Marco Rose (rechts) schlägt mit Emil Forsberg ein.
Profis | 14. Oktober 2022, 12:29 Uhr

Kiek ma, wo dit hinjeht: Leipzig

Marco Rose ist bei RasenBallsport Leipzig gerade einmal seit etwas mehr als einem Monat in Amt und Würden – währenddessen hatte der Fußballlehrer aber vermutlich schon mehr Partien als Übungseinheiten zu verantworten. Die Sachsen stehen aktuell nämlich unter Dauerstress. Allein im Oktober absolvierten Timo Werner und Co. bereits vier Pflichtspiele. Dass es dabei keine einzige Niederlage setzte, unterstreicht den positiven Effekt des Trainerwechsels von Domenico Tedesco hin zu Rose. „Wir haben jetzt vier Mal in Folge gepunktet, davon drei Spiele gewonnen – es geht also in eine gute Richtung“, erklärt der 46-Jährige nüchtern. Bis Ende des Monats stehen für den in der sächsischen Metropole geborenen Übungsleiter und seine Schützlinge unterdessen noch fünf weitere Begegnungen auf dem Programm – so auch der Vergleich mit unserer Alten Dame am Samstag (15.10.22, 18:30 Uhr) im eigenen Stadion. Vor diesem Aufeinandertreffen hat sich herthabsc.com mit dem amtierenden DFB-Pokalsieger genauer beschäftigt.

Die sportliche Situation: Am zurückliegenden Dienstag gelang den Rot-Weißen der erste Dreier in einem Pflichtspiel auf fremden Platz seit 117 Tagen – und das bei Celtic in Glasgow. „Endlich wieder ein Auswärtssieg. Es herrscht aktuell eine gute Stimmung in der Mannschaft, wir sind in einem Flow“, verriet Emil Forsberg, der in Schottland den Treffer zum 2:0-Endstand erzielte und dadurch Christopher Nkunku wieder als UEFA Champions League-Rekordtorschützen der Messestädter ablöste. Während die Rose-Schützlinge in der Königsklasse dank des neuerlichen Erfolgs aussichtsreiche Chancen auf das Achtelfinale besitzen, hinken sie im deutschen Oberhaus als Tabellenelfter derzeit noch ihren eigenen Erwartungen hinterher. Deswegen betonte Leipzigs schwedische Nummer 10: „Es wird nicht einfacher: Wir müssen diese Leistung weiterhin jeden Tag abrufen.“ Vor allem zu Hause präsentierte sich der zweifache Vizemeister bislang äußerst stabil. In der Bundesliga stehen nach vier Partien drei Siege und ein Remis zu Buche.

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Es herrscht aktuell eine gute Stimmung in der Mannschaft, wir sind in einem Flow.
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-Emil Forsberg

Die Leipziger im Fokus: Bem Hinspiel gegen den schottischen Traditionsclub in der Vorwoche sah sich Rose schon nach wenigen Minuten zum Wechseln gezwungen – Péter Gulácsi hatte sich ohne gegnerische Einwirkung verletzt und musste den Platz verlassen. Bereits kurz nach dem Abpfiff der Begegnung vermeldeten der Vorjahresvierte der Bundesliga die bittere Diagnose: Kreuzbandriss. Damit steht der ungarische Schlussmann, der beim Aufsteiger von 2016 als Kapitän fungiert, mindestens für ein halbes Jahr nicht zur Verfügung. Leipzig reagierte darauf sogleich mit der Verpflichtung des zu diesem Zeitpunkt vereinslosen Ørjan Nyland. Der Norweger hütete zwischen 2015 und 2017 bereits das Tor des FC Ingolstadt im deutschen Oberhaus. Gulácsis Rolle als Nummer 1 soll aber dennoch dessen bisheriger Vertreter Janis Blaswich übernehmen. „Er strahlt Ruhe sowie Klarheit aus und macht es auch mit Ball sehr ordentlich. Deswegen haben wir großes Vertrauen in ihn“, sagt Rose über den 31-Jährigen. Durch den langfristigen Ausfall des Stammkeepers rückt künftig auch Willi Orbán, der zudem in der Nationalmannschaft Ungarns bestens mit Gulácsi harmoniert, noch mehr in den Fokus. Zum einen ist das Zusammenspiel des Abwehrchefs mit Blaswich von enormer Bedeutung für die RB-Defensive, zum anderen trägt er ab sofort stellvertretend die Binde. „Er ist einfach ein Führungsspieler, er kommt in die Kabine und alle wissen Bescheid. Willi ist kein Lautsprecher, aber er erfüllt seine Aufgaben. Man kann sich zu 100 Prozent auf ihn verlassen“, so Rose.

Siegesjubel bei Mainz, v. re.: Rajko Tavcar, Marco Rose, Christoph Teinert, Sandro Schwarz, Tamas Bodog, Michael Thurk
Einst gemeinsam bei Mainz: Tamás Bódog (1.v.l.), Sandro Schwarz (2.v.l.) und Marco Rose (1.v.r.).

Die Schnittstellen: Sandro Schwarz und sein Pendant auf Seiten der Roten Bullen verbindet eine enge Freundschaft. „Marco und ich werden uns vor dem Aufeinandertreffen ganz normal schreiben und telefonieren. Da geht es aber nicht nur um Fußball, sondern um den Alltag, Freunde und Familie. Wir freuen uns, dass wir uns nach einer längeren Zeit wiedersehen“, erzählt unser Cheftrainer, der gleichzeitig klarstellt: „Am Samstag steht aber das Spiel im Fokus, nicht Rose gegen Schwarz. Jeder von uns will mit seiner Mannschaft erfolgreich sein.“ Die beiden Übungsleiter liefen zwischen 2002 und 2004 als Profis gemeinsam für den 1. FSV Mainz auf und lebten in der Gutenberg-Stadt zeitweise sogar in einer WG. Zum Kader der Rheinhessen zählte damals auch Tamás Bódog. Der Ungar, der bei unserer Alten Dame als Schwarz‘ Assistent fungiert, übte diese Tätigkeit von 2012 bis 2015 unter Alexander Zorniger bei RBL aus. Zwischen 2015 und 2017 trug wiederum unser Angreifer Davie Selke das Trikot der Sachsen.

Die besonderen Duelle: Apropos Selke: Der 27-Jährige war es, der im Dezember 2017 beim spektakulären 3:2-Erfolg unserer Herthaner in Leipzig einen Doppelpack beisteuerte. Außerdem traf Salomon Kalou für unsere Jungs, die in diesem Duell über 80 Minuten mit einem Mann weniger agieren mussten. „Es war wichtig, dass wir alles reingeworfen und im erlaubten Rahmen gegeben haben. Wir wollten mindestens einen Punkt mitnehmen. Dass wir als Kollektiv am Ende in Unterzahl drei erobert haben, das sagt alles über den Charakter des Teams“, so Selke damals. Die Worte unserer Nummer 7 könnten aber auch für das bevorstehende Kräftemessen eins zu eins als Marschroute dienen. Vor knapp zweieinhalb Jahren gelang zudem ebenso dank großer Leidenschaft ein Punktgewinn in der Messestadt. Beim 2:2-Remis im Mai 2020 erzielten Marko Grujić und Krzysztof Piątek die blau-weißen Tore.

Die Meinung über unsere Elf: Nicht zuletzt wegen seiner speziellen Beziehung zu Schwarz verfolgt Rose das Geschehen rund um unsere Spreeathener ganz genau. „Sandro macht bislang einen hervorragenden Job. Er hat die Mannschaft stabilisiert, zudem wirkt das Umfeld euphorisiert. Die Entwicklung von Hertha geht stetig nach oben, das lässt sich von Spiel zu Spiel erkennen“, hat der Fußballlehrer beobachtet. Der 46-Jährige weiß ganz genau, was aus sportlicher Sicht auf sein Team zukommt. „Bei Hertha gibt es einen klaren Plan. Die Abläufe mit und gegen den Ball werden immer klarer, Automatismen entwickeln sich. Die Spieler bekommen Vertrauen in das, was sie machen und tun es mit Leidenschaft und Überzeugung. Die Berliner sind ein unangenehmer Gegner – sehr aggressiv, sehr intensiv. Da müssen wir auf der Hut sein“, so Rose, der hinzufügt: „Für mich ist es eine Frage der Zeit, bis sich Hertha regelmäßig dafür belohnen wird. Es wäre gut, wenn wir das noch nicht zulassen.“ Alle Blau-Weißen hingegen hoffen natürlich, dass es schon am Samstag so weit ist.

von Erik Schmidt