
„Frauen sichtbarer zu machen, ist ein Prozess“
Die Kernidee hinter der dritten Auflage der DFB Women’s Week ist ebenso simpel wie wichtig: Frauen in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und ihre Leistungen im Fußball sichtbar zu machen. Anne Noske stellt hierfür aus blau-weißer Sicht eine hervorragende Ansprechpartnerin dar. Zwölf Jahre arbeitete die Herthanerin bis 2016 in der damaligen Presseabteilung, sieben davon war sie als stellvertretende Pressesprecherin tätig. 2023 wählten unsere Mitglieder sie zum Präsidiumsmitglied und schenkten ihr im November 2024 anschließend das Vertrauen als stellvertretende Präsidentin – die erste in der langen Geschichte unseres Traditionsvereins. „Natürlich war das für mich auch ein Beweggrund, zu kandidieren: Um Frauen und unsere Arbeit sichtbarer zu machen. Dass das honoriert wird und ich viel positives Feedback bekomme, freut mich natürlich sehr. Frauen sichtbarer zu machen, ist ein Prozess – der hoffentlich dazu führt, dass sich langfristig mehr Frauen im Verein engagieren und Rollen in den Gremien zutrauen“, sagt die 41-Jährige. Im Gespräch mit unserem Redakteur Konstantin Keller spricht Noske über ihren Werdegang, ihre Vorbildfunktion und eines ihrer großen Herzensthemen: Den Frauen- und Mädchenfußball.
Anne, du bist die erste stellvertretende Präsidentin in unserer langen Vereinsgeschichte und demzufolge auch ein Vorbild für viele Herthanerinnen – wie erlebst du die Verantwortung in dieser Rolle?
Noske: Mich hat sehr positiv überrascht, für wie viele Frauen das ein wichtiger Schritt war. Seit der vergangenen Mitgliederversammlung sprechen mich immer noch viele darauf an – dass sie es klasse finden, dass eine Frau weiter oben mitentscheidet. Natürlich war das für mich auch ein Beweggrund, zu kandidieren: Um Frauen und unsere Arbeit sichtbarer zu machen. Dass das honoriert wird und ich viel positives Feedback bekomme, freut mich natürlich sehr!
Du hattest zuvor schon einmal im Profifußball eine verantwortliche Position inne – bis 2016 als stellvertretende Pressesprecherin unseres Hauptstadtclubs. Was wären aus deiner Sicht wünschenswerte Entwicklungen, um mehr Mädchen und Frauen zu ermöglichen, ihre Vereine in unterschiedlichen Führungsrollen mitzuprägen?
Noske: Die Frage ist, wie man es ihnen leichter machen kann! Viele Frauen sagen mir, dass sie meinen Weg bewundern, woraufhin ich sie frage, was sie denn daran hindert, selbst einen ähnlichen zu gehen. Und das ist bei etlichen der Respekt davor, dass eben derart viele Männer da sind. Man muss dieses Thema deshalb sichtbar machen, im Kleinen anfangen und aufbrechen, dass der Verein bzw. der Fußball generell immer noch derart männlich dominiert ist. Dabei geht es darum, kreativ zu denken und immer wieder bei allen im Verein den Blick zu schärfen. Ein Beispiel: Bei der Mitgliederkampagne im vergangenen Jahr waren hauptsächlich männliche Motive eingeplant. Als ich die Bilder gesehen habe, habe ich direkt gesagt: „Da ist ja nur eine einzige Frau dabei!“ Vorher war das nicht aufgefallen, weil natürlich auch die Hauptzielgruppe männlich ist. Aber warum nicht einfach bewusst hier Dinge aufbrechen, nur so können wir etwas nachhaltig verändern. Frauen sichtbarer zu machen ist ein Prozess – der hoffentlich dazu führt, dass sich langfristig mehr Frauen im Verein engagieren und Rollen in den Gremien zutrauen.

Ein Thema, dass dir besonders am Herzen liegt, ist der Frauen- und Mädchenfußball bei Hertha BSC. Hier stellen wir uns als Verein künftig strategisch neu auf. Wie bewertest du die Ausgangslage nach den ersten beiden Spielzeiten? Was sind die nächsten Ziele für die Frauen- und Mädchenteams?
Noske: Es war richtig und wichtig, dass wir zunächst einmal diesen großen Pool an Teams hatten. Gleichzeitig war es genauso wichtig, sich ehrlich zu fragen: Was können wir als Verein leisten? Dabei immer mit dem Fokus, das Beste für die Mädchen und Frauen zu tun und zu erreichen. Wir wollen es gut und richtig machen und die, die bei uns spielen zu einhundert Prozent in unseren Verein integrieren. Und wenn wir das aktuell nur bei den fünf Leistungsteams schaffen, dann ist das keine Niederlage und auch kein Fehler, sondern eine Konzentration darauf, es für diese Teams richtig zu machen. Denn das ist eine große Herausforderung. Zu diesem Prozess gehört auch, dass spätestens in fünf Jahren alle Teams hier auf dem Gelände spielen und trainieren sollen. Wir wollen uns Jahr für Jahr steigern, die Professionalisierung der Strukturen Schritt für Schritt vorantreiben.
Neben diesen Themen bearbeitet ihr im Präsidium seit der Wahl im November 2024 viele weitere wichtige Bereiche. Wie erlebst du die Arbeit im Gremium, dass du schon aus als Präsidiumsmitglied kanntest, in deiner neuen Rolle?
Noske: Grundlegend hat sich das Präsidium natürlich durch die vier neuen Mitglieder verändert. Es ist ein total engagiertes Team, bei dem alle mit anpacken und unterschiedliche Qualitäten einbringen! In den knapp sechs Monaten, die wir zusammenarbeiten, haben wir bereits vieles umgesetzt und angeschoben. Meine eigene Rolle hat sich eher in der Außenwirkung verändert, im Präsidium selbst agieren wir alle auf Augenhöhe, arbeiten extrem gleichberechtigt.
Abschließend: Wir nähern uns bereits wieder der nächsten blau-weißen Mitgliederversammlung. Welche Fortschritte unseres Vereins haben dir zuletzt besonders gefallen? Welche Themenkomplexe werden aus deiner Sicht als nächstes besonders wichtig für Hertha BSC?
Noske: Die Entwicklung der Frauen in den vergangenen beiden Jahren hat mich am meisten gefreut. Man sieht die Fortschritte und die Weiterentwicklung von Spiel zu Spiel und gleichzeitig eine immer weiter ansteigende Akzeptanz innerhalb des Clubs. Als Gesamtverein stehen wir jetzt ein Stückweit vor einem Neuanfang. Wir werden uns strukturell neu aufstellen – beispielsweise auch im Bereich der Akademie und der Besetzung der Geschäftsführung. Bei all diesen Prozessen spielt auch der Frauen- und Mädchenfußball eine große Rolle. Das ist und bleibt mir wichtig und ich werde in den Gesprächen darauf achten, dass auf diesem Thema auch in Zukunft genug Gewicht liegt.