Clara Dreher und Toni Leistner schauen sich an.
Club | 24. Oktober 2025, 12:15 Uhr

„Ich liebe Heimspiele“

Besondere Konstellation am Samstag (25.10.25): Zunächst bekommen es unsere Herthanerinnen ab 15:00 Uhr (Tickets hier) im Stadion auf dem Wurfplatz/Amateurstadion mit dem SV Eintracht Leipzig-Süd zu tun, anschließend treten ab 20:30 Uhr (Tickets hier) unsere Herthaner im Olympiastadion gegen Fortuna Düsseldorf an. Zur Einstimmung auf den Doppelspieltag unterhielt sich Redakteur Erik Schmidt im Doppelinterview mit einer Protagonistin und einem Protagonisten: Clara Dreher und Toni Leistner sprachen dabei über Torgefahr, Führungspersönlichkeiten und Erfolge vor heimischen Publikum. 

Toni, du bist dreifacher Vater – wie sehr interessieren sich deine Mädels schon für das runde Leder?
Toni Leistner: Das Interesse ist sehr groß. Die Große und die Mittlere feiern speziell die Heimspiele total. Sie hoffen immer sehr darauf, dass wir gewinnen, damit sie nach Abpfiff auch auf den Platz dürfen (strahlt). Nach Münster hatte ich sieben Kinder mit auf dem Rasen. Da waren auch Freunde von den Mädels dabei. Außerdem waren wir schon gemeinsam bei einem Spiel der Frauen, das fanden sie auch sehr spannend. Die Mittlere hat im Kindergarten gerade selbst in einer Fußball-AG angefangen und wünscht sich jetzt auch eigene Fußballschuhe.

Clara, was ist deine erste Erinnerung an den Fußball? Wann und wie ging das Ganze bei dir los?
Clara Dreher: Es ging schon vor dem Kindergarten los, ich bin schon immer dem Ball hinterher gekrabbelt. Später war ich erst zusammen mit meinem Bruder und dessen Kumpels, dann irgendwann nur noch mit seinen Kumpels auf dem Bolzplatz und schließlich habe ich auch meine Eltern davon überzeugt, dass ich einem Verein beitreten darf. Dort habe ich anfangs vor allem mit älteren Mädels zusammengespielt und dabei gelernt, mich durchzusetzen.

Wie war das bei dir, Toni?
Leistner: Bei mir hat es in der Grundschule begonnen. Wir waren vier beste Kumpels und haben uns gemeinsam beim Verein um die Ecke angemeldet. Da hat sich schnell herauskristallisiert, dass ich ein bisschen besser bin als die anderen. In einem Spiel gegen Dynamo Dresden haben wir zwar richtig auf den Sack bekommen, aber ich habe unsere beiden Treffer erzielt. Anschließend folgte die erste Anfrage von Dynamo, wo es damals noch kein NLZ gab. Ich bin aber aufgrund des Fahrtweges zu Dresden-Nord, jetzt Borea Dresden, gegangen. 

Clara Dreher
Hinten eine blau-weiße Bank und vorne auch noch torgefährlich: Clara Dreher.

Inzwischen habt ihr schon so einige Spielminuten gesammelt, und zwar vor allem in der Innenverteidigung. Wie seid ihr zu der Position gekommen?
Dreher: Auf dem Kleinfeld habe ich einmal alle Positionen durchgespielt, aber auf dem Großfeld war ich eigentlich immer in der Zentrale unterwegs. Zunächst habe ich lange im Mittelfeld gespielt, aber irgendwann bin ich von der Sechs in die Innenverteidigung gerutscht. Ich weiß gar nicht mehr genau, warum überhaupt. Aber da fühle ich mich inzwischen auch am wohlsten.
Leistner: Bei mir ging es über die Jahre von vorne nach hinten – und dann sogar auch kurz nochmal nach vorne. In der U17 durfte ich als junger Jahrgang im Sturm ran. Ich kann mich noch erinnern, wie ich Christopher Schorch, bevor er von Hertha zu Real Madrid gewechselt ist, auseinandergenommen habe (lacht). Anschließend bin ich aber wieder in die Innenverteidigung gerückt. Im meinem ersten Männerjahr habe ich ebenfalls kurz im Angriff gespielt, danach aber nur noch hinten – zunächst als Rechtsverteidiger, auch mal auf der Sechs und dann ausschließlich als steifer Bock in der Innenverteidigung (grinst).

Einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen euch gibt es beim Blick auf die Statistiken. Clara, du hast in deiner Rolle schon einige Tore für Hertha BSC erzielt. Toni, deine Quote ist trotz der beeindruckenden Szene vergangene Saison gegen Darmstadt ausbaufähig. Clara, vielleicht kannst du Toni einmal erklären, wie man Tore aus dieser Position heraus erzielt? 
Dreher: In dieser Saison habe ich ein Freistoßtor erzielt…
Leistner: … da darf ich bei uns gar nicht ran.
Dreher: Ich war auch sehr überrascht und habe erst kurz vor dem Spiel erfahren, dass ich die Standards von jener Position treten und mich dabei auch trauen soll, direkt draufzuhalten. Das habe ich auch getan und es hat geklappt (lächelt). Ansonsten waren es Elfmeter oder Distanzschüsse, was bei uns vielleicht noch etwas erfolgsversprechender ist als im Männerbereich. Wirkliche Tipps kann ich also leider nicht geben.

Toni, was muss passieren, damit du endlich deine Torpremiere mit der Fahne auf der Brust feierst? Wie wichtig wäre dir das? 
Leistner: Als Verteidiger ist mir viel wichtiger, dass hinten die Null steht. Natürlich könnte ein Tor das i-Tüpfelchen sein, aber für mich ist es absolut kein Muss. Irgendwann wird es hoffentlich wieder soweit sein, dass ich richtig stehe und dann würde ich mich natürlich freuen. 

Hättest du auch schon den passenden Jubel im Kopf?
Leistner: Ich habe einen Purzelbaum einstudiert (lacht). Nein, Spaß. Da wäre ich ganz spontan.

Toni Leistner
Purzelbaum und blaues Auge: Toni Leistner gibt alles für Hertha BSC.

Es besteht allerdings auch noch eine weitere Parallele: Ihr habt beide in euren Teams schon die Kapitänsbinde getragen bzw. tragt sie immer noch. Worauf kommt es aus eurer Sicht als Führungspersönlichkeit an?
Leistner: Ich würde sagen, dass man sich in diese Rolle reinarbeitet. Das kommt mit der Zeit und den Spielen. Als junger Spieler brüllt man logischerweise noch nicht direkt rum, sondern sammelt seine Erfahrungen. Auch negative, die man dann genauso einbringt. Anschließend hängt es an einem selbst, sich in diese Richtung zu entwickeln. Nicht jeder ist dafür gemacht, manche wollen es auch gar nicht. Bei mir ging das schon früh los, weil ich immer ein bisschen größer und breiter als die anderen war – deswegen wurde ich dahin geschoben und musste dem Stand halten. Ich habe das irgendwann auch dankend angenommen und mein Profil entwickelt.
Dreher: Es gibt einfach Persönlichkeiten, die gewisse Tendenzen mitbringen, um diese Rolle zu übernehmen. Andere wollen es gar nicht. Das Coole an einem Team ist, dass alle unterschiedliche Rollen ausüben und voneinander profitieren. Ich habe auch in den vergangenen Jahren meine Erfahrungen gesammelt und aus eigenen Fehlern oder den Fehlern anderer gelernt. Außerdem steht hinter mir auch noch ein Mannschaftsrat und Co-Kapitäninnen, mit denen ich mich abstimmen und austauschen kann.
Leistner: Es ist ganz wichtig, gesehen zu haben, was andere vor dir in dieser Position gemacht haben und dann gute Punkte mitzunehmen und schlechte Punkte im Hinterkopf zu speichern, um zu sagen: So will ich es vielleicht später nicht machen. 

Zu welchen Führungspersönlichkeiten habt ihr früher aufgeschaut? Von wem habt ihr euch etwas abgeguckt? 
Leistner: Mein Idol war immer Michael Ballack. Er war einer, der immer vorneweg gegangen ist und seine Meinung gesagt hat. Bei Dynamo Dresden hatte ich zudem Maik Wagefeld als Kapitän, der noch die ganz alte Schule war. Von ihm habe ich einiges mitgenommen, was Disziplin, Ordnung und Sauberkeit betrifft – das lobt meine Frau auch immer (grinst).
Dreher: Ich kann da keine einzelne Mitspielerin herausheben, aber ich habe trotzdem aus den vergangenen Jahren von vielen etwas mitgenommen. Jetzt schaue ich mir gewisse Sachen natürlich von Jenny (Jennifer Cramer, Anm. d. Red.) ab, weil sie bei Turbine Potsdam viele Jahre Kapitänin war. Darüber hinaus fand ich Philipp Lahm cool, er wirkte trotz seiner Verantwortung immer gelassen, als hätte er alles im Griff. Zudem auch Megan Rapinoe. 

Clara Dreher führt den Ball.

Lasst uns über den bevorstehenden Doppelspieltag sprechen! Welche Art von Spiel erwartet ihr jeweils? 
Dreher: Wir wollen die Favoritenrolle annehmen und unsere Angriffe konsequent durchspielen, denn wir werden wahrscheinlich viele Ballbesitzphasen haben. Manchmal hapert es bei uns noch an der Effizienz, damit das Ergebnis auch unserer Leistung entspricht.
Leistner: Es lässt sich gar nicht so genau sagen, was für ein Spiel auf uns zukommt, weil Düsseldorf einen neuen Trainer hat. Gegen Braunschweig hatten sie noch einige Probleme und waren auch etwas verunsichert. Sofort ein neues Konzept umzusetzen, ist nicht so einfach. Deswegen glaube ich, dass wir gute Chancen haben werden. Aber viel wichtiger wird, dass wir das bestätigen, was wir gegen Münster zu Hause gezeigt haben.

In jener Partie habt ihr den Bock umgestoßen und den ersten Heimsieg dieser Saison eingefahren. Was habt ihr dabei besser gemacht und worauf kommt es vor heimischen Publikum vor allem an? 
Leistner: Diese Intensität, diese Umschaltmomente und die daraus resultierenden Torchancen – daran müssen wir anknüpfen, dabei vielleicht nur noch etwas effizienter agieren. Dieser Sieg tat insgesamt extrem gut!

Spielt ihr generell lieber zu Hause oder auswärts und warum? Und worin liegt der Reiz? 
Dreher: Ich spiele auf jeden Fall lieber zu Hause im Amateurstadion, weil ich Heimspiele einfach liebe – mehr Fans, bessere Stimmung, unser Platz und unser Gelände. Im Optimalfall holst du die drei Punkte und schickst den Gegner wieder los.
Leistner: Heimspiele sind definitiv besser! Nichts ersetzt Heimsiege, die du mit 40.000 bis 50.000 eigenen Fans feiern kannst. Trotzdem bin ich auch einer, der sagt, wenn auswärts alle gegen dich sind, kann ich mich daran hochziehen.

Toni Leistner ruft über das Spielfeld im Olympiastadion.

Clara, ihr wollt aufsteigen und die Tabellenspitze zurückerobern. Dafür sind gerade in Heimspielen drei Punkte essentiell. Wie erlebst du eure Rolle in der Liga als einer der großen Favoriten? 
Dreher: Zuletzt war es erst Union, dann Viki (FC Viktoria 1889, Anm. d. Red.) – nun sind wir es. Wir haben schon zu Beginn der Vorbereitung gesagt, dass wir aufsteigen wollen. Das heißt auch, dass sich die Gegner meist hinten reinstellen und sich eventuell für ein 1:1 gegen uns feiern lassen – wie Magdeburg. Aber ich denke, dass wir die Rolle bislang gut angenommen haben und dem Druck Stand halten können. Darauf werden wir vom Trainerteam und Verein aber auch gut vorbereitet. Als junges Team wachsen und reifen wir zudem an dieser Aufgabe.

Toni, du hast davon erzählt, dass du auch schon eine Partie unserer Frauen live verfolgt hast. Wie hast du die Atmosphäre erlebt?
Leistner: Es gibt ja gerade einen Hype rund um den Frauenfußball, was sehr schön zu sehen und dort auch zu spüren war. Es war sehr viel los im Stadion. Deswegen hoffe ich natürlich, dass auch immer mehr Fans zu unseren Frauen gehen. Bis jetzt hat es bei mir persönlich zwar nicht wieder geklappt, aber ich komme definitiv nochmal.
Dreher: Wir freuen uns (grinst)!

Clara, wie verfolgst du in der Regel die Auftritte der Männer?
Dreher: Ich bekomme viel mit und gehe auch regelmäßig ins Stadion, sofern es die eigenen Spiele und Verpflichtungen zulassen.

Abschließend: Die Fans haben am Doppelspieltag die Chance, beide Teams hintereinander zu sehen. Warum sollten sich unsere Anhängerinnen und Anhänger das nicht entgehen lassen? 
Leistner: Es gibt hoffentlich zwei Siege und obendrein das eine oder andere Bier (grinst).
Dreher: Was gibt es Besseres als ein ganzer Tag voll mit Fußball? Hoffentlich spielt das Wetter mit. Und am Sonntag können dann alle entspannt ausschlafen.

von Erik Schmidt