
Dieser Moment, als ich Herthaner wurde
War es der erste Schal, den eure Eltern euch auf dem Weg zum Spiel gekauft haben? War es der erste durchs Olympiastadion hallende Hertha-Fangesang, der euch nachhaltig beeindruckt hat? Oder doch die Kunststücke einzelner Blau-Weißer auf dem grünen Rasen – von Ete Beer über Marcelinho bis hin zu Marko Pantelić? Jede Herthanerin und jeder Herthaner hat einen eigenen Weg in unsere blau-weiße Familie. Unser Hauptstadtclub sucht genau diese Geschichten – diesen Moment, als ihr Herthaner geworden seid.

Als sechsjähriger Junge saß Maximilian Hintzsch zum ersten Mal im Bus auf dem Weg ins Olympiastadion. Aus der Nähe der Lutherstadt Wittenberg ging es gemeinsam mit einer seiner älteren Schwestern und seinem Vater los. Damals, am 9. September 1998, bestritten unsere Profis ein Heimspiel gegen Schalke 04 und der kleine Maximilian bekam zum ersten Mal die besondere Atmosphäre im weiten Rund mit. „Für mich war es einfach toll. Ich als Kind vom Dorf hatte noch nie so viele Menschen auf einem Fleck erlebt und konnte mich gar nicht satt sehen“, erinnert sich der Herthaner an seinen ersten Besuch zurück.
Stadion statt Schule: „Ja“ zu Hertha, „Ja“ zur Dauerkarte
Für den Jungspund war es dabei gar nicht so leicht, sich auf das sportliche Geschehen zu konzentrieren, das mit einem 2:0-Erfolg an unsere Alte Dame ging. Viel zu viel gab es an diesem Tag zu bestaunen: „Wenn ich mich richtig erinnere, ist damals in der Halbzeitpause sogar eine Band aufgetreten und Axel Kruse wurde verabschiedet“, fügt Hintzsch hinzu. Nach dem Spiel war für den gebürtigen Wittenberger und seine Familie aus Zahna-Elster dann klar, dass es ab sofort öfter Familienausflüge ins Olympiastadion geben wird. Vater Manfred – Manni genannt und Sympathisant unseres Hauptstadtclubs – fragte den damaligen Grundschüler anschließend sogar ganz offiziell im Auto, ob er sich vorstellen könne, künftig regelmäßig unsere Herthaner zu unterstützen.

Maximilian erinnert sich noch ganz genau, wie er damals zum ersten Mal „Ja“ sagte – „Ja“ zur blau-weißen Liebe. Von da an ging es für die Familie immer wieder ins Stadion – selbst wenn der junge Fan eigentlich in die Schule gemusst hätte. Anfangs entschuldigten Maximilians Eltern ihn noch als krank bei den Lehrkräften. „Als ich dann aber einmal in der Fernsehübertragung zu sehen war, gab es leider keine Ausreden mehr“, erinnert sich Hintzsch schmunzelnd. „Meine Lehrer haben aber nur gesagt, dass wir ruhig ehrlich sein können und es in Ordnung sei, weil meine Leistungen stimmten. Es war damals eben alles ein bisschen lockerer“, erzählt der ausgebildete Erzieher mit einem Augenzwinkern.
Emotionale Achterbahn: Erst an Marcelinhos Seite, dann ein Schicksalsschlag
Auch in der Folge zog es Vater und Sohn, die für sich ein gemeinsames Hobby gefunden hatten, jahrelang mit Ostkurven-Dauerkarten ins Olympiastadion. Einmal durfte Maximilian sogar als Einlaufkind an der Seite von Marcelinho den Rasen betreten: Ein absolutes Highlight für den damals Zwölfjährigen, das beinahe gar nicht zustande gekommen wäre. „Ich glaube, mit 13 Jahren hätte das schon nicht mehr funktioniert. Marcelinho war nämlich gar nicht so viel größer als ich“, erinnert sich der blau-weiße Fan lachend.
Die schönen Zeiten mit unserer Alten Dame fanden 2006 für Hintzsch allerdings vorerst ein abruptes Ende. Vater Manni verstarb überraschend und Maximilian verlor dadurch seine Verbindung zu unserem Hauptstadtclub: „Die gemeinsamen Besuche waren das einzige, das uns beide gleich interessierte. Deshalb war unsere gemeinsame Verbindung zu Hertha auch immer etwas Besonderes.“ Für Hintzsch hing der Verein emotional zunächst zu sehr mit seinem Vater zusammen, sodass er einen gewissen Abstand brauchte.

Der zweite Moment, als Maximilian Herthaner wurde
Fast ein ganzes Jahrzehnt später fand Maximilian aber schließlich doch zurück. Zumal die blau-weiße Begeisterung schon immer in der Familie lag: Denn vor Manfred gab es auch für den Opa und den Ur-Opa nur Hertha BSC. Weil Hintzsch mittlerweile in Potsdam wohnte, entstand Schritt für Schritt eine Wiederannäherung zur Alten Dame. „Ich wurde dort natürlich nochmal mehr als in meiner Heimat mit Hertha konfrontiert, vor allem durch Aufkleber oder die Präsenz von Fans“, erklärt der Fan. Die Entscheidung, sich wieder ein Heimspiel anzusehen, fiel relativ spontan. Zusammen mit der Freundin ging es zu einer Partie gegen Ingolstadt. „Es war wirklich erstaunlich: Als ich aus dem Auto gestiegen bin, den Geruch in der Nase hatte, die Atmosphäre gespürt habe – da ist alles zurückgekommen“, schwelgt der inzwischen 33-Jährige in der Erinnerung und fügt hinzu: „Im Prinzip gab es somit eigentlich zwei Momente, in denen ich Herthaner wurde.“ Es folgte wieder das volle Programm: Mitgliedschaft und Stammplatz in der Ostkurve – mittlerweile in regelmäßiger Begleitung seiner Mutter oder Frau.
Apropos: Maximilians erstes „Ja“ galt bekanntlich Hertha, das zweite Anfang dieses Jahres seiner Frau. Die beiden heirateten einen Tag vor der dem Duell mit unseren Freunden vom KSC – und das aus einem ganz bestimmten Grund: Anna kommt ursprünglich aus Karlsruhe und ist mittlerweile ebenso Hertha-Mitglied. Daher war es für das frisch vermählte Paar klar, einen Tag nach ihrer Eheschließung mit einem Teil der Hochzeitsgesellschaft zur Feier ihrer Liebe die Begegnung vor Ort zu verfolgen. „Ich habe dabei ein Hertha-Trikot mit der Nummer 20 und meine Frau ein KSC-Trikot mit der Nummer 25 getragen. Gemeinsam haben wir dann unser Hochzeitsjahr 2025 gebildet“, verrät Hintzsch und schiebt hinterher: „Es ist schon manchmal ganz witzig, wie sich alles so ergibt, ohne dass man danach sucht.“ Maximilians Vater konnte an jenem Tag zwar nicht mehr dabei sein, unser Hauptstadtclub wird aber trotzdem für immer eine enge Verbindung zwischen den beiden darstellen.