Niko Kovač gibt Yannick Gerhardt am Spielfeldrand eine Anweisung.
Profis | 26. Mai 2023, 15:30 Uhr

Kiek ma, wo dit hinjeht: Wolfsburg

Im Nachhinein lässt sich der 3:2-Erfolg des VfL Wolfsburg über den VfB Stuttgart am 8. Spieltag der laufenden Saison als Wendepunkt betrachten. In dieses Heimspiel gingen die Niedersachsen als Tabellenvorletzter der Bundesliga, eine weitere Niederlage hätte die angespannte Stimmung wohl zusätzlich verschärft. Der gewinnbringende Treffer gelang den Grün-Weißen dabei erst in der Nachspielzeit. Anschließend blieb das Team von Niko Kovač neun weitere Begegnungen im deutschen Oberhaus ungeschlagen und setzte sich in der oberen Hälfte des Tableaus fest. „Nach dem schwierigen Start haben es die Jungs sehr gut gemacht. Vor uns liegt nun noch ein Finalspiel, das wir genießen und erfolgreich gestalten wollen“, erklärt der Fußballlehrer, dessen Schützlinge bislang so viele Sprints anzogen wie keine andere Mannschaft. Vor dem Auftritt unserer Blau-Weißen in der Autostadt beschäftigt sich herthabsc.com genauer mit den Wölfen.

Die sportliche Situation: In der vergangenen Saison überquerte der deutsche Meister des Jahres 2009 mit 42 Zählern als Zwölfter die Ziellinie. Einen Spieltag vor dem Abschluss der laufenden Runde zieren bereits 49 Punkte das Konto des Siebten. Unter gewissen Umständen könnte Maximilian Arnold und Kollegen, die ihre jüngsten sechs Partien in der eigenen Arena nicht verloren haben, sogar noch die Rückkehr auf die europäische Bühne gelingen. Dafür müsste der dreifache UEFA Champions League-Teilnehmer aber das einen Platz, einen Punkt und ein Tor besser dastehende Bayer 04 Leverkusen überholen. Gleichzeitig gibt es je nach Resultat im DFB-Pokalfinale zwischen Eintracht Frankfurt und RasenBallsport Leipzig verschiedene Szenarien, in denen die derzeitige Position der Wolfsburger zur Qualifikation für die Play-offs der UEFA Conference League berechtigen würde. „Wir haben die Pflicht, unsere Hausaufgaben zu erledigen und das Spiel zu gewinnen. Es wird allerdings keine leichte Aufgabe“, unterstreicht Kovač.

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Nach dem schwierigen Start haben es die Jungs sehr gut gemacht. Vor uns liegt nun noch ein Finalspiel, das wir genießen und erfolgreich gestalten wollen
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-Niko Kovač

Die Wolfsburger im Fokus: Im eingangs erwähnten Duell mit den Schwaben sorgte Yannick Gerhardt für den Last-Minute-Jubel. Es war das erste Saisontor des zentralen Mittelfeldspielers, der zu Beginn der Spielzeit erst gegen eine Blessur an- und anschließend um einen Stammplatz kämpfen musste. „Die Verletzung, ein neuer Trainer, bei dem man nicht wusste, wo man steht – so zurückzukommen, das bedeutet mit sehr viel. Ich habe das Gefühl, dass ich seitdem anders wahrgenommen werde“, verrät der 29-Jährige, der fünf weitere Treffer nachlegte. Mit sechs Erfolgserlebnissen ist Gerhardt gemeinsam mit Jonas Wind der gefährlichste VfL-Schütze dieser Runde. Dieser Wert stellt den niedrigsten überhaupt in der seit 1997 andauernden Erstliga-Zugehörigkeit der Wolfsburger dar. Trotzdem bringt es die Kovač-Elf insgesamt aber auf 56 Treffer, die nur vier Teams überbieten. Die Tore verteilen sich auf 16 verschiedene Akteure, was von einer beachtlichen Kaderbreite zeugt. Zur Spitze der höchsten deutschen Spielklasse zählt der zweifache DFB-Pokalsieger mit 62 Verwarnungen und keinem einzigen Platzverweis auch in der Fairplay-Wertung – nur der FC Bayern agierte noch regelbewusster. In Jakub Kamiński stellen die Wölfe übrigens auch den Feldspieler, der unter den aktuellen Bundesliga-Profis auf die meisten Einsätze (30) kommt, ohne je eine Karte kassiert zu haben.

Die Schnittstellen: Kovač verfügt über eine ganz besondere Beziehung nach Spreeathen. Der 51-Jährige kam nicht nur in Berlin zur Welt, sondern trug zwischen 1991 und 1996 sowie von 2003 bis 2006 auch unsere Fahne auf der Brust. „Aus meiner emotionalen Sicht heraus betrachtet, ist der Abstieg sehr traurig. Ich hoffe natürlich, dass Hertha so schnell wie möglich zurückkommt“, sagt der Übungsleiter. Auf eine Vergangenheit in Niedersachsen blicken hingegen Tolga Ciğerci (2005 bis 2014), Peter Pekarík (2009 bis 2012) und Dodi Lukébakio (2021/22) zurück. Pablo Thiam, der Leiter unserer Fußball-Akademie, stand für den VfL nicht nur zwischen 2003 und 2008 auf dem Rasen, sondern fungierte dort nach seiner aktiven Laufbahn auch noch als Verantwortlicher in verschiedenen Positionen.

Jessic Ngankam sitzt auf dem Boden, ein Gegenspieler reicht ihm die Hand.
Ein Abend zum Vergessen: Jessic Ngankam & Kollegen unterlagen gegen den VfL im Januar deutlich.

Das Hinrundenduell: Ende Januar, Englische Woche und ein Abend zum Vergessen – in dem Kräftemessen zum Abschluss der ersten Saisonhälfte gerieten unsere Jungs bereits nach nicht einmal vier Zeigerumdrehungen in Rückstand. Die Gäste bauten ihren Vorsprung bis zur Pause um zwei weitere Tore aus. Nach 90 einseitigen Minuten stand schließlich ein klares 0:5 auf der Anzeigetafel. Für die Autostädter war es der sechste Sieg in Serie. „Die erste Halbzeit war mit das Beste, was wir in dieser Runde gespielt haben. Wir wussten, dass es nicht leicht wird, aber wir haben es uns leichter gemacht“, erklärte Kovač damals.

Die Meinung über unsere Elf: Da der Klassenerhalt für unsere Spreeathener nicht mehr in Reichweite liegt, sieht sich der VfL-Coach einigen Unabwägbarkeiten ausgesetzt. „Wir wissen nicht, wer bei ihnen auflaufen wird. Es könnte einige Veränderungen sowie eine Verjüngung des Teams geben“, mutmaßt der 51-Jährige. „Aber ich bin mir sicher, dass sie alles geben werden, um sich mit einem positiven Ergebnis zu verabschieden“, so der Fußballlehrer weiter.

von Erik Schmidt