Jonjoe Kenny treibt den Ball nach vorne.
Profis | 8. September 2022, 17:57 Uhr

„Wir wachsen als Team immer mehr“

Keine Frage: Jonjoe Kenny ist ein offener und geselliger Typ. Ob auf oder abseits des Rasens – der Engländer genießt ganz offensichtlich die Gesellschaft seiner Kollegen, spricht und lacht viel mit ihnen. Obwohl er gerade einmal seit drei Monaten die Fahne auf der Brust trägt, wirkt der 25-Jährige voll integriert bei unserer Alten Dame. „Es war eine große Entscheidung, nach Berlin zu kommen – nicht nur aus fußballerischer Perspektive. Ich finde, dass bislang alles sehr gut läuft. Grundsätzlich handelt es sich aber nur um den Anfang. Es liegt noch viel vor mir. Ich will einfach weiter hart arbeiten, meine Leistung bringen und zeigen, wie gut ich sein kann“, erklärt der reflektiert wirkende Rechtsverteidiger. Auch sportlich hat unsere Nummer 16 bereits Eindruck hinterlassen. Nicht zuletzt beim Premierensieg dieser Spielzeit in Augsburg. „Es wurde von Spiel zu Spiel besser. Ich habe nach und nach verinnerlicht, wie wir auftreten wollen. Im Duell mit dem FCA konnte man sehen, dass wir als Team immer mehr wachsen, zusammenhalten und uns nicht beirren lassen“, so Kenny, der in den ersten sechs Pflichtspielen der Saison noch keine einzige Minute verpasst hat. Mit herthabsc.com hat sich der gebürtige Liverpooler über eine längere Durststrecke, das Zusammenspiel mit Dodi Lukébakio, das bevorstehende Heimspiel gegen Leverkusen (10.09.22, 15:30 Uhr, hier Tickets bestellen) und sein Deutsch unterhalten.

herthabsc.com: Jonjoe, kannst du dich noch an den 17. Januar 2020 erinnern?
Kenny: Das war vor Corona, richtig? Ich glaube, wir haben an diesem Tag mit Schalke gegen Gladbach gespielt.

herthabsc.com: Genau. Und ihr habt mit 2:0 gewonnen. Bis zum vergangenen Sonntag ist dies dein letzter Sieg in der Bundesliga gewesen.
Kenny: Oh, ja. Stimmt! (lacht). Das ist wirklich lange her. Wir hatten damals eine schwierige Phase, nachdem wir eigentlich sehr gut in diese Saison gestartet sind. Doch nach besagtem Spiel gab es viele Verletzungen und die Pandemie begann ebenfalls. Anschließend bin ich zurück nach England gegangen, um nun hier und mittlerweile ein Spieler von Hertha BSC zu sein.

Jonjoe Kenny jubelt vor dem Gästeblock in Augsburg.
Eine große Erleichterung: Jonjoe Kenny jubelt ausgelassen über den Sieg in Augsburg.

herthabsc.com: Wie hat sich das jüngste Erfolgserlebnis im deutschen Oberhaus nun angefühlt?
Kenny: Es gab diesen Sommer sehr viele Veränderungen im Verein – neue Spieler, ein neuer Trainer, neue Ideen. Dennoch habe ich Schritt für Schritt und Spiel für Spiel gespürt, dass der Dreier kommen wird. Schlussendlich war es eine große Erleichterung, dass wir gewonnen haben. Denn darum geht es schließlich im Fußball. Alles in allem haben wir uns diesen Sieg auch verdient.

herthabsc.com: Was habt ihr in diesem Spiel im Vergleich zu den vorangegangenen Partien besser gemacht? Wie bewertest du eure generelle Entwicklung?
Kenny: Unser erstes Spiel war das Derby, dann hatten wir Frankfurt, Gladbach und Dortmund – das sind vier anspruchsvolle Aufgaben gewesen. Zumal wir uns als Team erst einmal noch finden mussten. Nach der Partie bei Union haben wir schon sehr ordentliche Leistungen gebracht. Deswegen habe ich bereits gespürt, dass wir die Qualität und auch die Persönlichkeit haben, um Spiele zu gewinnen. In Augsburg ging alles gut auf, zumal jeder auf dem Platz wusste, was zu tun ist.

herthabsc.com: Auch für dich persönlich lief das Kräftemessen gut, du hattest viele gelungene Aktionen. War es dein bislang bester Auftritt im blau-weißen Trikot? Wo siehst du noch Steigerungspotenzial?
Kenny: Ich habe nach und nach verinnerlicht, wie wir auftreten wollen und fühle mich von Spiel zu Spiel besser. Das gilt auch für unser Zusammenspiel untereinander. Ich habe nun ein paar Begegnungen gemeinsam mit Dodi Lukébakio auf der rechten Seite bestritten. Es waren zwar nur fünf oder sechs Partien, dennoch denke ich, dass wir auf dem Spielfeld schon eine gute Beziehung zueinander aufgebaut haben. Wir versuchen viel zu sprechen und wissen immer mehr, was der andere tut. Dadurch wächst auch das Selbstbewusstsein. Grundsätzlich bin ich sehr glücklich darüber, hier zu sein und zu spielen.

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Ich habe nun ein paar Begegnungen gemeinsam mit Dodi Lukébakio auf der rechten Seite bestritten. Wir versuchen viel zu sprechen und wissen immer mehr, was der andere tut.
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-Jonjoe Kenny

herthabsc.com: Das merkt man: Du hast stets ein Strahlen im Gesicht, versprühst auch in den Trainingseinheiten gute Laune und scheinst dich sehr wohlzufühlen?
Kenny: Es war eine große Entscheidung, nach Berlin zu kommen – nicht nur aus fußballerischer Perspektive. Denn vor allem habe ich auch meine Heimat und den FC Everton hinter mir gelassen – diesmal so richtig. Es haben sich also auch viele Dinge verändert. Aber ich wollte das so: Mein Leben in die eigene Hand nehmen und mir einen Traum erfüllen. Ich habe mich dazu bewusst entschieden und ich habe mich auch bewusst für Hertha BSC entschieden. Darüber hinaus mag ich die Stadt sehr, sie ist einfach beeindruckend. Das spielt neben dem Fußball natürlich auch eine Rolle, um hin und wieder auf andere Gedanken zu kommen. Es gibt viel zu sehen für mich und meine Freundin und bislang läuft alles sehr gut. Grundsätzlich handelt es sich aber nur um den Anfang: Es liegt noch viel vor mir. Ich will einfach weiter hart arbeiten, meine Leistung bringen und zeigen, wie gut ich sein kann!

herthabsc.com: Am Samstag wartet mit Bayer Leverkusen schon die nächste Herausforderung auf euch. Der Werksclub ist vor allem in der Offensive hochkarätig besetzt. Wie ausführlich habt ihr euch schon mit dem Gegner auseinandergesetzt? Worauf kommt es vor allem an?
Kenny: Wir beschäftigen uns mit jedem Kontrahenten intensiv. Der Trainer erklärt uns immer wieder, wie der Gegner agiert und wie wir spielen wollen. Es geht dann darum, diesen Plan am Spieltag auch umzusetzen. Im Duell mit dem FCA konnte man sehen, dass wir als Team immer mehr wachsen, zusammenhalten und uns nicht beirren lassen. Wir waren füreinander da, haben gemeinsam gearbeitet und uns gegenseitig geholfen. Das ist auch das, worauf es dem Trainer ankommt.

herthabsc.com: Noch einmal zurück zu Augsburg: Auf Instagram hast du nach dem Duell einen Post mit dem Wort „Auswärtssieg“ versehen – dein Deutsch macht also auch Fortschritte?
Kenny: Schon als ich bei Schalke war, habe ich Unterricht genommen. Ich konnte auch schon recht viel verstehen und mich etwas unterhalten, wenn ich zum Beispiel in den Supermarkt gegangen bin. Nun, wo ich zurück in Deutschland bin, nehme ich wieder Stunden. Denn ich will die Landessprache beherrschen, ganz klar. Deswegen versuche ich mich auch auszuprobieren, wo immer es geht.

herthabsc.com: Wir haben uns nun trotzdem auf Englisch unterhalten. Das nächste Interview führen wir aber auf Deutsch?
Kenny: Wir werden sehen (lacht).

von Erik Schmidt