
Dieser Moment, als ich Herthaner wurde
War es der erste Schal, den eure Eltern euch auf dem Weg zum Spiel gekauft haben? War es der erste durchs Olympiastadion hallende Hertha-Fangesang, der euch nachhaltig beeindruckt hat? Oder doch die Kunststücke einzelner Blau-Weißer auf dem grünen Rasen – von Ete Beer über Marcelinho bis hin zu Marko Pantelić? Jede Herthanerin und jeder Herthaner hat einen eigenen Weg in unsere blau-weiße Familie. Unser Hauptstadtclub sucht genau diese Geschichten – diesen Moment, als ihr Herthaner geworden seid.
Werben. Ein kleiner Ort im Spreewald, rund 1.800 Einwohnerinnen und Einwohner. Dort lebt Marko Kobel, Hertha-Fan seit über 20 Jahren. Was auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich erscheint, wirft bei genauerer Betrachtung die Frage auf, ob logistisch nicht die Verbundenheit zu einem anderen Verein näher läge: „Ich habe selber 30 Jahre lang in meinem Heimatort – beim SV Werben 1892 – Fußball gespielt. Bis zur Landesliga waren wir auch recht erfolgreich. Als ich Anfang 20 war standen wir gemeinsam mit ehemaligen Profis vom FC Energie Cottbus auf dem Platz. Aber all das, was die Jungs uns damals über ihren Verein erzählt haben, hat mich weder sportlich noch aus Fansicht angesprochen“, beschreibt der 49-Jährige sein Verhältnis zum FCE. Die ersten zarten Bande zu unserem Hauptstadtclub knüpfte der Familienvater dann jedoch wegen eines Spruchs, der in den Reihen seines heimischen Fußballclubs hausierte: „Durch das identische Gründungsjahr hat sich der Satz „Es gibt nur zwei Meister an der Spree – SV Werben und Hertha BSC“ etabliert – und das ausgerechnet in der Nähe von Cottbus. Dadurch musste es ja so kommen, dass ich irgendwann auf die Alte Dame aufmerksam geworden bin“, gibt der Herthaner, der jahrelang ohne Herzensverein aktiv die Bundesligen verfolgte, lachend zu.
Spitzenspiel besiegelt blau-weiße Leidenschaft
Am Montag, den 7. April 1997, war es schließlich soweit. Ein heiterer Kneipennachmittag mit Freunden führte zu dem spontanen Entschluss, zu einem Heimspiel unserer Berliner ins Olympiastadion zu fahren. Die Partie an diesem Stichtag: Keine geringere als das Spitzenspiel der 2. Bundesliga in der Saison 1996/97 gegen Tabellenführer Kaiserslautern, den unsere Jungs mit 2:0 im ausverkauften Olympiastadion besiegten. „Plötzlich hieß es: Wir fahren jetzt nach Berlin! Irgendwie haben wir es dann auch noch geschafft vor dem Stadion für alle Karten zu bekommen. Mit etwas Verspätung saßen wir zur zweiten Halbzeit auf unseren Plätzen. Seit diesem Erlebnis bezeichne ich mich als Hertha-Fan“, schwelgt der Erzieher in Erinnerungen.

Doch die regelmäßige Anwesenheit des Spreewälders bei Heim- und Auswärtsspielen blieb zumindest zu diesem Zeitpunkt noch aus. „Mein Fan-Dasein habe ich lange Zeit noch größtenteils vor dem Fernseher verlebt. Das hatte mitunter auch zeitliche Gründe, da ich neben dem Fußballspielen auch als Nachwuchstrainer bei uns im Ort gewirkt habe. So war es an den Wochenenden gar nicht möglich, nach Berlin oder anderswo ins Stadion zu fahren“, begründet Kobel. Den Ausschlag für ein erneutes Aufflammen der Verbundenheit zu unserer Alten Dame gaben schließlich zwei Nachwuchs-Herthaner, wie der Brandenburger schmunzelnd verrät: „Geändert hat sich das dann final mit meinen beiden Söhnen. Als der Große zehn und der Kleine sechs Jahre alt waren, fingen wir wieder an, regelmäßig Heimspiele von Hertha zu besuchen. Da die Kinder auch schon früh Interesse am Sport, dem Verein und allem Drumherum entwickelt haben, hatte ich auch wieder einen Grund, regelmäßig dabei zu sein.“ Es folgten zahlreiche Highlights mit und um unseren Hauptstadtclub. Die Aufstiege 2011 und 2013 sowie ein Besuch im Trainingslager unserer Profis in Österreich 2015. „Immer in Erinnerung bleiben wird mir auch das Bundesligaspiel von Hertha gegen Cottbus 2009, bei dem wir als gebürtige Cottbusser im Auswärtsblock von Hertha dabei waren – inklusive einiger fragender Blicke von Bekannten“, verrät der Dauerkartenbesitzer, der mit seiner Familie seit 2016 die Heimspiele aus dem Unterring der Ostkurve verfolgt.
[>]Die familiäre Stimmung untereinander und das Gefühl, dazuzugehören, ist etwas Besonderes![<]
Eine eingeschworene Gemeinschaft
Die Verbindung zu unserer Alten Dame zementiert sich für den Ehemann jedoch nicht nur in sportlichen Belangen: „Die Beziehung zwischen mir und meinen Söhnen wird durch die gemeinsame Leidenschaft enorm gestärkt! Da beide mittlerweile ausgezogen sind und allein in Berlin leben, ist es letztlich Hertha zu verdanken, dass wir uns bei Heim- und mitunter auch Auswärtsspielen regelmäßig sehen. Der Verein ist sozusagen zu unserem Familientreffpunkt geworden!“ freut sich der Anhänger. Auch über die eigene Familie hinaus schätzt der Exilherthaner die Gemeinschaft unter den Fans: „Ich habe in der Kurve mittlerweile viele Leute kennengelernt, insbesondere von der Faninitiative „Blau-weisses Stadion“ und „65er Bären“. Zum Beispiel hält uns mein Freund Klaus Kuhfeld an Spieltagen unsere Stammplätze in der Ostkurve frei, damit wir gemeinsam die Mannschaft anpeitschen können. Diesen und weitere Menschen hätte ich ohne den Verein vermutlich niemals kennengelernt und das finde ich genial. Insbesondere die familiäre Stimmung untereinander und das Gefühl, dazuzugehören, ist etwas Besonderes!“
Und welche Wünsche hat der Fan für die blau-weiße Zukunft? „Auf lange Sicht gesehen wäre es natürlich ein absoluter Traum, irgendwann mal in einem eigenen Stadion spielen zu dürfen. Das würde ich gerne noch mit meiner Dauerkarte erleben – ohne einen Sitzplatz zu brauchen“, schließt der eingefleischte Herthaner lachend.