Djibril Sow spielt einen Pass unter Beobachtung von Oliver Glasner.
Profis | 12. August 2022, 14:18 Uhr

Kiek ma, wer da kommt: Frankfurt

Der Name der Spielstätte bleibt gleich: Olympiastadion. Doch anders als am vergangenen Mittwoch gastiert Eintracht Frankfurt drei Tage später (13.08.22, 15:30 Uhr, hier noch Karten bestellen) nicht in Helsinki, sondern in Berlin. Nach dem Finale um den UEFA Supercup gegen Real Madrid (0:2) geht es für die Hessen also von einer europäischen Hauptstadt in die andere. Im Rahmen des 2. Spieltags der neuen Bundesliga-Saison bekommen es die Adlerträger mit unseren Herthanern zu tun. „Wir hätten uns eine Ansetzung am Sonntag gewünscht, weil wir auch Deutschland und die Bundesliga vertreten haben. Jetzt müssen wir am Samstagnachmittag bei über 30 Grad ran. Das wird nicht ganz so angenehm“, ahnt Oliver Glasner angesichts der Ansetzung des Kräftemessens in unserem Spreeathen. „Ich hoffe, dass die Beine nicht zu müde sind. Wir haben natürlich sehr viel investiert“, schiebt der SGE-Coach hinterher. Mit der aktuellen Verfassung und den Kaderveränderungen unserer Gäste sowie ehemaligen Weggefährten hat sich herthabsc.com vor dem 69. Aufeinandertreffen beider Vereine im deutschen Oberhaus beschäftigt.

Die sportliche Situation: Obwohl nach der Partie in Finnland die in Weiß gekleideten Kontrahenten mit der Krone im Wappen die Silberware entgegennehmen durften, hielten sich Enttäuschung und Optimismus bei den Frankfurtern die Waage. „Man hat gesehen, dass es für Gegner auf diesem Level noch nicht reicht. Wer mich kennt, der weiß, dass das innerlich an mir nagt. Es fällt mir schwer, so etwas zu akzeptieren. Der Auftritt stimmt mich dennoch sehr zuversichtlich“, analysierte der österreichische Übungsleiter. Schließlich präsentierte sich der amtierende UEFA Europa League-Sieger im Vergleich zur vorangegangenen 1:6-Niederlage gegen den FC Bayern München vor allem defensiv stabiler. Markus Krösche, Sportvorstand der Eintracht, betonte hingegen: „Real ist nicht unser Maßstab. Dieses Team ist auf einem ganz anderen Level, als wir es sind. Unser Maßstab sind die Bundesliga und Hertha BSC. Daran müssen wir uns messen lassen.“ Abgesehen von den beiden zurückliegenden Partien hat die SGE nach der sommerlichen Pause fast ausschließlich positive Resultate erzielt. In fünf Testspielen gelangen Sebastian Rode und Co. vier Siege und ein Remis, zudem meisterte der fünffache DFB-Pokalsieger die Hürde beim 1. FC Magdeburg in der 1. Hauptrunde souverän mit 4:0. Die Saison 2021/22 hatten die Rot-Schwarz-Weißen derweil auf Tabellenplatz elf in der Beletage des deutschen Fußballs abgeschlossen. Aufgrund des Triumphes im internationalen Geschäft geht die SGE in der laufenden Runde auch erstmals in der UEFA Champions League an den Start.

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Real ist nicht unser Maßstab. Dieses Team ist auf einem ganz anderen Level, als wir es sind. Unser Maßstab sind die Bundesliga und Hertha BSC.
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-Markus Krösche

Die Frankfurter im Fokus: In Filip Kostić fehlte den Hessen im Duell mit den Königlichen ein herausragender Akteur der vergangenen Jahre. Seit Freitag steht fest, dass der Serbe bei Juventus in Turin anheuert. Demzufolge kann der 29-Jährige auch beim Kräftemessen in unserem Wohnzimmer nicht mehr eingreifen. „Er ist einer, der den Unterschied ausmachen kann. Das bedeutet aber nicht, dass es für uns deswegen leichter wird. Die SGE ist nun vielleicht sogar schwerer auszurechnen“, erklärt unser Geschäftsführer Sport Fredi Bobic, der mit dem Linksfuß sowohl in Frankfurt als auch in Stuttgart zusammengearbeitet hat. Neben den bekannten Größen wie Nationalkeeper Kevin Trapp und Bundesliga-Rückkehrer Mario Götze könnten nach dem Kostić-Abgang künftig noch zwei weitere Adler zusätzlich an Bedeutung gewinnen: Djibril Sow sowie Ansgar Knauff. Erstgenannter ist im Mittelfeldzentrum gesetzt und gibt dort als Balleroberer sowie Aufbauspieler den Takt vor. „Ich möchte gerne noch mehr in diese Führungsrolle hineinwachsen. Deswegen wird es auch ein besonderes Jahr für mich. Unsere erfahrenen, etwas älteren Spieler können nicht mehr alle Partien über die volle Länge bestreiten, da müssen dann eben andere, neue Spieler Verantwortung übernehmen. Und da zähle ich mich dazu“, so der Schweizer, der im Sommer 2019 aus Bern an den Main wechselte. Erst seit dem vergangenen Winter trägt unterdessen Knauff das Trikot des deutschen Meisters von 1959. Die 20-jährige Leihgabe des BVB hat sich auf der rechten Schiene ohne große Anlaufschwierigkeiten zum passenden Pendant Kostićs entwickelt. Künftig könnte es also noch häufiger über die Seite des flinken U21-Nationalspielers nach vorne gehen.

Die Schnittstellen: Neben Bobic, der von 2016 bis 2021 bei der Eintracht als Sportvorstand fungierte, hat auch Prince Boateng eine Vergangenheit in der fünftgrößten Stadt Deutschlands. Unser Routinier lief in der Saison 2017/18 für die Hessen auf und gewann dabei den DFB-Pokal. „Die Emotionen und das Jahr sind noch immer sehr präsent in meinem Herzen und werden es auch ewig bleiben“, verrät der 35-Jährige. Marc Kempf genoss zwischen 2007 und 2014 nicht nur seine fußballerische Ausbildung in der Mainmetropole, sondern machte in dieser Zeit auch seine ersten Schritte als Profi. Andreas Menger trug sowohl während als auch nach seiner aktiven Laufbahn den Adler auf der Brust. Unser Torwarttrainer hütete zunächst von 2001 bis 2005 den Kasten der Frankfurter, anschließend coachte er zwischen 2004 und 2011 seine Nachfolger zwischen den Pfosten. Christopher Lenz, der seit der zurückliegenden Saison die linke Seite der SGE beackert, war von 2008 bis 2012 Teil unserer Fußball-Akademie. Darüber hinaus begegneten sich im bisherigen Verlauf ihrer Karrieren bereits zahlreiche Akteure unserer Alten Dame und der Eintracht. So lief Lucas Tousart bei Olympia 2021 gemeinsam mit Randal Kolo Muani für Frankreich auf. Aus der U21 des zweifachen Weltmeisters kennt unsere Nummer 29 zudem Almamy Touré. Der Verteidiger wiederum war bei der AS Monaco ein Teamkollege von Stevan Jovetić. Aus der dänischen U21-Auswahl kennen sich Oliver Christensen und Jesper Lindstrøm, Fredrik Bjørkan und Jens Petter Hauge spielten zusammen beim FK Bodø/Glimt. Ebenfalls einst beim gleichen Verein standen Deyovaisio Zeefuik und Ajdin Hrustić (FC Groningen), Marvin Plattenhardt und Timothy Chander (1. FC Nürnberg) sowie Peter Pekarík und Makoto Hasebe (VfL Wolfsburg) unter Vertrag.

Prince Boateng (li.) bejubelt bei seinem Profi-Debüt den Treffer von Oliver Schröder.
Riesentalent mit goldenen Schuhen: Prince jubelt bei seinem Profi-Debüt neben blau-weißen Legenden.

Die besonderen Duelle: Am Kräftemessen, das am 13. August 2005 und damit exakt 17 Jahre vor dem neuerlichen Aufeinandertreffen unserer Herthaner mit den Hessen stieg, gibt es in dieser Kategorie kein Vorbeikommen. Schließlich stand damals mit Beginn der zweiten Halbzeit ein gewisser Prince Boateng erstmals überhaupt in der Bundesliga auf dem Rasen. Unsere Blau-Weißen sowie ihr 18 Jahre, fünf Monate und sieben Tage altes Küken gewannen die Partie im heimischen Olympiastadion mit 2:0. Ein Treffer von Oliver Schröder sowie ein Eigentor von Arie van Lent besiegelten den Dreier im ersten Heimspiel in 2005/06. „Das war mein schönster Moment im Trikot von Hertha BSC, außerdem hatte an dem Tag mein jüngerer Bruder Geburtstag“, erinnert sich unser Torschütze. Auch im Rückspiel feierte Prince im Übrigen eine Premiere: Da nämlich gelang unserer Nummer 27 ihr erster Bundesliga-Treffer. Dieser bescherte unseren Spreeathenern beim 1:1-Unentschieden in Frankfurt immerhin einen Zähler. In der darauffolgenden Saison erzielte der 1,81-Meter-Mann erneut ein Tor in der Mainmetropole – dieses ist nach wie vor sein bislang letztes in einem Pflichtspiel mit der Fahne auf der Brust gewesen. Nach dem 2:1-Auswärtserfolg unserer Alten Dame am 34. Spieltag zog es den gebürtigen Berliner nämlich zu Tottenham Hotspur.

Die Meinung über unsere Elf: Gästecoach Glasner hat den Blick nach dem Duell mit Real Madrid längst nach vorn gerichtet. „Der Super Cup war der endgültige Abschluss der letztjährigen Europareise. Jetzt liegt der totale Fokus auf der Bundesliga“, stellt der Fußballlehrer klar. Das Ziel in unserer Hauptstadt liegt für den 47-Jährigen auf der Hand: „Wir wollen den ersten Bundesliga-Sieg feiern und nicht so lange darauf warten müssen wie in der Vorsaison. Das ist unser Ansporn.“ In der zurückliegenden Runde gelang Frankfurt erst am 11. Spieltag der Premierenerfolg. Unsere Herthaner werden alles daransetzen, dass die Adlerträger diesmal mindestens bis zum 3. Spieltag Geduld benötigen. „Die Berliner haben viel Tempo in der Offensive und ein sehr starkes Mittelfeld. Ich denke aber, dass sie sich den Start anders vorgestellt haben. Beide Mannschaften werden auf drei Punkte spielen. Demzufolge wird es ein enger Fight, bei dem wir Paroli bieten möchten“, so Glasner. Weiter sagt der SGE-Coach: „Sie werden uns analysiert haben. Ich mache mir aber nicht allzu viele Gedanken darüber, was sie vorhaben könnten. Wir brauchen für alles eine Lösung, das ist mir wichtig.“

von Erik Schmidt