Ralf Fährmann bespricht sich mit Moritz Jenz.
Profis | 13. April 2023, 14:32 Uhr

Kiek ma, wo dit hinjeht: Gelsenkirchen

2023 begann für den FC Schalke 04 durchaus vielversprechend. Schließlich blieben die Knappen im deutschen Oberhaus von Ende Januar bis Ende März acht Mal hintereinander ungeschlagen. Der April bescherte dem Traditionsclub aus dem Ruhrgebiet allerdings bereits zwei Niederlagen. Schon zuletzt schwächelte der siebenfache deutsche Meister regelmäßig zum Start in das zweite Quartal: Seit 2019 stehen für den vierten Monat des Jahres lediglich ein Sieg und ein Unentschieden sowie sechs punktlose Partien in der königsblauen Bundesliga-Bilanz. Vor allem die jüngste Pleite bei der TSG Hoffenheim, die Peter Knäbel als „keine gewöhnliche“ bezeichnete, hat Spuren hinterlassen. „Mich hat die Frage beschäftigt, was man aus dieser Niederlage in einem so wichtigen Spiel lernen kann“, überlegte der S04-Sportvorstand. Die Erkenntnisse: „Unsere Erwartung ist es, dass der Ostersonntag allen noch einmal die Sinne geschärft hat. Wir müssen diszipliniert und konzentriert sein und bei allem ans Maximum gehen, in jeder Partie und von der ersten bis zur letzten Minute“, unterstrich der 56-Jährige vor dem Heimspiel gegen unsere Alte Dame am Freitag (20:30 Uhr). Mit Blick auf dieses Kräftemessen skizziert herthabsc.com die Lage beim Gastgeber.

Die sportliche Situation: Als wäre der Auftritt in Sinsheim nicht schon bitter genug verlaufen, kehrte das Team von Thomas Reis zum Abschluss des vergangenen Wochenendes und nach dem vorangegangenen Sieg des VfB Stuttgart in Bochum auch noch ans Tabellenende zurück. „Die erste Halbzeit hatte mit einem Kampf um den Klassenerhalt nichts zu tun. Wenn der Gegner in jedem Zweikampf mehr möchte, das ist etwas, das ich nicht akzeptiere. Wenn der Gegner qualitativ besser besetzt ist, musst du eine größere Mentalität zeigen. Das habe ich in der ersten Halbzeit von meiner Mannschaft nicht gesehen“, fällte der Übungsleiter des UEFA-Pokal-Siegers von 1997 ein deutliches Urteil. Bereits zwischen dem 11. und 22. Spieltag hatte der Aufsteiger des zurückliegenden Sommers die Rote Laterne inne. Als Schlusslicht haben die Schalker allerdings keine ihrer vergangenen sechs Begegnungen verloren. Trotz des zwischenzeitlichen Hochs stand der Verein aus dem Ruhrpott letztmals am 8. Spieltag dieser Saison auf einem Nicht-Abstiegsplatz. Mit einem Erfolg über unsere Spreeathener könnten die Königsblauen – zumindest für eine Nacht – erstmals seit sechs Monaten die direkten Abstiegsränge verlassen.

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Unsere Erwartung ist es, dass der Ostersonntag allen noch einmal die Sinne geschärft hat.
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-Peter Knäbel

Die Schalker im Fokus: Bei diesem Vorhaben kommt es speziell auch auf die Hintermannschaft der Reis-Elf an. Viel steht und fällt dort mit Moritz Jenz. Der 23-jährige Innenverteidiger, der in der Hinrunde noch für den Celtic FC in der UEFA Champions League auflief, absolvierte seit seinem Winterwechsel acht Pflichtspieleinsätze – dabei blieb S04 stets ungeschlagen. Zuletzt fiel der gebürtige Berliner jedoch aufgrund einer Muskelzerrung im Oberschenkel aus, gegen unsere Herthaner kann der 1,90-Meter-Mann aber wohl wieder mitwirken. Einen entscheidenden Anteil daran, dass der fünffache DFB-Pokalsieger mit neun Gegentreffern die zweitbeste Defensive der laufenden Rückrunde stellt, trägt auch Ralf Fährmann. Der 34-Jährige eroberte zum 18. Spieltag den Status des Stammkeepers zurück und hielt seinen Kasten seitdem fünf Mal sauber. „Ich wollte das Wort Finale bisher nicht in den Mund nehmen, aber ich denke, am Freitag wird das eins“, legte sich der 1,97-Meter-Hüne im Vorfeld fest.

Die Schnittstellen: In Prince Boateng, Suat Serdar und Jonjoe Kenny haben bereits drei unserer Blau-Weißen das Trikot des kommenden Kontrahenten getragen. Außerdem liefen unser Co-Trainer Vedad Ibišević sowie Zeugwart Hendrik Herzog während ihrer aktiven Zeit ebenfalls für den Verein aus Gelsenkirchen auf. „Dass der eine oder andere von uns schonmal dort gespielt hat, kann ein Vorteil sein. Wir wissen aber so oder so, was von den Rängen auf uns zukommt. Entschieden wird das Duell ohnehin auf der grünen Wiese“, sagte unser Übungsleiter Sandro Schwarz über die durchaus besondere Konstellation. Doch damit nicht genug der ehemaligen Schalker in unseren Reihen: Auch Assistenzcoach Volkan Bulut und Athletiktrainer Henrik Kuchno waren einst für den UEFA Champions League-Halbfinalisten von 2011 tätig. Umgekehrt finden sich auch in Reihen der Königsblauen alte Bekannte – allen voran natürlich Alexander Schwolow, den unser Hauptstadtclub aktuell nach Nordrhein-Westfalen verliehen hat. Hinzu kommt Markus Gellhaus, der dem Staff von Reis angehört und auch an der Spree unter Jos Luhukay zum Team an der Seitenlinie zählte.

Wilfried Kanga jubelt nach seinem Siegtreffer in der Ostkurve.
Ekstase in der Ostkurve: Wilfried Kanga bejubelt seinen Siegtreffer gegen Schalke.

Das Hinrundenduell: Der 2:1-Erfolg unserer Jungs im zurückliegenden Oktober sorgte gleich für eine doppelte Premiere: Zum einen handelte es sich um den ersten Heimdreier dieser Spielzeit, zum anderen brachte Wilfried Kanga diesen mit seinem Debüttreffer für unsere Farben unter Dach und Fach. Das umjubelte Tor des Ivorers fiel erst in der 88. Minute und löste in der Folge pure Ekstase im Olympiastadion aus. Bereits kurz nach dem Seitenwechsel hatte Lucas Tousart unsere Berliner erstmals in Führung gebracht (49.), durch Florent Mollet egalisierrten die Gäste den Rückstand zwischenzeitlich allerdings wieder (85.). „Wir sind nach dem Ausgleich als Team drangeblieben, die Fans haben uns weiter unterstützt und wir haben alle an den Sieg geglaubt. Auch ich persönlich habe nach einigen Chancen zuvor immer weitergemacht – und mich dann noch belohnt. Das ist ein sehr wichtiger Erfolg, der uns unglaublich guttut!“, freute sich unser Matchwinner.

Die Meinung über unsere Elf: Der Bedeutung dieser Partie für die eigenen Ziele sind sich die Westdeutschen bewusst. „Das Spiel ist extrem wichtig für uns. Denn die Berliner sind ein direkter Mitbewerber um einen Nichtabstiegsplatz“, unterstreicht Alex Král. Der Mittelfeldspieler erwartet aus diesem Grund ein „körperbetontes“ Kräftemessen: „Das war bereits in der Hinrunde der Fall. Wichtig ist, dass wir die Zweikämpfe annehmen, die zweiten Bälle gewinnen, uns nicht zu unnötigen Fouls hinreißen lassen“, so der Tscheche weiter. In die gleiche Kerbe schlägt auch Reis. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es hart zur Sache gehen wird“, weiß der Fußballlehrer. Mit Blick auf das Team von Sandro Schwarz sagt der 49-Jährige: „Vom Kader her gehören die Herthaner eigentlich nicht in den Tabellenkeller. Sie hatten sicherlich auch andere Pläne, aber so ist jetzt die Realität. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen und einen direkten Konkurrenten überflügeln.“

von Erik Schmidt