Jean-Paul Boëtius steht mit seinen Kollegen auf dem Trainingsplatz in Bradenton.
Profis | 8. Januar 2023, 12:30 Uhr

"Es fühlt sich wie Familie an"

Was darf in keinem Trainingslager fehlen? Genau: Interviews. Auch in Brandeton stehen unsere Herthaner für den Austausch mit den Medienschaffenden zur Verfügung – natürlich nach bzw. zwischen den Einheiten. Vor dem ersten Testspiel-Doppelpack nahm Jean-Paul Boëtius auf der Terrasse des Teamhotels in der IMG Academy vor den Kameras, Mikrofonen und Handys Platz. Im Austausch mit den Journalistinnen und Journalisten aus Berlin sprach unsere Nummer 10 über die idealen Gegebenheiten vor Ort. „Diese Professionalität in der Academy ist überragend. Und die Krafträume erst, da gehe ich normal ja nicht so oft rein, hier aber viel häufiger“, sagt der Niederländer lachend. Weitere Themen: der blau-weiße Zusammenhalt, die ersten Monate in Berlin und Ziele für 2023. HerthaTV hat das gesamte Gespräch im Video aufgezeichnet, zentrale Aussagen hat herthabsc.com notiert. Jean-Paul Boëtius über…

… die ersten Trainingstage: Wir haben uns gut akklimatisiert und trainieren gut! Die Atmosphäre im Team ist – aber eigentlich schon seitdem ich bei Hertha bin – super. Bei all der notwendigen Ernsthaftigkeit haben wir zusammen auch viel Spaß. Die ersten ein bis zwei Nächte war ich recht früh wach, aber die Gegebenheit sind einfach super hier. Diese Professionalität in der Academy ist überragend. Und die Krafträume erst, da gehe ich normal ja nicht so oft rein, hier aber viel häufiger (lacht)!

… die wenigen freien Momente: Wir arbeiten hier zwei Mal täglich, dazu kommen Besprechungen, Behandlungen und die gemeinsamen Mahlzeiten. Wenn ich mal frei habe, telefoniere ich gerne mit Familie und Freunden oder schaue ein wenig Game of Thrones. Vor Jahren bin ich nicht richtig reingekommen in die Serie, beim zweiten Mal klappt das deutlich besser (grinst). Ich war aber auch am freien Abend mit Jonjoe Kenny und Chidera Ejuke in Tampa in einem schönen Restaurant.

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Im Trainingslager verbringen wir in einem recht kleinen Kreis noch mehr Zeit als ohnehin schon miteinander, da fühlt es sich fast wie Familie an. Das ist unsere Stärke.
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-Djanga Boëtius

… die Stimmung im Team: Wir kommen sehr gut miteinander klar. Im Trainingslager verbringen wir in einem recht kleinen Kreis noch mehr Zeit als ohnehin schon miteinander, da fühlt es sich fast wie Familie an. Das ist unsere Stärke. Wenn der Umgang miteinander gut ist, funktionieren viele Dinge auf dem Platz besser. So sind wir in der Lage, uns untereinander die Wahrheit zu sagen und Dinge anzusprechen. Und ein weiteres Beispiel: Dodi Lukébakio hört gerne Gospel – auch in der Kabine. Das war für uns anfangs etwas ungewohnt, inzwischen singen wir mit (lacht).

… das abgelaufene Jahr: Ich war nach der vergangenen Saison das erste Mal ablösefrei. Das war eine bewusste Entscheidung, aber nicht so einfach wie gedacht. Die Entscheidung, nach Berlin zu Hertha zu gehen, war die richtige. Ich war etwas später bei der Mannschaft, dann folgte die Hodenkrebs-Diagnose. Das waren ein paar Ausnahmetage, aber zum Glück kam schnell eine sehr gute Nachricht. Die Unterstützung von Verein, Mannschaft und Fans hat sehr gutgetan. Ich war und bin nach wie vor ein positiver Mensch, der sich nicht hängenlässt. Wir können über alles meckern, aber es gibt viele Menschen, denen es schlechter geht als mir als Fußballer.

Jean-Paul Boëtius lacht während der Medienrunde.

… Ziele für das neue Jahr: Übergeordnet sind die Mannschaftsziele. Wir wollen mehr Punkte holen als in den bisherigen Spielen. Oft haben Kleinigkeiten gefehlt. Darauf sind wir nun fokussiert, denn wir stehen nicht da, wo wir hingehören. Es ist wichtig, dass wir noch zielstrebiger agieren. Wir haben geile Kicker und es ist schön, wenn wir den Ball 20 Mal rumspielen, aber das bringt am Ende nichts. Vorne treffen und hinten gemeinsam bis zum Schlusspfiff verteidigen. Die späten Gegentore haben uns alle nämlich extrem genervt. Meine persönliche Quote muss ich verbessern: Null Vorlagen und null Tore sind deutlich zu wenig. Wobei ein Treffer ja eigentlich dabei war… (lacht).  

… seine Rolle im Gefüge: Mein Ziel ist es schon, dass ich den anderen Jungs ein wenig helfe und coache. Auch weil ich verschiedene Sprachen spreche. Dabei geht es nicht immer mit Spaß, manchmal muss man auch schreien (lacht). Insgesamt möchte ich noch wichtiger für die Mannschaft werden – neben und auf dem Platz: Im Mittelfeld kann ich jede Position spielen. Ob Sechser, Achter, Zehner oder als hängende Spitze – am Ende entscheidet das ohnehin der Trainer. Sandro Schwarz ist ein sehr aktiver Coach und bringt immer alles rein, in jede Einheit und in jedes Spiel. Er geht immer vorweg. Genau das brauchen wir.

von Florian Waldkötter