Tony Fuchs ballt kniend die Jubelfaust.
Akademie | 19. April 2022, 14:15 Uhr

„Ich freue mich über jeden Tag bei Hertha BSC!“

Hütchen einsammeln, Leibchen sortieren, Bälle zählen: Tony Fuchs ist sich nach den Trainingseinheiten unserer U23-Auswahl für nichts zu schade. Der 31-Jährige, der seit Sommer 2014 für unseren Verein aufläuft, ist der mit Abstand erfahrenste Akteur unserer Regionalliga-Mannschaft und geht voran – auf und neben dem Platz. Dieser langen Zeit setzte der Linksverteidiger am vergangenen Samstag beim 2:2-Unentschieden beim Berliner Athletik Klub 07 mit einem ganz besonderen Jubiläum selbst die Krone auf: 200 Regionalliga-Spiele für Hertha BSC! „Für mich ist es schon etwas Außergewöhnliches, von einigen Kumpels wurde ich auch schon mehrmals darauf angesprochen. Mir liegt Loyalität am Herzen und ich finde es gut, wenn man möglichst selten den Club wechselt“, unterstreicht der Rechtsfuß seine Vereinstreue. herthabsc.com hat den Routinier zum ausführlichen Gespräch getroffen und sich mit dem Kapitän über Loyalität, besondere Förderer und seine Vertragsverlängerung unterhalten.

herthabsc.com: Tony, du hast am Samstag dein 200. Regionalliga-Spiel für Hertha BSC absolviert. Eine beeindruckende Zahl! Hand aufs Herz: Hättest du dir solch ein Jubiläum jemals vorstellen können?
Fuchs: Nein, damit hätte ich nicht gerechnet. Als ich 2014 zu Hertha BSC gewechselt bin, dachte ich persönlich, dass ich maximal zwei Jahre hier spielen werde. Mittlerweile sind es knapp acht geworden (lacht). Das ist für einen U23-Spieler untypisch, so lange und so viele Spiele für einen Verein zu absolvieren. Ich fühle mich in Berlin und bei Hertha heimisch – und ruckzuck sind 200 Spiele zusammengekommen (grinst). Mein halber Kleiderschrank ist voll mit Hertha-Klamotten, ich identifiziere mich absolut mit dem Verein und kenne vom Hausmeister bis zur Geschäftsleitung alle Personen. Ich freue mich über jeden Tag bei Hertha BSC!

herthabsc.com: Welche Bedeutung hat diese Zahl für dich?
Fuchs: Für mich ist es schon etwas Außergewöhnliches, von einigen Kumpels wurde ich auch schon mehrmals darauf angesprochen. Mir liegt Loyalität am Herzen und ich finde es gut, wenn man möglichst selten den Club wechselt. Dass ich gerade in so einer spielstarken Mannschaft 200 Regionalliga-Partien bestritten habe, bedeutet auch, dass ich ein bisschen Fußball spielen kann (schmunzelt) – darauf bin ich sehr stolz! Vor allem, weil ich aus einer ganz anderen Richtung komme: Ich habe mit 22 noch Verbandsliga gespielt und war zuvor nie in einem Nachwuchsleistungszentrum.

Drei Spielszenen von Tony Fuchs und die Zahl 200 im Hintergrund.

herthabsc.com: Bei so einer Vielzahl an Begegnungen: Welche Menschen sind dir da besonders in Erinnerung geblieben?
Fuchs: In aller erster Linie ist das natürlich Ante Čović, der mich zu Hertha geholt und über die vielen Jahre ganz eng begleitet hat. Von Ante lerne ich immer noch ziemlich viel, weil er sich als Trainer auch immer weiterentwickelt und er mich in viele Themen mit einbindet. Ante ist meine Bezugsperson im Verein. Neben Ante habe ich auch von "Zecke" Neuendorf vieles mitgenommen. In den zwei Jahren unter ihm hatte ich eine Menge Spaß und bin als Persönlichkeit gereift. Insgesamt würde mich mal eine Statistik interessieren, mit wie vielen Mitspielern ich schon zusammengespielt habe. Es ist immer etwas Besonderes mit Profis gemeinsam auf dem Platz zu stehen. Besonders beeindruckt war ich von Sandro Wagner, der war völlig korrekt und ein lustiger Zeitgenosse in der Kabine. Über die gesamte Zeit war Rico Morack natürlich eine enge Bezugsperson auf Spielerebene.

herthabsc.com: Gab es außergewöhnliche Spiele, an die du gerne zurückdenkst?
Fuchs: (überlegt lange) Aus negativer Sicht werde ich das 4:7 gegen den BFC Dynamo nie vergessen. In positiver Erinnerung – auch wenn es noch gar nicht lange her ist – ist mir der 1:0-Auswärtssieg beim FC Carl Zeiss Jena hängengeblieben, da wir uns auswärts bei großen Teams traditionell eher schwertun. In diesem Spiel haben wir gesehen, dass wir uns als Mannschaft extrem entwickelt haben. Weitere Highlights waren die Spiele beim Premier League International Cup – beispielsweise der Sieg beim FC Everton im Goodison Park.

herthabsc.com: Du bist bei unserer U23 einer unserer Ausbildungshelfer und als Kapitän der verlängerte Arm des Trainers. Neben dir spielen viele junge Talente im Team. Wie viel Spaß bringt dir der tägliche Umgang mit den Jungs? Was gibst du ihnen mit auf den Weg? Gibt es aber auch Dinge, die du noch als alter Hase von ihnen lernen kannst?
Fuchs: Ich bleibe auf jeden Fall jung – vor allem durch die Kabinengespräche und den Unterhaltungen abseits des Platzes (lacht). Aber auch die Unbekümmertheit auf dem Feld von den jungen Spielern nehme ich immer gerne wahr, die sind noch nicht so verbissen. Das gefällt mir. Auf der anderen Seite sage ich den Spielern, dass es neben dem Talent auch viel harte Arbeit benötigt, um oben anzukommen. Disziplin, Einstellung, Vorbildfunktion – genau diese Werte versuche ich meinen Mannschaftskollegen zu vermitteln.

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Ich hatte tatsächlich des Öfteren Gespräche mit Drittligisten, diese Anfragen habe ich aber auch meistens schon am Telefon abgesagt, da mir die Aufgabe bei Hertha BSC zu viel Spaß bringt.
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-Tony Fuchs

herthabsc.com: Während für viele Spieler die U23 das Sprungbrett zu den Profis ist, bist du dauerhaft bei unserem Regionalliga-Team dabei. Gab es mal Berührungen zu den Profis und hattest du höhere Ambitionen?
Fuchs: Ich hatte tatsächlich des Öfteren Gespräche mit Drittligisten, diese Anfragen habe ich aber auch meistens schon am Telefon abgesagt, da mir die Aufgabe bei Hertha BSC zu viel Spaß bringt. Natürlich gefällt mir auch das Stadtleben in Berlin sehr gut, ich habe hier viele Freunde. Deshalb hatte ich nie ernsthafte Absichten, den Verein zu verlassen. Mit unseren Profis gab es ganz selten mal direkten Kontakt, beispielweise als Ante Trainer war, durfte ich mal mittrainieren. Sicherlich hätte ich mich mal gefreut, im Bundesliga-Kader zu stehen, aber ich weiß das sehr gut einzuordnen und kenne die Absichten des Vereins, auf meiner Position auf junge Spieler zu setzen. Gerade wenn es einer von unseren Jungs schafft, bin ich der erste, der eine Glückwunsch-Nachricht schreibt. Da fühle ich mich auch immer ein bisschen beteiligt, dass ich bei der Entwicklung einen kleinen Teil dazu beigetragen habe.

herthabsc.com: Sportlich läuft es in der aktuellen Rückrunde bei unserer U23 hervorragend. Was macht euch aktuell so stark?
Fuchs: Die mannschaftliche Geschlossenheit und dass sich viele Spieler individuell nochmal brutal weiterentwickelt haben, sind die beiden entscheidenden Faktoren. So haben wir das gesamte Niveau der Mannschaft und den Konkurrenzkampf innerhalb des Teams nochmal deutlich angehoben. Niemand kann sich sicher sein, dass er nächste Woche wieder spielt. Jeder liefert am Wochenende ab, um in der nächsten Partie wieder in der Startelf zu stehen. Außerdem haben wir ein gutes System für uns gefunden, unsere Abläufe gefestigt und haben einfach eine Menge Freude an der Arbeit. In der Hinserie hatten wir keine gute Phase, die haben wir überstanden und ziehen in der Rückrunde konsequent unser Ding durch. Ich habe neulich in der Ansprache gesagt, dass wir uns als Mannschaft zum Ziel setzen sollen, dass wir einen einstelligen Tabellenplatz erreichen – und darüber hinaus vielleicht die Rückrunde als Erster abschließen (grinst).

Tony Fuchs (li.) läuft gemeinsam mit Ante Čović über den Platz.
Verlängerter Arm des Trainers: Tony Fuchs (li.) mit Ante Čović.

herthabsc.com: Du hast in 2021/22 31 von 33 Partien gespielt – so viele wie noch nie zuvor in einer Saison für dich. Lautet dein Erfolgsrezept: So fit wie noch nie?
Fuchs: Ich bin tatsächlich so fit wie noch nie, so fühle ich mich auch. Unser Athletiktrainer Marc Ritter, der seit Sommer bei uns ist, hat in diesem Bereich nochmal neue Reize gesetzt und das Niveau auf eine höhere Stufe gehoben. Darüber hinaus lege ich einen großen Wert auf Ernährung, viel Schlaf und Regeneration – das kommt mit dem Alter (zwinkert). Da bolze ich nach dem Training nicht mehr aufs Tor, sondern sehe zu, dass ich schnell in die Kabine komme und mich pflege. Die Knochen halten noch und deshalb möchte ich noch paar Jahre spielen.

herthabsc.com: Das ist ein guter Übergang zum Abschluss. Konkret gefragt: Wie lange macht der Körper noch mit?
Fuchs: Ich bin froh, dass ich meinen Vertrag vor ein paar Wochen um zwei Jahre verlängern durfte. Ich möchte die zehn Jahre bei Hertha BSC auf jeden Fall vollmachen, vielleicht ist danach Schluss mit 34. Man soll nie nie sagen, wenn ich mich dann immer noch so gut fühle, geht es auch dann noch weiter. Momentan wäre es deutlich zu früh, um nach der Saison aufzuhören. Solange ich gesund und wichtig für die Mannschaft bin, freue ich mich über jeden Tag bei Hertha BSC.

herthabsc.com: Also steht den nächsten 200 Spielen nichts im Weg?
Fuchs: (lacht) Nochmal 200 Spiele? Dafür ist die Zeit vielleicht ein bisschen knapp, aber eventuell komme ich ja insgesamt auf 250 Regionalliga-Partien für meinen Verein – das wäre ein runder Abschluss.

von Simon Jötten