
Kiek ma, wer da kommt: St. Pauli
Der FC St. Pauli ist besser als der FC Bayern! Diese These galt nicht nur im Februar 2002, als die Hamburger den deutschen Rekordmeister und damals amtierenden Weltpokalsieger mit 2:0 im direkten Aufeinandertreffen bezwangen, sondern sie hat auch in Bezug auf das laufende Kalenderjahr Bestand: Denn unter Fabian Hürzeler, der beim Kiezclub kurz vor Weihnachten 2022 offiziell als Chefcoach übernahm, sprangen in bislang 24 Punktspielen (16 Siege, sechs Remis, zwei Niederlagen) stolze 54 Zähler heraus. Kein anderes Team brachte es in der 2. Bundesliga währenddessen auch nur annähernd auf eine ähnliche Ausbeute – und auch der Traditionsverein aus München (15 Erfolge, fünf Unentschieden, vier Pleiten) konnte da im Oberhaus nicht mithalten. „Ich bin kein Freund von Statistiken. Jedes Spiel wird anders sein und jedes Spiel bringt neue Herausforderungen“, betont der 30-jährige Übungsleiter vor dem Duell am Samstag (30.09.23, 20:30 Uhr, Tickets hier) mit unserer Alten Dame.
Die sportliche Situation: Beim Zweitligameister von 1977 läuft es rund. Die Braun-Weißen haben als einziges Team der Liga noch keine Begegnung in dieser Spielzeit verloren, zudem stellen die Norddeutschen mit lediglich vier Gegentreffern die beste Defensive. „Siege geben immer Selbstvertrauen. Das trägt dann auch dazu bei, dass der Einzelne besser wird und sich besser entwickelt“, unterstreicht Hürzeler. „Diese Qualität, die zu den Erfolgserlebnissen führt, beinhaltet Kompaktheit, Zusammenhalt und das gemeinsame Verteidigen“, so der Fußballlehrer, der bei der jüngsten Niederlage des FCSP außerhalb der Hamburger Stadtgrenze noch als Assistent von Timo Schultz auf der Bank saß. Auf fremden Platz unterlagen die Kiezkicker vor der Partie im April beim Hamburger SV (3:4) zuletzt nämlich im November 2022 bei Fortuna Düsseldorf (0:1).
Die St. Paulianer im Fokus: Bei den beiden vergangenen Erfolgen der Elbstädter über Kiel (5:1) und Schalke 04 (3:1) trumpfte jeweils Marcel Hartel groß auf. Der zentrale Mittelfeldspieler steht nach sieben Einsätzen schon bei vier Treffern und versprühte dabei vor allem Gefahr aus der zweiten Reihe. Distanzversuche zählen ohnehin zu den Stärken der Hürzeler-Schützlinge: Bereits fünf Treffer durch Schüsse von außerhalb des Strafraums bedeuten den Spitzenwert in Liga 2. „Cello hat zwischen beiden Sechzehnern eine unfassbare Qualität, er ist ein absoluter Leader-Typ“, lobt Innenverteidiger Hauke Wahl seinen Teamkollegen Hartel. Der 27-Jährige war im Sommer 2021 von Arminia Bielefeld ans Millerntor gewechselt. In Abwesenheit des verletzten Jackson Irvine trug der gebürtige Kölner zuletzt sogar die Kapitänsbinde. Im Olympiastadion könnte der Australier zumindest wieder zum Kader gehören. In der Sturmspitze kämpfen in Johannes Eggestein und Simon Zoller derweil zwei bundesligaerfahrene Akteure um einen Platz in der Startaufstellung.

Die besonderen Duelle: Eine spezielle Begegnung kommt auf Jeremy Dudziak zu. Unsere Nummer 19 lief zwischen 2015 und 2019 für den Kiezclub auf. „Ich weiß ganz gut, welche Wucht der FC St. Pauli mit seinen Anhängern auch auswärts entfachen kann. Da müssen wir als Team mit den Fans auf den Rängen als blau-weiße Einheit gegenhalten. Uns erwartet eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die wir aber mit Selbstvertrauen angehen“, sagt unser 28-jähriger Linksverteidiger, der beim höchsten Heimsieg unserer Alten Dame gegen ein Team von der Reeperbahn noch nicht das Licht der Welt erblickt hatte: Im Februar 1978 behielt die Elf von Kuno Klötzer mit 5:0 die Oberhand. Karl-Heinz Granitza trug sich dabei gleich dreifach in die Torschützenliste ein, außerdem traf neben Bernd Gersdorff auch Holger Brück. Letztgenannter feiert am Samstag beim neuerlichen Aufeinandertreffen mit St. Pauli seinen 76. Geburtstag.
Die Meinung über unsere Elf: Auch im braun-weißen Lager blicken die Protagonisten dem Kräftemessen gespannt entgegen. „Viele von uns, die noch nie im Olympiastadion gespielt haben, freuen sich sehr darauf. Die Berliner hatten zunächst einige Probleme, scheinen sich jetzt aber zu stabilisieren“, verrät Eggestein. Auch der Trainer des 25-Jährigen erkennt eine positive Entwicklung bei unseren Jungs: „Uns erwartet eine Mannschaft, die über eine enorme individuelle Qualität verfügt. Der neu zusammengestellte Kader hat Zeit gebraucht, um sich zu finden. In den letzten Spielen haben die Herthaner kompakter agiert und deutlich weniger gegnerische Torschüsse zugelassen. Sie wissen, wie man verteidigt, sind aber immer auch in der Lage, ein Tor zu schießen“, skizziert Hürzeler. „Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass sie uns stressen und hoch pressen werden. Da gilt es dann, Lösungen zu finden. Das ist auch unser Anspruch. Es wird eine große Herausforderung, in Berlin zu bestehen“, so der Coach.