
Dieser Moment, als ich Herthaner wurde
War es der erste Schal, den eure Eltern euch auf dem Weg zum Spiel gekauft haben? War es der erste durchs Olympiastadion hallende Hertha-Fangesang, der euch nachhaltig beeindruckt hat? Oder doch die Kunststücke einzelner Blau-Weißer auf dem grünen Rasen – von Ete Beer über Marcelinho bis hin zu Marko Pantelić? Jede Herthanerin und jeder Herthaner hat einen eigenen Weg in unsere blau-weiße Familie. Gemeinsam mit Exklusiv-Partner Berliner Kindl sucht unser Hauptstadtclub genau diese Geschichten – diesen Moment, als ihr Herthaner geworden seid.
Andreas Kiese kann über einen besonderen Werdegang erzählen. Der Angestellte in der Konzernsicherheit eines großen Verlagshauses ist 1974 in Strausberg geboren und in der DDR aufgewachsen. Besuche im Olympiastadion waren während der Kindheit für ihn somit nicht möglich, und der Verein war für den kleinen Andreas auch eher weit weg: „Als Knirps stand ich lieber selbst auf dem Bolzplatz in Petershagen. Zu der Zeit war ich nicht so der glühende Blau-Weiße, mein einziger Bezug war die Sportschau“, so der Hertha-Fan mit Blick auf seine Jugend. Das sollte sich jedoch ändern, und dafür war vor allem eine Person verantwortlich: Andreas' Papa, der nämlich ein Anhänger unserer Spreeathener war. „Unser Verein war immer Thema bei uns. Mein Vater war vor dem Mauerbau Stadiongänger bei Hertha“, so Kiese über das Verhältnis seines Vaters zur Alten Dame. Eine Beziehung, die die deutsche Teilung unterbrach – aber die niemals verging.
Alte Liebe des Vaters – neue Liebe des Sohns
Die Geduld des Vaters sollte sich auszahlen: Am 9. November des Jahres 1989 fiel die Mauer. Berlin wurde wieder zu einer Stadt. Zwei Tage später fand die erste Partie von Hertha BSC nach Überwindung der deutschen Teilung statt, das legendäre Spiel am 11. November gegen die SG Wattenscheid 09 in der 2. Bundesliga. Kiese Senior wollte sich das Aufeinandertreffen im Olympiastadion auf keinen Fall entgehen lassen. „So kannte ich meinen Vater nicht. Am Freitag nach dem Mauerfall, am 10. November, gab es nur ein Thema für ihn: ‚Andy, wir fahren am Samstag ins Stadion. Ich kann und darf meine Hertha wiedersehen‘. Mein Vater war Heizungsbauer und Schweißer; Emotionen waren eigentlich nicht so seine Sache. So nervös hatte ich ihn noch nie gesehen“, beschreibt Andreas Kiese seinen aufgeregten alten Herrn. Beide saßen am nächsten Tag tatsächlich auf dem Weg in den Berliner Westen im Zug – ein Ereignis, dass Kieses Vater in jeglicher Hinsicht zelebrieren wollte. „Wir hätten ja eigentlich mit unserem DDR-Ausweis kostenlos ins Stadion gekonnt, aber das war für ihn keine Option. Er wollte unbedingt die Eintrittskarte haben“, berichtet der Anhänger. Im weiten Rund angekommen, nach den ersten lauten Ha Ho He-Schlachtrufen und dem Beginn der Partie, konnte sein Vater sich schließlich nicht mehr zurückhalten. „Ich traute meinen Augen nicht: Mein Vater stand da und weinte kurz nach dem Anpfiff. Das war für mich einfach unglaublich“, erinnert sich der Herthaner an diesen emotionalen Moment.
[>]Ich konnte meinen Augen nicht trauen: Mein Vater stand da und weinte kurz nach dem Anpfiff. Das war für mich einfach unglaublich.[<]
Nach diesem schicksalhaften Tag war es um den Sohn geschehen – selbst wenn er nicht an der Spree war, von nun an war die Alte Dame Teil seines Lebens. „Auch zu meiner Lehrzeit außerhalb Berlins: Die Heimspiele mit meinem Vater waren gesetzte Termine“, berichtet Kiese. So begleitet er die Geschichte unserer Blau-Weißen seither mit allem, was dazugehört – auch auswärts. „Meinen Vater in Mailand oder Prag im Champions-League-Jahr zu sehen, war einfach wunderschön“, sagt der 49-Jährige bezogen auf die erfolgreiche Phase Ende der 90er. Leider ist Kieses Vater inzwischen verstorben, doch die gemeinsame Liebe bleibt. „Diese kleine Pflanze, die am 11. November 1989 gepflanzt wurde, ist nun ein gewachsener Baum. Hertha BSC ist und bleibt mein Verein!“, schließt das Hertha-Mitglied seine Geschichte.