
Duell der Herzensvereine
Wenn die eigenen Lieblingsteams fast 10.000 Kilometer voneinander entfernt spielen, sind Berührungspunkte selten und direkte Duelle eine echte Rarität. Für den Kolumbianer Oscar Perdomo erfüllt sich exakt dieser Traum jedoch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, wenn unsere Spreeathener in Orlando auf den FC Millonarios aus seiner Heimatstadt Bogotá (11.01.23, 19:00 Uhr Ortszeit; 12.01.23, 01:00 Uhr deutscher Zeit, Tickets hier sichern) treffen. Für den 27-Jährigen ein wahrer Feiertag: „Ich freue mich unheimlich auf das Duell und wünsche mir einfach ein blau-weißes Fußballfest“, sagt der Südamerikaner im Gespräch mit herthabsc.com – der Gegner der Mannschaft von Sandro Schwarz trägt die gleichen Vereinsfarben. Für wen das Herz im direkten Duell schlägt, ist noch nicht klar. „Höchstwahrscheinlich werde ich widersprüchliche Gefühle haben, aber so muss es doch sein!“, schmunzelt der Exil-Fan. Selber vor Ort im Osceola County Stadium kann er leider nicht sein, die Streamingangebote ermöglichen dem Sprachlehrer jedoch, das Kräftemessen seiner Teams zu sehen. Hier ist die Auswahl übrigens groß: In insgesamt 13 Ländern wird die Begegnung gezeigt.

Ein Schock zur Premiere
Eine Möglichkeit? Die deutsche Übertragung. Denn unsere Sprache versteht Perdomo sehr gut. Um sie zu lernen und Fortschritte im Beruf zu erzielen, reiste der Blau-Weiße im Frühjahr 2020 extra an die Spree. Abseits seines eigentlichen Ziels wollte der Fußballverrückte natürlich auch mal hier das runde Leder sehen, die Wahl fiel auf unsere Alte Dame – die Farben waren schließlich die gleichen wie bei seinem anderen Herzensverein.
Mit Tickets und gestärkt mit Currywurst und Bier ging es am 22. Februar ins Olympiastadion, Heimspiel gegen den 1. FC Köln, doch dann der Schock: Perdomo sah sich umzingelt von roten Trikots und Schals. „Da war es mir direkt klar: Ich saß im Gästebereich, wo ich der Einzige war, der Hertha anfeuerte“, erinnert sich der Anhänger mit einem Lachen. Viel Grund dazu gab es für ihn und unser Team anschließend aber leider nicht: 0:5 verloren unsere Jungs gegen die Geißböcke. Die Leidenschaft für unsere Mannschaft war aber trotzdem geboren. „Trotz der Niederlage habe ich niemals die Stimmung der Herthanerinnen und Herthaner vergessen. Dieser Zusammenhalt, das wunderbare Olympiastadion, die ständige Unterstützung von der Tribüne und die Fußballgeschichte Berlins: Ich musste Herthaner werden!“, unterstreicht der Fan.
[>]Dieser Zusammenhalt, das wunderbare Olympiastadion, die ständige Unterstützung von der Tribüne: Ich musste Herthaner werden![<]
Schicksalshafter Spruch in Richtung eines Landsmannes
Einen festen Platz in dieser Geschichte und auch der Historie unserer Alten Dame haben auch zwei kolumbianische Spieler: Adrián Ramos und Jhon Córdoba. Mit Letzterem verbindet die Lehrkraft eine besondere Beziehung. In besagter Heimpremiere war der Stürmer ebenfalls im Einsatz – allerdings noch für die Domstädter. Der 1,88-Meter-Mann traf doppelt für seinen damaligen Arbeitgeber und kam zum Jubeln in die Gästekurve, direkt vor Perdomos Augen. Einen Spruch in Richtung seines Landsmannes konnte sich der Südamerikaner da nicht verkneifen: „Spiel doch mal für Hertha nächste Saison!“, schrie der Anhänger in Richtung des Torjägers.
Und dann kam es, wie es kommen musste: Córdoba wechselte tatsächlich zur Saison 2020/21 an die Spree! „Es ist für mich immer noch unfassbar, deswegen frage ich mich auch jetzt noch, ob er das gehört hat“, sagt der Mann aus Bogotá voller Begeisterung. Ähnlich froh wird er nun auch beim Duell seiner Herzensvereine sein. Nach der Partie gegen den Millonarios FC soll es dann bald auch wieder nach Berlin gehen. Dafür hat der Exil-Herthaner einen klaren Wunsch: „Ich will dieses Mal in der Ostkurve stehen und mit den Fans einen deutlichen Sieg feiern!“ Hoffentlich kann ihm unsere Mannschaft diesen blau-weißen Traum erfüllen. Es wäre nicht der erste in seinem Leben.