nicht viel anders machen. Niklas Stark geht zum Ball, der springt dann pingpongartig hin und her und der Bochumer Stürmer schließt ab. Der Rest ist einfach dumm gelaufen“, erklärte Kempf. Stark selbst bezeichnete die Szene als „brutal ärgerlich. Danach haben wir ein bisschen den Faden verloren, hatten aber dennoch unsere Möglichkeiten, um den zweiten Treffer zu machen“, sagte unsere Nummer 5.

Bundesliga-Debüt für Lee
Denn unsere Elf wollte antworten, Coach Korkut brachte mit Bundesliga-Debütant Dongjun Lee sowie Fredrik Bjørkan, Marco Richter und Suat Serdar nach und nach frisches Personal – doch das erlösende zweite Tor gelang nicht mehr. „Es ist schwer zu sagen, warum wir nicht an den ersten Durchgang anknüpfen konnten. Das hatte sicherlich auch mit den Umstellungen beim Gegner zu tun. Vielleicht haben wir auch gedacht, dass wir einfach so weitermachen können und es hat in einigen Szenen ein Prozent gefehlt – das reicht, um in der Bundesliga ein Spiel aus der Hand zu geben“, suchte unsere Nummer 20 auf Nachfrage nach Erklärungen für die zwei Gesichter unserer Alten Dame an diesem Abend.
Mit dem Spirit der ersten Hälfte nach Fürth
Aufgrund dieser mussten unsere Hauptstädter „leider mit dem Punkt leben“, wie es Korkut auf selbigen brachte. „Nach dem 1:1 hat sich die Partie verändert, sie war ziemlich umkämpft und es gab Umschaltmomente auf beiden Seiten“, beschrieb unser Coach, der auch im Hinblick auf die kommenden Prüfungen Durchgang eins hervorhob: „Wir müssen uns absolut an der ersten Hälfte orientieren, weil wir dann in den kommenden Partien unsere Punkte holen werden!“ Die erste Gelegenheit dazu bietet das nächste Kräftemessen mit einem Aufsteiger am kommenden Samstag (12.02.22, 15:30 Uhr). „Jedem sollte bewusst sein, dass das Spiel in Fürth richtungsweisend sein kann und ganz wichtig ist. Wir können und wollen dort Selbstvertrauen für die restlichen Partien tanken und unbedingt die drei Punkte mitnehmen“, unterstrich Kempf das klare Ziel der Dienstfahrt nach Franken. „Wir müssen beständiger werden, weiter zusammenstehen und hart arbeiten. Dann kommen wir gemeinsam durch diese Phase“, strahlte Neuzugang Bjørkan beim abschließenden Fieldinterview Zuversicht aus. So will unser Team dafür sorgen, dass im blau-weißen Lager zeitnah wieder fröhliche Gesichter dominieren.