Jenas Coach René Klingbeil im Porträt.
Profis | 11. August 2023, 14:00 Uhr

Kiek ma, wo dit hinjeht: Jena

Für Fans ist die Heimspielstätte ihres Vereins eine Wohlfühloase, eine zweite Heimat – ein echtes Paradies eben. Wenn dieser Ort dann auch noch nahe eines Bahnhofs liegt, der eben jenen Namen trägt, ist das eine wohl einzigartige Kombination. Beim FC Carl Zeiss, der seine Heimspiele eine Viertelstunde zu Fuß vom Bahnhof Jena Paradies entfernt austrägt, ist sie Realität. Bei der Begegnung in der 1. Hauptrunde gegen unseren Hauptstadtclub (12.08.23, 13:00 Uhr) wollen die Thüringer auf ihrem Ernst-Abbe-Sportfeld für eine Überraschung sorgen. „Pokal ist unangenehm, unterklassige Gegner machen einem das Leben schwer. Wir kennen es selbst aus dem Landespokal und wollen gegen Hertha das Gleiche tun – vielleicht haben wir das Quäntchen Glück und kommen weiter“, unterstreicht Abwehrspieler Maurice Hehne die Ambitionen des Regionalligisten, den herthabsc.com in der Gegnervorschau noch einmal unter die Lupe nimmt.

Die sportliche Situation: Paradiesisch waren die vergangenen Jahre in Jena nicht immer. Nach drei Jahren in Liga 3 spielt der FCC seit 2020 wieder im vierten Klassement. Dort standen zuletzt aber zwei zweite Plätze zu Buche. Für den DFB-Pokal qualifizierte sich der Traditionsverein durch den Triumph im Thüringer Pokal gegen Wacker Nordhausen (4:2). In die laufende Saison ist das Team von Coach René Klingbeil mit zwei Punkteteilungen beim Chemnitzer FC (0:0) und gegen den Greifswalder FC (1:1) gestartet und freut sich jetzt auf das Pokalduell. „Hier wird es brennen. Der Kessel wird voll sein, wir freuen uns ungemein auf dieses Spiel. Das ist etwas Besonderes, was wir uns erarbeitet haben“, unterstreicht Klingbeil. Die Fans der Blau-Gelb-Weißen werden hoffen, dass der Coach mit seinem Team an die starken Pokalsaisons 2007/08 und 2008/09 anknüpfen kann. Nachdem vor 15 Jahren erst im Halbfinale Borussia Dortmund zu stark war, erreichte der viermalige FDGB-Pokalsieger im folgenden Jahr noch einmal das Achtelfinale. Endstation hier: Schalke 04.

[>]
Hier wird es brennen. Der Kessel wird voll sein, wir freuen uns ungemein auf dieses Spiel. Das ist etwas Besonderes!
[<]

-René Klingbeil

Die Jenaer im Fokus: Das Kollektiv und eine stabile Defensive sind bei den Thüringern Trumpf. „Wir brauchen zehn Jungs, die laufen wie die Wahnsinnigen, und einen im Tor, der wie eine Krake agiert“, fasst Jenas Coach die Anforderungen zusammen. Die Abwehr um Kapitän Bastian Strietzel und den bereits zitierten Hehne war in der vergangenen Spielzeit die Beste der Regionalliga Nordost (22 Gegentore in 34 Partien). Dahinter hütet mit Kevin Kunz ein Keeper den Kasten, der auch in einem Elfmeterschießen zum Faktor werden könnte – im Halbfinale des letztjährigen Landespokals parierte der 31-Jährige gegen Meuselwitz mehrfach und entscheidend. Doch auch in Richtung gegnerisches Tor ist der 1966 neugegründete Club aufgestellt. Lukas Lämmel (8), Pasqual Verkamp (10), Jonathan Muiomo (8) und Jan Dahlke (7), die zusammen 33 der 59 Saisontreffer des dreimaligen DDR-Meisters erzielten, stehen allesamt noch im Aufgebot. Ein Faktor könnte auch die Heimstärke der Gastgeber werden - im Ernst-Abbe-Sportfeld ist der FC Carl Zeiss seit März 2022 unbesiegt. Jenen bis dato letzten Auswärtssieg feierte übrigens unsere U23.

Peter Pekarík führt den Ball im Test gegen Carl Zeiss Jena.
Das bis dato letzte Duell im Test 2016 ging an unsere Alte Dame.

Die besonderen Duelle: Der einzige Pflichtspielsieg gegen Carl Zeiss gelang unserer Alten Dame vor beinahe genau 18 Jahren. Am 11. August 1995 hieß es auswärts in der 2. Bundesliga 3:0 für Blau-Weiß. Unser heutiger Aufsichtsrat Andreas Schmidt eröffnete seinerzeit den Torreigen, Niko Kovač und Mike Lünsmann sicherten den Sieg. Ähnlich souverän stellten sich unsere Berliner beim bis dato letzten Aufeinandertreffen im Rahmen eines Tests am 16. Juli 2016 an. Mathew Leckie und Alexander Esswein sorgten seinerzeit für einen 2:0-Erfolg. Ebenfalls auf dem Spielberichtsbogen standen damals bereits übrigens Peter Pekarík und Palkó Dárdai.

Die Meinung über unsere Elf: Die Vorfreude auf das Kräftemessen ist groß. Für Klingbeil ist die Begegnung auch aufgrund seiner Herkunft etwas Besonderes. „Wenn du gebürtiger Berliner bist, ist es natürlich ein tolles Los, wenn du die große Alte Dame in Jena begrüßen darfst. Da kommt ein richtiges Brett auf uns zu“, unterstreicht der Übungsleiter. Dass unsere Spreeathener seine Schützlinge auf die leichte Schulter nehmen, bezweifelt der Fußballlehrer. „Hertha hat eigene Ziele und wird uns mit Sicherheit nicht unterschätzen“, sagt Klingbeil, der einen klaren Auftrag an seine Jungs hat. „Du musst vor allem sehr viel laufen, die Lücken schließen und über die Grenzen gehen. Wir haben keine Chance – und die wollen wir nutzen. Es muss ein absoluter Sahnetag werden!“

von Konstantin Keller