Uwe Koschinat applaudiert seiner Mannschaft.
Profis | 15. Dezember 2023, 14:55 Uhr

Kiek ma, wer da kommt: Osnabrück

In der vergangenen Saison hatte der VfL Osnabrück zu Beginn so seine Probleme, einen erfolgsversprechenden Rhythmus aufzunehmen. Mit zwei siegreichen Auftritten vor der langen Winterpause in der 3. Liga legten die Niedersachsen schließlich jedoch den Grundstein für einen furiosen Lauf nach dem Jahreswechsel, der schlussendlich sogar zum Aufstieg führte. Eine Spielklasse höher sahen sich die Lila-Weißen erneut Anlaufschwierigkeiten ausgesetzt. Diese führten sogar dazu, dass Tobias Schweinsteiger Mitte November gehen musste. Uwe Koschinat übernahm für den Mann, der die Rückkehr ins deutsche Unterhaus verantwortete, an der Seitenlinie. Unter dem neuen Trainer soll nun erneut ein möglichst ertragreicher Jahresausklang gelingen. Mut macht dabei das 1:1-Unentschieden vor Wochenfrist gegen den Tabellenführer FC St. Pauli. „Nach so einem Spiel geht man mit einer besseren Laune in die Woche, wir wollen die Stimmung in die nächste Partie mitnehmen“, betont Linksaußen Charalambos Makridis vor der Auswärtsaufgabe am Samstag (16.12.23, 13:00 Uhr, Tickets bestellen) bei unserem Hauptstadtclub. Vor dem anstehenden Kräftemessen nimmt herthabsc.com die Auswahl von der Bremer Brücke genau unter die Lupe.

Die sportliche Situation: Die missliche Lage, in der sich der Traditionsclub befindet, lässt sich mit Fakten untermauern. Das Schlusslicht der 2. Bundesliga wartet seit neun Punktspielen auf einen Sieg. Zudem beträgt der Rückstand auf den Relegationsplatz bereits neun Zähler – noch nie waren es seit Einführung der Drei-Punkte-Regel zu diesem Zeitpunkt mehr. Nichtsdestotrotz sagt Koschinat: „Es ist eine kontinuierliche Steigerung zu sehen. Gegen St. Pauli haben wir vor allem nach der Pause unseren Plan mit so viel Leben gefüllt, dass wir mit dem Spitzenreiter auf Augenhöhe agiert haben“, so der Übungsleiter, dessen Team bereits mehrfach Qualitäten als Favoritenschreck aufblitzen ließ. Gegen die Top 3 der Liga verlor der VfL nicht: Sieben seiner acht Zähler fuhr der Aufsteiger im Duell mit Teams aus der oberen Tabellenhälfte ein, der einzige Sieg gelang gegen den Hamburger SV. „Wenn wir mit viel Leidenschaft auf den Platz gehen, kann sich etwas entwickeln, das sich häufiger beobachten lässt, wenn David gegen Goliath spielt“, orakelt der Fußballlehrer auch vor der Begegnung mit unserer Alten Dame. Pál Dárdais Schützlinge sollten also gewarnt sein.

Die Osnabrücker im Fokus: Koschinat beschreibt sein Aufgebot wie folgt: „Wir haben eine Kombination aus zwei Faktoren: Erstens ist die 2. Liga Neuland für viele Spieler. Zweitens sind wir eine Mannschaft, die stets eine sehr hohe Aktivität benötigt.“ Der 52-Jährige, der zuvor Arminia Bielefeld gecoacht hatte, konkretisiert: „Mit einem hohen läuferischen Aufwand und viel Mut können wir andere Mannschaften bespielen. Wir müssen den Gegner aber permanent stressen“, so der gebürtige Koblenzer weiter. Während Koschinat an der Spree in Kapitän Timo Beermann (verletzt) und Niklas Wiemann (gesperrt) gleich zwei Linksfüße für die Innenverteidigung nicht zur Verfügung stehen, hält sich Oumar Diakhité als Ersatz bereit. Der physisch starke Rechtsfuß dürfte sich aller Voraussicht nach um Haris Tabaković kümmern. Außerdem nahm der Osnabrücker Trainer zuletzt einen Tausch zwischen den Pfosten vor. Statt des vom 1. FC Union ausgeliehenen Lennart Grill steht dort nun Philipp Kühn. „Er ist nervenstark und kann emotionalisieren“, sagt Koschinat über den erfahrenen Schlussmann.

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Wenn wir mit viel Leidenschaft auf den Platz gehen, kann sich etwas entwickeln, das sich häufiger beobachten lässt, wenn David gegen Goliath spielt.
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-Uwe Koschinat

Die besonderen Duelle: Letztmals standen sich beide Vereine im April 2011 gegenüber – auch damals ging es in der 2. Bundesliga um Punkte. Dank der Doppelpacks von Pierre-Michel Lasogga sowie Adrián Ramos behielten unsere Blau-Weißen mit 4:0 die Oberhand. Funfact: Bei den Gästen saß Manuel Riemann, der mittlerweile das Tor des VfL Bochum hütet, 90 Minuten lang auf der Bank. Spektakulär verlief auch der 5:2-Erfolg unserer Berliner im April 1986. Zunächst schossen Dieter Timme, Alf Fistler, Thorsten Schlumberger sowie Dirk Lellek zu Hause einen 4:0-Vorsprung für unsere Farben heraus. Alle weiteren Treffer in diesem erneuten Zweitliga-Vergleich besorgte dann Paul Linz, der aus seiner Sicht zwei Mal richtig und einmal falsch einnetzte.

Die Meinung über unsere Elf: Der Coach des Kontrahenten hat sich intensiv mit unseren Spreeathenern auseinandergesetzt. „Die Herthaner haben für sich inzwischen eine klare Mannschaft identifiziert: Zum einen die vielen Eigengewächse, die mit Stolz für den Verein spielen – zum anderen zahlreiche Führungsspieler, die sich in einer hervorragenden Verfassung befinden. Dies ist eine tolle Mischung, zumal sich alle dem vorgegebenen Weg verschrieben haben. Wir erwischen Hertha vermutlich in der besten Phase. Nichtsdestotrotz wollen wir mutig auftreten“, verrät der Coach, der hinzufügt: „Hertha ist in der Lage aus dem Nichts heraus zu beschleunigen und zu explodieren. Wir haben die Tore der letzten Wochen einmal zusammengeschnitten: Das wirkt oft zunächst unscheinbar, aber sobald die Berliner einen höheren Gang einlegen, schießen sie auch qualitativ hochwertige Tore, die so seltener in der 2. Liga zu sehen sind“, skizziert Koschinat. Trotz allem wittert der Übungsleiter eine Chance für seine Mannen. „Hertha steht unter dem Druck, zum Jahresabschluss gewinnen zu müssen, um ganz oben dranzubleiben. Möglicherweise führt dies zu Ungeduld und keiner optimalen Absicherung in der Defensive. Dann könnten wir unsere Möglichkeiten tatsächlich bekommen. Die Grundvoraussetzung dafür ist aber, dass wir sehr, sehr körperlich unterwegs sind“, blickt Koschinat voraus.

von Erik Schmidt