Emilio Eichler führt den Ball.
Club | 14. November 2023, 17:12 Uhr

„Das war ein runder Abschluss“

Emilio Eichler gilt als eines der größten Nachwuchstalente im deutschen Blindenfußball. Der 16-Jährige ist nicht nur Hertha-Fan, sondern trug auch drei Jahre lang das Trikot der Blindenfußball-Bundesliga-Mannschaft unseres Hauptstadtclubs. Nun verlässt der Nationalspieler die Alte Dame und läuft künftig für den amtierenden deutschen Meister SF/BG Blista Marburg auf. „Die Entscheidung fiel mir auf gar keinen Fall leicht. Aber ich habe in Marburg mit der Oberstufe begonnen. Somit ist der Weg zum Training deutlich näher als die fünfstündige Fahrt nach Berlin“, erklärt der Offensivmann im Interview. Zuvor hatte der Herthaner mit unseren Spreeathenern noch einmal den dritten Platz beim Sächsischen Blindenfußball-Cup geholt, Berlin verlässt er mit guten Erinnerungen und einigen Souvenirs im Gepäck. „Ich habe vom Team ein Geschenk bekommen, eine kleine Aufmerksamkeit zum Abschied. Den Pokal durfte ich zusätzlich mitnehmen, als Andenken. Das war ein runder Abschluss“, bilanziert Eichler, der mit herthabsc.com über seine abschließende Saison mit der Fahne auf der Brust, seine Entwicklung im blau-weißen Jersey und seine Zukunftswünsche gesprochen hat.

herthabsc.com: Emilio, vielen Dank, dass du dir die Zeit für unser Gespräch genommen hast. Zuallererst: Wie geht es dir?
Eichler: Mir geht’s fantastisch, ich hatte gerade eine Englisch-Klausur und glaube, es ist ganz gut gelaufen (lacht).

herthabsc.com: Das freut uns! Dann lass uns nun zum Sport kommen. Du bist in deiner abschließenden Spielzeit mit Hertha zum dritten Mal hintereinander Fünfter in der Bundesliga geworden. Wie fällt dein Fazit aus?
Eichler: Ich hätte schon gerne eine bessere Platzierung zum Abschluss erreicht, wenigstens den vierten Platz. Wir haben sogar lange vom dritten Platz geträumt, deshalb ist es ein bisschen traurig, dass es nicht geklappt hat. Aber ich fand es schön, zum Abschied das Hallenturnier in Leipzig für Hertha zu spielen. Das war noch einmal richtig cool.

herthabsc.com: Du sprichst den Sächsischen Blindenfußball-Cup an, der jährlich stattfindet. Bei dem Turnier habt ihr den dritten Platz erreicht. Gab es vielleicht sogar eine kleine Party?
Eichler: Es war – bis auf die Platzierung – ein super Ausstand. Gemeinsam mit der Mannschaft nochmal ein Turnier zu spielen, alle nochmal wieder zu treffen, das war etwas ganz Besonderes. Ich habe vom Team auch ein Geschenk bekommen, eine kleine Aufmerksamkeit zum Abschied. Den Pokal für den dritten Platz durfte ich zusätzlich mitnehmen, als Andenken an mein letztes Turnier mit Hertha. Das war ein runder Abschluss. Als Kirsche auf der Torte hat eben nur der Turniersieg gefehlt. Leider haben wir das letzte Spiel mit 0:1 verloren. Im gesamten Turnierverlauf hatten wir zuvor kein einziges Gegentor kassiert – das war dann umso ärgerlicher.

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Als ich angefangen habe, musste ich erstmal lernen, was Dribbling im Blindenfußball bedeutet, wie man Blindenfußball überhaupt spielt. Und jetzt stehe ich schon das zweite Jahr in der Nationalmannschaft – das ist ein tolles Gefühl. Es ist einfach ein cooler Sport!
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-Emilio Eichler

herthabsc.com: Nun führt dich dein Weg nach Marburg. Wie schwer ist es dir gefallen, unseren Verein zu verlassen? Was hat dich vom Wechsel nach Hessen überzeugt?
Eichler: Die Entscheidung fiel mir auf gar keinen Fall leicht. Aber ich habe in Marburg mit der Oberstufe begonnen. Somit ist der Trainingsweg deutlich näher als die fünfstündige Fahrt nach Berlin. Es war es eine logische Entscheidung, nächste Saison dort zu spielen. Ich habe schon vor zwei Jahren davon geträumt und mir vorgenommen, in Marburg mein Abitur zu machen, weil es am dortigen Gymnasium die besten Ausbildungsmöglichkeiten für Menschen mit Sehbehinderung gibt. Außerdem komme ich in eine Top-Mannschaft, die nächstes Jahr hoffentlich wieder Meister wird (lacht).

herthabsc.com: Man merkt, du steckst dir große Ziele. Hast du denn deine zukünftigen Teamkollegen kennengelernt oder bist du sogar schon im Training gewesen?
Eichler: Ich habe für die Schule eine Probewoche absolviert und durfte da bereits einmal mittrainieren. Jetzt bin ich direkt ins Mannschaftstraining eingestiegen. Vor drei Wochen war ich mit den Marburgern in Belgien und habe da mein erstes Turnier mit ihnen gespielt – und wir haben den ersten Platz geholt! Das war ein super Einstieg, alle sind wirklich nett. Ich kannte einige Mitspieler auch schon aus der Nationalmannschaft. Das hat mir den Start erleichtert.

herthabsc.com: Du sprichst es an: Du bist in deinem jungen Alter bereits Nationalspieler, spielst ab kommender Saison bei der besten deutschen Mannschaft im Blindenfußball – woran möchtest du noch arbeiten?
Eichler: Generell muss ich sagen, dass ich schon sehr zufrieden mit mir bin. Ich finde: Kann man so machen (lacht). Ich denke aber auch, dass man sich immer verbessern kann. Die kontrollierte Ballbehandlung ist auf jeden Fall noch etwas, woran ich arbeiten möchte. Wichtig ist, dass man die Tempowechsel im Spiel dosiert einbringt. Manchmal bin ich einfach zu schnell vorne und kann den Ball dann nicht mehr richtig kontrollieren, obwohl ich eigentlich alle Zeit der Welt hätte.

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Cool fand ich, dass wir letzte und diese Saison zwei türkische Nationalspieler in der Mannschaft hatten. Obwohl wir nicht dieselbe Sprache gesprochen haben, haben wir uns trotzdem verstanden. Da hat man wieder einmal gemerkt: Der Fußball verbindet!
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-Emilio Eichler

herthabsc.com: Lass uns zum Abschluss noch einmal zusammen Bilanz ziehen. Wie ordnest du deine Zeit im blau-weißen Trikot ein? 
Eichler: Ich bin mit meiner Entwicklung richtig, richtig zufrieden. Als ich angefangen habe, musste ich erstmal lernen, was Dribbling im Blindenfußball bedeutet, wie man Blindenfußball überhaupt spielt. Und jetzt stehe ich schon das zweite Jahr in der Nationalmannschaft – das ist ein tolles Gefühl. Es ist einfach ein cooler Sport!

herthabsc.com: Für dich war und ist das blau-weiße Trikot etwas Besonderes, da du auch Fan unserer Alten Dame bist. Dementsprechend wirst du unserem Verein sicherlich auch in der Zukunft verbunden bleiben?
Eichler: Ja, auf jeden Fall! Ich habe im Team schon angekündigt, dass ich in den Weihnachtsferien bei den alten Kollegen im Training vorbeischauen werde. Man ist ja nicht aus der Welt!

herthabsc.com: Abschließend: Gibt es ein besonderes Erlebnis, das du immer mit deiner Zeit als Spieler von Hertha BSC verbinden wirst?
Eichler: Cool fand ich, dass wir in den vergangenen beiden Saisons zwei türkische Nationalspieler in der Mannschaft hatten. Bei ihnen konnte ich während unserer Trainingseinheiten richtig viel lernen. Man nimmt viel mit, auch, wenn man einfach nur Fußball spielt. Die Kommunikation ist so wichtig beim Blindenfußball, und obwohl wir nicht dieselbe Sprache gesprochen haben, haben wir uns trotzdem verstanden. Das war eine wirklich spannende Erfahrung. Da hat man wieder einmal gemerkt: Der Fußball verbindet!

von Celine Jäntsch