Mayson Grothe, Daniel Mrohs und Kennet Eichhorn im Internatszimmer.
Akademie | 8. Juni 2024, 12:03 Uhr

Jestatten: Kennet, Mayson & Daniel

Gleich rechts hinter der schweren Tür, die in das Internat der Fußball-Akademie von Hertha BSC führt, liegen die ersten beiden Zimmer. Ganz am Anfang des gefühlt kilometerlangen Flurs gibt es dort seit wenigen Monaten drei neue Bewohner: Kennet Eichhorn und Mayson Grothe auf der einen sowie Daniel Mrohs auf der anderen Seite, dazwischen ein gemeinsames Bad. Die drei Jungs teilen sich aber nicht nur Dusche und WC, sondern kicken in dieser Konstellation seit fast sechs Jahren gemeinsam bei unserem Hauptstadtclub – aktuell laufen sie für die blau-weiße U15 auf. Unter der Leitung von Kostas Kotsifakis sicherte sich die Auswahl nach dem Triumph im Nike-Youth-Cup kürzlich auch den Titel in der C-Junioren-Regionalliga Nordost. Aus 25 Begegnungen sprangen beeindruckende 20 Siege und drei Remis heraus, lediglich zwei Partien gingen verloren. Ein Auftritt steht noch aus. Obendrein überzeugten die Blau-Weißen bei zahlreichen Vergleichen und Turnieren auf nationaler sowie internationaler Ebene – wie beispielsweise Ende April in Tschechien. „Die Erfolge sind weder für diesen Jahrgang noch für uns als Trainerteam selbstverständlich, sondern das Resultat harter Arbeit“, betont der Fußballlehrer, den in Tunay Torun und Patrick Ebert zwei Ex-Profis unserer Alten Dame unterstützen.

Eichhorn, Grothe und Mrohs zählen zu den absoluten Leistungsträgern im Kotsifakis-Team. Der 27-Jährige leitet das Trio dabei schon insgesamt vier Saisons an. Zunächst als Assistenzcoach, seit Beginn dieser Spielzeit als Cheftrainer. „Daraus resultiert eine besondere Verbindung zu jedem von ihnen“, unterstreicht der Übungsleiter. „Ich erinnere mich noch daran, als sie sich nicht einmal ihre Schuhe richtig zubinden konnten. Ob als Fußballer oder Persönlichkeit – ich habe die Entwicklung der Jungs intensiv beobachten und ihnen dabei sogar helfen dürfen“, fügt Kotsifakis mit gewissem Stolz hinzu.

Kennet Eichhorn im Duell mit einem Gegenspieler.
Mit dem Adler auf der Brust: Kennet Eichhorn feierte im Mai seine Premiere beim Nationalteam.

Aufgrund ihrer Leistungen mit der Fahne auf der Brust spielten sich die Berliner auch in den Fokus des DFB. Während Grothe und Mrohs bei Lehrgängen reinschnupperten, absolvierte Eichhorn bereits zwei offizielle Länderspiele für die U15-Auswahl. Anfang Mai lief der 14-Jährige in beiden Tests gegen die Niederlande auf. Nationaltrainer Christian Wück gestattete es dem zentralen Mittelfeldspieler sogar, zwischen den in Bad Pyrmont stattfindenden Aufeinandertreffen zum Finale des Berlin-Pokals in die Hauptstadt zurückzureisen. Beim 5:1-Sieg über den SV Empor verteilte Eichhorn nicht nur wie gewohnt mit erstaunlicher Zuverlässigkeit das Spielgerät, sondern trug sich auch in die Torschützenliste ein. „Kenny besitzt ein hervorragendes taktisches Verständnis, eine unfassbare Ruhe am Ball und eine große Spielintelligenz“, fasst Kotsifakis zusammen. „Er vereint in besonderem Maße alle Fähigkeiten, die für seine Position entscheidend sind.“ Auf dem Platz trägt der junge Herthaner den Kopf immer oben, um permanent Mit- und Gegenspieler sowie mögliche Räume zu scannen. Dabei lässt er sich so gut wie gar nicht von der Murmel trennen. Zwar verpasste Eichhorn den Start in die Spielzeit aufgrund eines Mittelfußbruchs, dennoch schlüpfte die Nummer 8 anschließend schnell wieder in eine Führungsrolle. Diese untermauert auch die Binde, die der Rechtsfuß regelmäßig am Arm trägt. „Kenny ist von seinem ganzen Wesen ein Kapitän. Zudem verfügt er über eine beeindruckende Reife, er ist sehr klar und fokussiert. Das hilft ihm, stets bei sich zu bleiben“, verrät der Coach des aus Mühlenbeck in der brandenburgischen Oberhavel stammenden Talents.

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Kenny ist von seinem ganzen Wesen ein Kapitän. Zudem verfügt er über eine beeindruckende Reife, er ist sehr klar und fokussiert.
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-Kostas Kotsifakis

Schon im Alter von vier Jahren begann Eichhorn dem runden Kunstleder nachzujagen. Nach einem Jahr bei Herthas Vision wechselte der Blau-Weiße in die U9 unseres Hauptstadtclubs. „Mein Papa hat mich damals von der Arbeit aus angerufen und mir erzählt, dass ich zu Hertha gehen kann. Ich habe anschließend Freudensprünge gemacht“, erinnert sich der Youngster, der Kevin De Bruyne, Sergio Busquets sowie Toni Kroos zu seinen Vorbildern zählt. Inzwischen feierte der Zehntklässler nicht nur sein Debüt in der Nationalmannschaft, sondern auch in der B-Junioren-Bundesliga: Beim 1:1-Unentschieden unserer U17 Ende April in Dresden. Ein weiteres Highlight dieser Spielzeit stellte der prestigeträchtige Pape-Cup dar. Unter dem Hallendach in Magdeburg setzten sich unsere Berliner zum einen als Mannschaft die Krone auf, zum anderen erhielt Eichhorn die Auszeichnung für den besten Spieler. „Die Saison verläuft unbeschreiblich“, bilanziert der Teenager. „Unser Trainerteam ist super! Wir haben uns extrem schnell entwickelt, gewinnen so ziemlich alles, sind aber auch wieder zusammengewachsen und haben sehr viel Spaß gemeinsam.“ Apropos Spaß: Den haben die Jungs auch im Internat. In der aufgrund von Schule, Kraft-, Individual- sowie Teamtrainings seltenen Freizeit zockt das U15-Trio mit den anderen Bewohnern regelmäßig Basketball oder aber auch Videospiele im großen Aufenthaltsraum. Abends schauen sie sich die Partien der UEFA Champions League an. „Alle Jungs und Betreuer sind gut drauf und haben Humor. Außerdem schmeckt das Essen“, erzählt Eichhorn schmunzelnd. Durch den Teilweise-Umzug – mindestens zwei Tage die Woche verbringt der 14-Jährige zu Hause – bleibt mehr Zeit zum Lernen. Da sich die Poelchau-Schule ebenfalls im Olympiapark und damit in unmittelbarer Nähe befindet, verläuft der Alltag insgesamt deutlicher stressfreier.

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Mayson ist ein Linksverteidiger, wie man sich ihn wünscht und für uns quasi unverzichtbar.
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-Kostas Kotsifakis

Mayson Grothe im Porträt.
Fühlt sich links hinten wohler als zwischen den Pfosten: Mayson Grothe.

Aus den gleichen Gründen verschlug es auch Zimmergenosse Grothe ins Internat. „Wir kommen sehr gut miteinander klar. Auch die Pädagogen Stephan (Wall, Anm. d. Red.), Robin (Stasik, Anm. d. Red.) und Damien (Kollmorgen, Anm. d. Red.) sind richtig nett“, berichtet der 15-Jährige, der ursprünglich aus Hellersdorf kommt und einst über Eintracht Mahlsdorf und den 1. FC Union in der U10 unserer Alten Dame landete. In seine Anfangszeit fiel dabei eine ganz besondere Anekdote: Bei einem Hallenturnier in Dessau fungierte der Herthaner als fliegender Torwart und bekam nach dem 2:1-Finalsieg gegen den FC Utrecht die Urkunde für den besten Schlussmann überreicht. Dabei fühlte sich Grothe schon damals im Feld – und zwar links hinten – deutlich wohler. Der Außenverteidiger besticht durch seinen enormen Vorwärtsdrang sowie seine unbändige Dynamik. „Mayson ist ein Linksverteidiger, wie man sich ihn wünscht“, verdeutlicht Kotsifakis. „Defensiv und individual-taktisch hat er zuletzt enorme Schritte gemacht und sich in die richtige Richtung entwickelt. Er verfügt über Speed, agiert umtriebig, besitzt besondere Qualitäten im Eins-gegen-eins und ist äußerst ehrgeizig“, beschreibt der Übungsleiter seine Nummer 17. Der Linksfuß tritt immer wieder auch aufgrund seiner gefährlichen Hereingaben und Standards als Torschütze sowie Vorlagengeber in Erscheinung. „Mayson ist für uns quasi unverzichtbar“, betont der Coach.

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Daniel ist als Typ genau wie sein Spiel: total lebendig. Er kann zwei, drei Gegenspieler auf einem Bierdeckel stehen lassen.
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-Kostas Kotsifakis

Allerdings fehlte Grothe im Verlauf der Rückrunde mit einem Muskelbündelriss im Hüftbeuger mehrere Wochen lang. Die Verletzung hatte er sich ausgerechnet beim DFB-Lehrgang zugezogen. „Dort ist das Niveau sehr hoch. Außerdem kenne ich die anderen nicht so gut wie im Verein. Ich weiß also auch nicht so genau, welche Bewegungen sie machen“, benennt der Neuntklässler, der sich mit Blick auf hohe Bälle sowie seinen rechten Fuß verbessern will, einen entscheidenden Unterschied. Kommende Saison hofft der Blau-Weiße auf seine Premiere in der U17. Langfristig träumt er davon, Profi bei unserem Hauptstadtclub zu werden und im weiten Rund aufzulaufen. „Das Olympiastadion ist geil, ich bin fast bei jedem Heimspiel dabei“, sagt der Defensivakteur. Die Spielstätte unserer Alten Dame bedeutet auch für Klassenkamerad Mrohs einen Sehnsuchtsort – befindet sie sich doch sogar gerahmt in seinem Internatszimmer. „Es muss ein tolles Gefühl sein, in der Schüssel zu spielen – so laut wie die Fans immer sind.“ An der gegenüberliegenden Wand hängt unterdessen ein Trikot von Lionel Messi, dem Idol des 15-Jährigen aus Brieselang. „Wegen ihm ist die 10 auch meine Lieblingsnummer“ erklärt der offensive Mittelfeldspieler, der sich im Zentrum am wohlsten fühlt. Vor seinem Wechsel in die U9 unseres Hauptstadtclubs lief der gebürtige Berliner für Tennis Borussia, den SC Siemensstadt sowie den SC Staaken auf. Bei Herthas Vision machte er auf sich aufmerksam und erfüllte sich damit einen Traum.

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Ich fühle mich einfach wohl – denn ich bin hier mit meinen besten Freunden zusammen!
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-Daniel Mrohs

Daniel Mrohs posiert mit der Auszeichnung zum Man of the Match.
Man of the Match: Daniel Mrohs trumpfte im Finale des Nike-Youth-Cup auf.

Für seine Gegenspieler ist Mrohs auf dem Rasen nur schwierig zu greifen, mit flinken Haken entzieht er sich ihnen wieder und wieder gekonnt. „Daniel ist als Typ genau wie sein Spiel: total lebendig“, skizziert Kotsifakis. „Er ist ein Bewegungsgenie und kann zwei, drei Gegenspieler auf einem Bierdeckel stehen lassen. Diese Qualität, die in Deutschland immer wieder vermisst wird, füllt er komplett aus. Daniel ist kaum vom Ball zu trennen“, schwärmt der Coach weiter. Sohlenzieher und Zidane-Rolle zählen ebenfalls zu seinem Repertoire. „Ich würde mich selbst als einen kleinen, nervigen und vor allem dribbelstarken Spieler beschreiben. Gegen Kenny und Isaiah (Seretis, Anm. d. Red.) ist es schwierig, sonst komme ich eigentlich an jedem vorbei“, verrät der Youngster mit dem für ihn typischen Grinsen. In dieser Saison hat sich die Nummer 10, die früher auch ab und zu als Rechtsverteidiger ranmusste, in verschiedenen Bereichen gesteigert. „Ich laufe mehr, gehe häufiger ins Eins-gegen-eins und suche öfter den Abschluss. Daran hat unser Trainerteam einen großen Anteil“, erklärt Mrohs. Im Finale des Nike-Youth-Cups heimste er die Ehrung zum Man oft he Match ein. Der Übungsleiter des Neuntklässlers betont zudem: „Der Scorerwert bietet bei Daniel noch Luft nach oben. Wir arbeiten an dieser Thematik, damit er in den Schlüsselmomenten zusätzliche Effizienz in sein Spiel bekommt. Aber auch da wird er immer besser.“ Darüber hinaus hat der Umzug ins Internat eine gewisse Wirkung erzielt. „Dieser Schritt war ein voller Erfolg und tat allen drei gut. Auch in Sachen Persönlichkeitsentwicklung ist seitdem einiges passiert“, unterstreicht Kotsifakis. Eichhorn und Grothe machten den Anfang, Mrohs folgte kurze Zeit später. Letzterer hält fest: „Zwar sehe ich meine Familie nur noch am Wochenende, aber insgesamt gibt es viele Vorteile. Ich fühle mich einfach wohl – denn ich bin hier mit meinen besten Freunden zusammen!“

von Erik Schmidt