Grafik mit dem Exil-Herthaner.
Fans | 3. Dezember 2022, 12:00 Uhr

„Die Geschichte, die Menschen, die Stadt"

Das Umfeld, in dem ein Mensch aufwächst, legt häufig den Grundstein für seine Werte und Interessen. Geprägt wurde auch Colin Connolly – der Nordire wuchs in Crossmaglen auf, einer Ortschaft auf halber Strecke zwischen Belfast und Dublin. Inmitten religiöser Konflikte und Unruhen entwickelte der inzwischen 43-Jährige eine Vorliebe für die europäische Kultur und Geschichte. Und in kaum einer Stadt erlebt man diese so hautnah wie in Berlin. „Die Stadt hat mich in ihren Bann gezogen und ist in vielerlei Hinsicht zu einem zweiten Zuhause für mich geworden“, erzählt der Fußball-Fan im Gespräch mit herthabsc.com.   

Weißer Winter in Spreeathen

Die ersten Berührungspunkte mit unserer Hauptstadt sammelte der damals Zehnjährige schon früh. „Ich erinnere mich noch sehr genau an den Fall der Berliner Mauer. Das war der Startpunkt: Seitdem habe ich mich für die Europäische Union und gemeinschaftliche Integration interessiert und am Ende sogar studiert“, blickt Connolly zurück. Auch wenn sich seine berufliche Laufbahn schlussendlich anders gestaltete, rückte Berlin zu Beginn der 2000er-Jahre wieder in den Fokus des Sozialarbeiters. Diesmal jedoch aus sportlichen Gründen: Ein Freund begann, sich für unsere Alte Dame zu begeistern – und riss den Herthaner mit! Nach langjährigem Mitfiebern aus der Ferne folgte 2013 dann der erste Städtetrip nach Spreeathen, Besuch im Berliner Olympiastadion inklusive. Damals gewann unsere Elf ihre Zweitliga-Partie durch Tore von Adrián Ramos, Ronny und Sami Allagui sowie einem Eigentor souverän mit 4:2 gegen den MSV Duisburg. Das Besondere? „Es war März, aber alles woran ich mich erinnere, ist Schnee. So einen dichten Schneefall habe ich noch nie erlebt – der Platz war weiß“, teilt der Exil-Anhänger seine Erinnerungen.

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Berlin hat mich schon in meiner Kindheit fasziniert – die Geschichte, die Menschen, die Stadt. Dass ich Hertha-Supporter geworden bin, fühlt sich deshalb einfach nur richtig an.
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-Colin Connolly

Zehn Jahre, viele Besuche

Dieses Spiel war der Startschuss einer blau-weißen Liebe, die den Wahl-Belfaster seit fast zehn Jahren regelmäßig zurück in unsere Metropole führt. Doch damit nicht genug: Die Truppe der Fans vergrößerte sich stetig und gipfelte in der Gründung des OFC ‚Hertha BSC Ireland supporters club‘. Neben Twitter halten die Jungs ihre nordirischen und irischen Landsleute auch auf Facebook auf dem Laufenden und planen dort ihre nächsten Besuche. „Durch Social Media haben wir gemerkt, dass es viele Iren gibt, die durchaus ein Interesse an Hertha haben und uns folgen“, berichtet der 43-Jährige. Die persönlichen Gründe, weshalb ihn unser Hauptstadtclub so in den Bann gezogen hat, sind für Connolly vielfältig. „Ich bin ehrlich: Hätte mein Freund mich mit zu einem Spiel in einer anderen Stadt genommen, dann glaube ich nicht, dass ich so viele Jahre später immer noch ein begeisterter Fan wäre“, erklärt der Herthaner schmunzelnd. „Berlin hat mich schon in meiner Kindheit fasziniert – die Geschichte, die Menschen, die Stadt. Dass ich Hertha-Supporter geworden bin, fühlt sich deshalb einfach nur richtig an.“

Der Exil-Fan steht im Fanblock während eines Spiels mit dem FC Bayern München.
Der Exil-Fan genießt die Stimmung während des Duells mit den Bayern.

Ein langersehntes Wiedersehen

Sein jüngster Besuch war für den Nordiren in mehrerlei Hinsicht speziell. Über zwei Jahre wartete er mit seinem Fanclub auf ein Wiedersehen mit dem Olympiastadion. Aufgrund der Corona-Pandemie blieb der Gruppe die Reise lange verwehrt. Am 13. Spieltag der laufenden Saison gegen den FC Bayern München war es so weit: „Es war unglaublich schön, wieder hier zu sein – die Stimmung im Stadion zu genießen und ein neues Mitglied unseres Clubs erstmals dabei zu haben. Er hatte dabei besonders viel Spaß, obwohl wir leider nicht gewonnen haben“, lässt Connolly das Erlebnis Revue passieren. „Ich habe über die Jahre viele Berlinerinnen und Berliner als Freunde gewonnen. Meine Hertha-Familie wieder zu sehen, hat alles noch spezieller für mich gemacht. Wenngleich wir uns so lange nicht getroffen haben, hat sich nichts verändert: Unsere Stammkneipen sind gleich geblieben, die Stadionwurst schmeckte gleich und das Bier auch“, berichtet der Exil-Fan weiter glücklich. Sein persönliches Ziel mit unserer Alten Dame? „Noch viele, viele Jahre und für viele, viele Spiele an die Spree zu reisen. Das wünsche ich mir sehr“, schließt der Blau-Weiße.

von Noelle Feuer