Bo Svensson gibt Anweisungen auf dem Trainingsplatz.
Profis | 6. Mai 2022, 17:00 Uhr

Kiek ma, wer da kommt: Mainz

Wie heißt es so schön? Der 1. FSV Mainz 05 steht aktuell im Niemandsland der Tabelle. Mit 42 Punkten rangieren die Rheinhessen zwei Spieltage vor Schluss auf Platz 9. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass mindestens eine Handvoll Mannschaften mit unserem kommenden Gegner tauschen würden. Schließlich bedeutet die Ausbeute des selbsternannten Karnevalvereins einen Platz im gesicherten Mittelfeld. Obwohl nach oben und nach unten nichts mehr geht, gibt es keinen Spannungsabfall beim Europapokalstarter von 2016 – aber dazu später mehr. Einen solchen würde Trainer Bo Svensson ohnehin nicht zulassen. „Der Ehrgeiz und die Ziele für mich als Trainer bleiben auch jetzt gleich. Wir wollen die Saison auf dem bestmöglichen Platz abschließen und noch zwei richtig gute Spiele abliefern“, artikuliert der 42-Jährige die Zielsetzung vor dem Duell mit unseren Blau-Weißen am Samstag (18:30 Uhr; Tickets hier) klar. Unsere Gäste porträtiert herthabsc.com in der Gegnervorschau.

Die sportliche Situation: Dass die Nullfünfer Charakter haben, stellten sie in der Vorwoche furios unter Beweis. Mit 3:1 besiegten die Mainzer Bayern München, der Serienmeister hätte sich dabei nicht über eine deutlich höhere Niederlage beklagen dürfen. „Wir hätten bei dem Spielverlauf und den Torchancen eigentlich höher gewinnen müssen. Absolut verdient, dominant und es gab eigentlich keine Phase, in der wir völlig unter Druck waren, geschwächelt haben oder schlampig geworden sind“, stellte Urgestein und Abwehrstütze Stefan Bell fest. Ein solcher Triumph über den Rekordmeister ist eh nie planbar, vor allem aber nicht nach einem sieglosen April mit teils schmerzhaften Pleiten wie dem 0:5 in Wolfsburg. Deshalb lobt Sportdirektor Martin Schmidt die Profis: „Ein Riesenkompliment an das Team für die Reaktion auf die Ergebnisse der vergangenen Wochen, umso schöner, wenn es gegen die Bayern ist. Das hat gezeigt, was für eine Qualität in der Mannschaft steckt, wenn wir alle an den 100 Prozent kratzen.“

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Der Ehrgeiz und die Ziele für mich als Trainer bleiben auch jetzt gleich. Wir wollen die Saison auf dem bestmöglichen Platz abschließen und noch zwei richtig gute Spiele abliefern.
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-Bo Svensson

Die Mainzer im Fokus: Nach charismatischen und vor allem erfolgreichen Übungsleitern wie Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel steht beim Bundesliga-Aufsteiger von 2009 gerne der Trainer im medialen Interesse. Vor allem, wenn er schon als Spieler (2007-2014) alles für den Verein gegeben hat. Im Vorjahr rettete Bo Svensson seinen FSV nach Amtsübernahme mit einem überragenden Lauf (33 Punkte aus 20 Partien) vor dem sicher geglaubten Abstieg, in diesem Jahr konsolidierte der ehemalige Defensivspezialist den Club. Einst erklärte der Skandinavier seine Philosophie so: „Das Allerschönste an dem Beruf ist der Aspekt: Kann ich den Einzelnen, einen Spieler oder Mitarbeiter, dabei unterstützen, besser oder sogar glücklicher zu werden?“ Das gelingt: Unter Svensson reiften junge Akteure wie Jonathan Burkardt, der U21-Europameister steuerte schon elf Tore zum Erfolg bei, oder Anton Stach. Der Mittelfeldspieler debütierte im März für die deutsche Nationalmannschaft.

Die Schnittstellen: Eine Personalie kommt einem sofort in den Sinn, wenn man nach Akteuren sucht, die für beide Seiten gespielt haben: Suat Serdar. Unsere Nummer 8 entwickelte sich von 2008 bis 2018 zunächst im Mainzer Nachwuchs, später bei den Profis zum begehrten Bundesliga-Spieler und legte dort den Grundstein für vier Länderspiele unter Joachim Löw. Doch der Blick gilt der Gegenwart. „Für mich zählen einzig und allein drei Punkte. Danach kann ich mich mit alten Weggefährten unterhalten. Natürlich ist eine Bindung zu diesem Verein da“, sagt der 25-Jährige. Auch Malik Fathi und Sami Allagui haben eine rot-weiße Vergangenheit. Beide Ex-Profis sind mittlerweile in unserer Fußball-Akademie als U15-Trainer bzw. als Hospitant in der Spielanalyse tätig.

Volle Konzentration auch im Rückspiel: Die Mannschaft schwört sich vor der Partie in Mainz ein.
Volle Konzentration im Rückspiel: Die Mannschaft schwört sich vor der Partie in Mainz ein.

Das Hinrundenduell: An den 14. Dezember des Vorjahres denken wir nicht gerne zurück. Mit 0:4 (0:2) gerieten unsere Berliner in der Gutenberg- und Medienstadt unter die Räder. Auch wenn knifflige Schiedsrichterentscheidungen nicht zu unseren Gunsten ausgefallen sind – der Abend war aus blau-weißer Sicht maximal gebraucht. „Wir sind von der ersten bis zur letzten Minute nicht ins Spiel gekommen und haben fast alle Zweikämpfe verloren. Das war ein Totalausfall der ganzen Mannschaft, nichts war gut“, räumte Prince Boateng im Anschluss schonungslos offen ein. Die Chance zur Revanche naht.

Die Meinung über unsere Elf: Coach Svensson hat unsere Alte Dame intensiv beobachtet. "Bei Hertha hat sich einiges getan. Die Mannschaft fährt eine ganz klare Linie bei ihrer Spielweise, es ist viel schwieriger gegen sie Torchancen zu erarbeiten“, sagt der Ex-Profi. „Die Herthaner“, so der Däne weiter, „agieren sehr kompakt und nach einem klaren Plan.“ Unserer jüngsten Punktausbeute zollte er Respekt, auf die eigene Zielsetzung – besonders nach dem Coup gegen die Bayern – hat diese allerdings keinen Einfluss. Daher erklärt der gebürtige Jüte: „Die Lust, das auf dem Platz wieder hinzubekommen, muss groß sein. Das spüre ich auch bei den Jungs in jedem Training. Dieser Wille ist da, das ist eine wichtige Voraussetzung."

von Florian Waldkötter