
Dieser Moment, als ich Herthaner wurde
War es der erste Schal, den eure Eltern euch auf dem Weg zum Spiel gekauft haben? War es der erste durchs Olympiastadion hallende Hertha-Fangesang, der euch nachhaltig beeindruckt hat? Oder doch die Kunststücke einzelner Blau-Weißer auf dem grünen Rasen – von Ete Beer über Marcelinho bis hin zu Marko Pantelić? Jede Herthanerin und jeder Herthaner hat einen eigenen Weg in unsere blau-weiße Familie. Unser Hauptstadtclub sucht genau diese Geschichten – diesen Moment, als ihr Herthaner geworden seid.
Mit Joey Kelly gegen Real Madrid
Einmal von Joey Kellys starken Armen in der explodierenden Jubeltraube der Ostkurve festgehalten werden. Was sich für viele Menschen nach einem kuriosen Fiebertraum anhört, war im Sommer 2011 die Realität des gerade 13 Jahre alten Sascha Finks. Den Grund für diese spektakuläre Gemengenlage lieferte Patrick Ebert, der unsere Alte Dame im Vorbereitungsspiel gegen Real Madrid in Führung geschossen hatte. „Nach dem Tor lag ich Joey Kelly und seiner ganzen Familie in den Armen“, erinnert sich Fink. „Das hat den Tag damals nur noch surrealer wirken lassen.“ Und ist nur ein Punkt auf seiner langen Kuriositäten-Liste im Bezug auf Hertha BSC.

Mit ganz Berlin auf dem Weg ins Stadion
Zum Blau-Weißen machte ihn 2006 sein Stiefvater. „Ich war erst Fan von den Bayern, aber da war ich noch auf der kindlichen Erfolgswelle. Als mein Stiefvater meine Mutter und mich mit ins Olympiastadion genommen hatte, zeigte er mir, was Fußball eigentlich wirklich bedeutet!“, berichtet der 27-Jährige. Es war der 33. Spieltag der Saison 2005/06 und Hertha BSC auf Kurs UEFA-Cup-Qualifikation. „Schon auf der Hinfahrt wirkte es in der U-Bahn so, als wäre die gesamte Stadt auf dem Weg zum Spiel“, erzählt der heute im Immobilienbereich arbeitende Anhänger.
Vor der Partie verteilte der zu diesem Zeitpunkt verletzte Yıldıray Baştürk auf einer Bühne vor dem Stadion Autogramme. Natürlich holte sich auch Fink eins ab. „Ich kannte ihn schon aus der Sportschau und fand seinen Spielstil sehr beeindruckend!“ Zu Gast war der Hamburger SV, der sich bereits für die UEFA Champions League qualifiziert hatte. Ein Spitzenspiel im restlos ausverkauften Olympiastadion. „Weit vor dem Spiel war die Ostkurve schon richtig voll. Ich saß mit bestem Blick auf Kurve und Spielfeld und konnte mich kaum entscheiden, wohin ich gucken sollte“, erzählt der Marzahner.
Vom jungen Fan zum Hertha-Lexikon
Die Zutaten für den perfekten Fußballnachmittag waren vorhanden. Und die Mannschaft spielte mit und legte dem Nachmittag die Kirsche oben drauf. Torschütze Andreas ‚Zecke‘ Neuendorf wurde zwar vom Schiedsrichter frühzeitig unter die Dusche geschickt, doch unsere Herthaner drehten sogar in Unterzahl einen Rückstand. Alexander Madlung, Niko Kovač und Marko Pantelić stellten die Weichen auf Sieg. Das Spiel war eine knappe Viertelstunde vor Schluss beim Stand von 4:2 entschieden und der acht Jahre alte Sascha konnte endlich seine volle Aufmerksamkeit der Ostkurve widmen: „Die letzten Minuten habe ich nur noch da hingeschaut. Ich war so beeindruckt von der Lautstärke, von dieser Einheit, von dem Gehüpfe. Das Spiel war dann nebensächlich.“
Danach war Fink offiziell Herthaner. Sein Stiefvater besorgte ihm seinen ersten Schal und es folgten viele weitere Stadionbesuche. Trikots kamen hinzu, sogar aus noch früheren Zeiten. „Das von 1997 habe ich mittlerweile auch“, erzählt er. „Später war Valentin Stocker der erste Spieler, dessen Flock ich haben wollte. Den fand ich damals super!“, resümiert Fink. Laut eigener Aussage wird der glühende Supporter von Freunden und Bekannten als „Hertha-Lexikon“ bezeichnet. Ihm seien sämtliche Ergebnisse und Torschützen von den Spielen unserer Blau-Weißen im Gedächtnis geblieben, seitdem er Herthaner ist.
Leuchtende Kinderaugen
Wichtiger als Ergebnisse sind aber die persönlichen Erinnerungen: „Das DFB-Pokal-Spiel gegen Heidenheim im Herbst 2024 wird mir noch lange im Kopf bleiben. Da war ich mit meinem besten Freund, der ebenfalls Herthaner ist. Das besondere aber war, dass wir seine beiden Kinder das erste Mal dabeihatten. Die großen, leuchtenden, erstaunten Augen haben mich an mich selbst damals erinnert. Das war schon sehr schön!“, erklärt der sonstige Ostkurven-Gänger stolz.
Seinen Spitznamen könnte er theoretisch selbst in ein physisches Werk umsetzen, so viele Anekdoten, die der Berliner zu erzählen hat. Erinnerungsstücke besitzt er zahlreiche. Nur eines leider nicht mehr: „Das Autogramm von Yıldıray Baştürk hatte meine Mutter damals auf dem Heimweg verloren. Ein schwerer Verlust! Aber das hat meiner Liebe zu Hertha BSC am Ende auch keinen Abbruch getan“, erinnert sich Fink abschließend augenzwinkernd.