Urs Fischer an der Seitenlinie.
Profis | 27. Januar 2023, 16:52 Uhr

Kiek ma, wer da kommt: Union

Schon seit fünf Saisons bilden der 1. FC Union und Urs Fischer ein treues und vor allem erfolgreiches Gespann. Dabei ist der Schweizer mit seinem Team in der abgeschlossenen Bundesliga-Hinrunde noch einmal in neue Gefilde vorgestoßen: 33 Punkte bedeuten Tabellenplatz 2 – und das trotz sechs englischer Wochen zum Jahresende. Nun sind die Akkus wieder voll, der Fokus liegt nach einem erfolgreichen Auftakt in 2023 auf den bevorstehenden Aufgaben. „Wir haben noch viele Spieltage vor uns, bis das Saisonende in Sichtweite ist", sagt der 56-Jährige. Eine besondere Herausforderung wartet am Samstag (28.01.23, 15:30 Uhr) im Olympiastadion, wenn der FCU bei unserer Alten Dame gastiert. Im Vorfeld hat sich herthabsc.com mit dem UEFA Europa League-Teilnehmer näher beschäftigt.

Die sportliche Situation: Ein Triumph gegen Hoffenheim, ein Erfolg in Bremen. Union ist stark gestartet und hat an der Weser nicht nur den 50. Bundesliga-Sieg eingefahren, sondern auch die beste Hinserie der Vereinshistorie aufgestellt. Der Mann an der Seitenlinie bezeichnet das bisherige Abschneiden zwar als „außergewöhnlich“, trotzdem bleibt der Coach demütig: „Wir haben nach wie vor Ziele, erreicht haben wir noch gar nichts! Es gilt weiterhin, einfach ans Limit zu kommen." Dabei überzeugen Fischers Schützlinge vor allem durch Einsatz: Als einziges Team sind die Rot-Weißen in den 17 Begegnungen schon insgesamt über 2.000 Kilometer gelaufen. Mit 206 geschlagenen Flanken und 436 gewonnenen Kopfballduellen befindet sich der Verein jeweils in den Top 3 der Liga. Allerdings konnte der DDR-Pokalsieger von 1968 zum Rückrundenauftakt im deutschen Oberhaus noch nie gewinnen. Darüber hinaus ist der Tabellenzweite auch nach wie vor in zwei weiteren Wettbewerben vertreten: Im DFB-Pokal-Achtelfinale reist kommende Woche der VfL Wolfsburg in die Alte Försterei, im internationalen Geschäft steht in den Play-offs das Aufeinandertreffen mit dem AFC Ajax an. 

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Wir haben nach wie vor Ziele, erreicht haben wir noch gar nichts! 
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-Urs Fischer

Die Köpenicker im Fokus: Eine große Stärke des Aufsteigers von 2019 ist die Moral. In sieben Kräftemessen der laufenden Spielzeit lag Union hinten – drei Mal drehte unser Nachbar das Ergebnis noch. Nur der 1. FC Köln sammelte nach Rückstand mehr Punkte. Die jüngsten Begegnungen gegen Hoffenheim und in Bremen unterstreichen die Comeback-Qualitäten. Ein entscheidender Fakt in diesen Partien: die Wechsel. Hierbei sticht vor allem Sven Michel heraus. Der ehemalige Paderborner kam in dieser Saison in elf Einsätzen ausschließlich als Joker zum Einsatz und traf dabei drei Mal – Höchstwert aller Einwechselspieler. Neu ist diese Stärke aber nicht. Seit seinem Wechsel nach Berlin im Februar 2022 erzielte niemand in der Bundesliga mehr Joker-Tore als der Mittelstürmer (6). Positiv für die Köpenicker: Der 1,77-Meter-Mann stand an der Weser nach überstandener Grippe erstmals im neuen Jahr im Kader. Auf Input von der Bank will sich der Coach gar nicht verlassen: „Wir wollen gar nicht in Rückstand geraten, obwohl wir das in den letzten Partien noch drehen konnten."

Die Schnittstellen: In den Katakomben des Olympiastadions wird sich Genki Haraguchi sicherlich nicht verlaufen. Der Japaner trug zwischen 2014 und 2018 unsere Fahne auf der Brust. Seit zwei Saisons ist der Nationalspieler jedoch am anderen Ende der Stadt tätig. Auch für andere Akteure wird es auf dem Platz ein Wiedersehen geben. Florian Niederlechner spielte in Augsburg mit Rani Khedira, beim SC in Freiburg lief der Stürmer an der Seite von Janik Haberer auf. Jessic Ngankam trifft auf seine Ex-Kollegen Paul Seguin und Jamie Leweling aus Fürth, während Wilfried Kanga seinen guten Freund und alten Teamkollegen aus Bern, Jordan Siebatcheu, im Olympiastadion willkommen heißt. Dodi Lukébakio war beim VfL Wolfsburg Teamkollege von Neu-Unioner Jérôme Roussillon, Jean-Paul Boëtius und Levin Öztunali kennen sich aus gemeinsamen Mainzer Zeiten. Zusätzlich trainierte unsere Nummer 10 von 2015 bis 2017 beim FC Basel unter Urs Fischer. „Jean-Paul hat viel dazugelernt und ist ein exzellenter Spieler. Jetzt ist er sich auch nicht mehr zu schade, defensiv Verantwortung zu übernehmen, in Zweikämpfe zu gehen und den Mitspielern zu helfen. Es macht einfach Spaß, ihm zuzuschauen" sagt der 56-Jährige über unseren Mittelfeldspieler. 

Dodi Lukébakio schießt den Ball zwischen zwei Union-Verteidigern hindurch.
Wenigstens der Ehrentreffer: Dodi Lukébakio erzielt das 1:3 im Hinspiel.

Das Hinrundenduell: Den Saisonauftakt in der Alten Försterei eröffnete zum Leidtragen der Herthanerinnen und Herthaner Siebatcheu per Kopf (31.). Kurz nach der Pause sorgten Sheraldo Becker (50.) und Robin Knoche (54.) für die nächsten Nackenschläge. Den Willen konnte man unseren Spreeathenern dennoch nicht absprechen – zumindest ein Ehrentreffer gelang Dodi Lukébakio (85.) durch einen präzisen Flachschuss. „Union war in vielen Bereichen besser, griffiger und galliger. Wir hatten in Halbzeit eins eine kurze Phase, in der wir eine gute Kontrolle hatten, haben diese aber wieder aus der Hand gegeben“, ordnete Sandro Schwarz die 1:3-Niederlage damals ein.

Die Meinung über unsere Elf: Trotz der starken Hinserie mahnt Urs Fischer zur Vorsicht:  „Wir dürfen uns nicht zu lange in der Vergangenheit aufhalten, am Samstag müssen wir wieder bereit sein“, erklärt der Fußballlehrer. Zudem warnt der Übungsleiter vor unseren Jungs. „Solche Niederlagen wie gegen Wolfsburg gibt es halt. Zuvor waren die Herthaner sehr gut organisiert, kompakt und die Partien waren sehr eng. Da kommt eine Mannschaft mit viel Geschwindigkeit aus uns zu, womit wir auch schon mal unsere Probleme hatten."

von Konstantin Rek