Exil-Herthaner Robert Brodowski hält ein Hertha-Trikot in die Kamera.
Fans | 17. Juni 2023, 09:40 Uhr

Einmal um die weite Welt

Jeder Mensch wird in seinem Leben vor Entscheidungen gestellt, die Veränderungen mit sich bringen. Mal fallen die Umstellungen kleiner aus, mal größer. Davon kann Robert Brodowski ein Lied singen. Von den Straßen des Berliner Nordens über die scheinbar grenzenlosen Weiten der USA bis hin zu den paradiesischen Stränden Indonesiens – der 37-Jährige hat schon viel gesehen und erlebt. Doch trotz all der aufregenden Abenteuer gibt es für den Weltenbummler eine felsenfeste Konstante: unsere Alte Dame. „Ein Stück Hertha, sei es auch nur ein Anhänger, trage ich immer bei mir", erzählt der Reisefreudige voller Stolz. Denn inmitten all der Tapetenwechsel und Unvorhersehbarkeiten ist es das Symbol seines geliebten Vereins, das ihm Halt gibt und ihn prägt. 

Fast selber Hertha-Bubi

Im zarten Alter von vier Jahren entdeckte der Reinickendorfer seine Leidenschaft für das Kunstleder. Beim VfB Hermsdorf spielte sich der sportbegeisterte Junge ins Blickfeld unserer Blau-Weißen. Als Neunjähriger absolvierte der damalige Angreifer sogar ein Probetraining, doch entschied sich letztlich wegen des zeitlichen Aufwands und den schulischen Verpflichtungen gegen den Schritt in unsere Fußball-Akademie. An seiner Verbundenheit zur Alten Dame änderte dies aber nichts.

Schon bald wurden Stadionbesuche zur Gewohnheit. Das erste Spiel, an welches sich der Fan erinnern kann: Der 1:0-Triumph über den FC Bayern München im November 1998. Der damalige Siegtorschütze Michael Preetz wurde rasch zum absoluten Lieblingsspieler. „Im Anschluss habe ich mir jedes Jahr das neue Hertha-Trikot zum Geburtstag gewünscht und im Winter gab es für mich nur einen Schal und der war blau-weiß“, berichtet der 37-Jährige. Außergewöhnlich: Seit diesem Sieg verloren unsere Spreeathener kein Heimspiel mehr, wenn der Anhänger im Stadion war. „Meine Familie und Freunde in Berlin sagen immer, ich soll öfter hierher kommen, dann würden wir stets gut spielen“, sagt der Exil-Fan schmunzelnd. Doch das ist gar nicht so einfach, wenn man über 10.700 Kilometer weit weg wohnt.

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Meine Familie und Freunde in Berlin sagen immer, ich soll öfter hierher kommen, dann würden wir stets gut spielen.
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-Robert Brodowksi

Der Aufbruch ins Abenteuer

Im Jahr 2003 nahm sein Vater eine Arbeitsstelle in den USA an und die Familie wanderte nach Boston aus. Doch der grüne Rasen fehlte dem Jugendlichen schnell. Während seiner Zeit an der Highschool konnte der 1,89-Meter-Hüne zwar noch in der Schulmannschaft spielen, doch vergleichbar mit dem deutschen Fußball war das nicht. „Das Niveau war ein ganz anderes. Wirklich mithalten konnte da keiner mit mir, ich wurde daher schnell Torschützenkönig“, erzählt Brodowski. Nach der Highschool und dem anschließendem Studium zog der Auswanderer über die Umwege München und Los Angeles in seine derzeitige Heimat: Jakarta. 

Exil-Herthaner Robert Brodowski streckt seinen Hertha-Schal in die Höhe.

Seit nunmehr fünf Jahren lebt der 37-Jährige in der Hauptstadt Indonesiens. Der Wechsel vom drittgrößten in das viertgrößte Land der Welt erfolgte hauptsächlich aufgrund des Potenzials, das in dem asiatischen Inselstaat schlummert. „Im Vergleich zu den USA gibt es hier einfach viel mehr Möglichkeiten, weil sich vieles gerade erst richtig entwickelt“, beschreibt der Unternehmer seine Umzugsgründe. Neben den beruflichen Umständen erfreut sich der Weltenbummler auch am Wetter und den Menschen in seiner neuen Wahlheimat. „Die Leute hier sind einfach unglaublich freundlich, man hat nie Probleme mit anderen", berichtet der Fußball-Enthusiast. Doch nicht alles ist perfekt. 

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Meistens trage ich schon tagsüber eines meiner Trikots und singe die Hymne aus vollem Herzen mit. Wenn Hertha spielt, weiß das jeder Nachbar.
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-Robert Brodowski

Fußball-Sehnsucht

Der Herthaner vermisst eine entscheidende Sache: „Einfach spontan mit den Jungs eine Runde kicken zu gehen, das fehlt mir wirklich. Wenn man Fußball spielen möchte, muss man es richtig organisieren und braucht einflussreiche Kontakte, um überhaupt einen Platz mieten zu können", erzählt er. Doch auch nach unserer Alte Dame sehnt sich der Fan. Bisher hat Brodowski keine Gleichgesinnten gefunden. Das hindert ihn jedoch nicht daran, live mitzufiebern. „Meistens trage ich schon tagsüber eines meiner Trikots und singe die Hymne aus vollem Herzen mit. Wenn Hertha spielt, weiß das jeder Nachbar, denn es kann manchmal etwas lauter werden." Einzig die fehlenden Übertragungen stellen den Berliner immer wieder vor Herausforderungen. Wann genau der Exil-Herthaner mal wieder selbst in der Ostkurve stehen wird, ist noch unklar. „Spätestens um Weihnachten herum werde ich wieder in Berlin sein." Angesichts seiner beeindruckenden Heimbilanz ist zu hoffen, dass Robert Brodowski möglichst bald wieder dabei sein wird.

von Jan Ole Tabert