
„Das war ein Wendepunkt“
Seit Sommer 2020 – und damit so lange wie kein anderer Akteur – gehört Márton Dárdai inzwischen dem blau-weißen Profikader an. Tage wie die vergangenen, mit drei Heimsiegen und einem hitzigen Auswärtstriumph auf dem Betzenberg ohne einen einzigen Gegentreffer, erlebte der 23-Jährige währenddessen aber auch noch nicht. Als fester Bestandteil der Innenverteidigung trug unsere Nummer 31 einen entscheidenden Anteil zu den Erfolgen bei. Dabei hatte die laufende Saison für den gebürtigen Berliner durchaus schwierig begonnen. „Unter dem Strich waren zu Saisonstart einige von uns noch nicht richtig in Form. Die Umstellung auf die Viererkette hat uns dann aber sehr gutgetan. Das war ein Wendepunkt“, erklärte das Eigengewächs im Gespräch mit Redakteur Erik Schmidt. Außerdem verriet der ungarische Nationalspieler, wer und was ihm darüber hinaus in dieser herausfordernden Phase geholfen hatte. Zusätzlich sprach der Herthaner über Standardsituationen, persönliche Träume sowie Cristiano Ronaldo und Dominik Szoboszlai.
Márton, welches der Kräftemessen mit Düsseldorf, Elversberg, Dresden und Kaiserslautern hat dir am meisten Spaß bereitet?
Márton Dárdai: Wir haben jeweils verdient gewonnen und zu Null gespielt – ich weiß nicht, wie es hätte besser laufen sollen. Von daher haben auf jeden Fall alle vier Spiele sehr viel Spaß gemacht. Vielleicht sticht das Pokalspiel nochmal etwas heraus, weil ich eine Vorlage beisteuern konnte (grinst).
Wie hat sich das – vor allem in der Heimspielwoche – angefühlt, in so kurzen Abständen immer wieder mit den Anhängerinnen und Anhängern feiern zu dürfen?
Dárdai: Extrem gut, obwohl ich nach den Spielen schon sehr müde war (lacht). Zu sehen, wie die ganze Ostkurve hüpft und singt, hat einfach für Gänsehaut gesorgt. Es gibt nichts Schöneres! Die Fans haben so etwas zuletzt ja auch nicht sehr häufig erlebt und geben trotzdem immer alles.

Ihr habt auf dem Betzenberg erneut die Null gehalten und die Siegesserie fortgesetzt. Was war entscheidend dafür, dass ihr auch in einem solchen Topspiel und vor dieser Kulisse die drei Punkte geholt habt?
Dárdai: Wir wussten von Anfang an, was auf uns zukommt, waren gut auf den Gegner vorbereitet und wollten uns nicht überraschen lassen. Das ist uns gut gelungen. Wir haben wieder eine geschlossene Teamleistung gezeigt und alles reingeworfen. Jeder hat für den anderen gekämpft. Dafür wurden wir am Ende belohnt und haben verdient gewonnen.
Wie ordnest du die Auftritte grundsätzlich ein? Was bedeutet es dir, zu Null zu spielen?
Dárdai: Es fühlt sich sehr gut an, vier Mal hintereinander innerhalb so kurzer Zeit ohne Gegentor geblieben zu sein. Mir ist das auch viel wert – vor allem, weil es in der Vergangenheit nicht ganz so oft geklappt hat. Wir konnten jetzt endlich eine defensive Stabilität herstellen. Aber am Ende ist es natürlich egal, ob zu Null oder nicht: Hauptsache, wir holen die Punkte.
Was war ausschlaggebend für die Resultate, nachdem es zu Saisonbeginn noch nicht so rund gelaufen war?
Dárdai: Da haben wir tatsächlich nicht die erhofften Ergebnisse geholt. Wir haben uns dann aber eingeschworen und darauf konzentriert, dass wir vor allem zu Hause ein anderes Gesicht zeigen, um den Fans etwas zurückzugeben. Das wollen wir nun einfach so beibehalten.
Welchen Anteil trägt Stefan Leitl an den jüngsten Erfolgen? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit ihm? Er hat dich und deine starken Auftritte zuletzt explizit hervorgehoben.
Dárdai: Die ist super! Es gibt einen guten Austausch darüber, wie wir spielen möchten und wie die Abläufe aussehen sollen. Am Ende sind wir als Mannschaft gemeinsam mit dem Trainerteam für unser Abschneiden verantwortlich. Am Anfang dieser Saison hatte ich eine schwierige Zeit, in der wir viel miteinander gesprochen haben – er hat mir den Rücken gestärkt und war immer für mich da. Dafür bin ich ihm sehr dankbar! Ich hoffe jetzt natürlich, dass ich diese Phase endgültig hinter mir lassen konnte.

Wie erklärst du dir rückblickend die Anlaufschwierigkeiten? Und wie ist es dir gelungen, dich auf so beeindruckende Weise zu stabilisieren?
Dárdai: Es kamen in dieser Zeit auch einige andere Leute – aus dem Team und von außerhalb – zu mir, um mit mir zu reden und mich aufzubauen. Das war schön und dafür bin ich ebenfalls sehr dankbar! Ich habe in dieser Phase außerdem versucht, noch mehr zu trainieren, länger draußen zu bleiben, zusätzlich im Gym etwas zu machen und erneut gesehen, wie wichtig es ist, nicht aufzugeben. Mir ging es darum, die Zeit bis zum Wochenende optimal auszunutzen, um mir nichts vorwerfen zu müssen. Unter dem Strich waren zu Saisonstart einige von uns noch nicht richtig in Form. Die Umstellung auf die Viererkette hat uns dann aber sehr gutgetan. Das war ein Wendepunkt. Wir stehen nun stabiler und haben mehr Aktionen nach vorne. Das gilt es, Woche für Woche zu zeigen.
Gegen Elversberg hast du per Kopfballvorlage für Sebastian Grønning deinen ersten Scorerpunkt in dieser Spielzeit gesammelt. Ihr hättet dieses Kunststück nur Minuten später beinahe wiederholt. Wie viel Training steckte hinter diesen Aktionen?
Dárdai: Es war natürlich kein Zufall, sondern viel Übung! Wir trainieren und probieren das Ganze schon länger. Ebi (Patrick Ebert, Anm. d. Red.) macht es sehr gut und ist jede Woche mit uns draußen, um daran zu arbeiten. Schön, dass es dann so geklappt hat. Noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn es direkt ein zweites Mal funktioniert hätte (schmunzelt). Ich hatte aber auch schon ein, zwei Situationen, in denen ich den Ball nicht verlängern konnte, stattdessen aber auf das Tor gebracht habe – leider hat das noch nicht zum Erfolg geführt.
Ob beim Torjubel, im Kreis nach dem Abpfiff oder an den Mikrofonen – zuletzt ist auch immer wieder der besondere Zusammenhalt innerhalb des Teams zum Ausdruck gekommen. Was macht das momentane Mannschaftsgefüge so speziell?
Dárdai: Wir haben ein sehr harmonisches Verhältnis, unseren Spaß in der Kabine und unternehmen auch regelmäßig neben dem Platz etwas zusammen. Es passt einfach. Das hat allein schon die Aktion, als Fabi (Reese, Anm. d. Red.) den Ball beim Strafstoß an Jón (Thorsteinsson, Anm. d. Red.) weitergibt, gezeigt. So etwas ist keine Selbstverständlichkeit. Anschließend hat man außerdem gesehen, wie sich alle aus der Mannschaft für Jón, der auch eine schwierige Zeit hatte, gefreut haben. Genauso die Fans. Der Zusammenhalt mit ihnen ist momentan ebenfalls sehr gut. Das habe ich alles in der Form noch nicht erlebt. Auch am Samstag auf dem Betze sind wir wieder ein Stück mehr zusammengewachsen.

Mit den Roten Teufeln bekommt ihr es auch im Achtelfinale des DFB-Pokals zu tun. Wie zufrieden bist du mit dem Los? Was sind eure Ziele in diesem Wettbewerb?
Dárdai: Ich bin zufrieden, obwohl es mir im Prinzip nicht so wichtig war. Aber so bekommen wir die Chance, eine offene Rechnung zu begleichen. Kaiserslautern hat uns schließlich vor zwei Jahren – ebenfalls zu Hause – im Viertelfinale eine sehr große Chance genommen und eine bittere Niederlage beigefügt. Wenn man bei Hertha spielt, stellt der DFB-Pokal logischerweise etwas ganz Besonderes dar, weil das Finale im Olympiastadion stattfindet – dorthin zu kommen, ist sehr schwierig, aber ein extrem großer Traum. Kaiserslautern und Bielefeld haben in den vergangenen Jahren vorgemacht, wie es geht. Es kann mit ein bisschen Glück in den wenigen Spielen alles passieren.
Zunächst steht aber noch die letzte Länderspielpause des Jahres auf dem Programm. Zuletzt hast du mit der ungarischen Nationalmannschaft trotz eines Doppelpacks von Cristiano Ronaldo in Portugal einen Punkt geholt. Wie emotional fiel dieses späte Unentschieden aus?
Dárdai: Insgesamt ist das einfach nochmal eine ganz andere Bühne. Man trifft teilweise auf Spieler, die man früher im Fernsehen bewundert hat. Es war außergewöhnlich, Ronaldo in echt zu sehen. Wir haben uns in beiden Duellen leider ganz knapp auf dem Rasen verpasst, weil er aus- und ich eingewechselt wurde. Ich hätte natürlich gerne gegen so eine Legende gespielt. Im Rückspiel hat er uns dann zwei Buden eingeschenkt, aber wir waren vorne sehr effizient und sind zurückgekommen. Der Punktgewinn war für uns sehr, sehr wichtig. Dadurch haben wir unsere Ausgangslage für die letzten beiden Gruppenspiele gegen Armenien und Irland deutlich verbessert.

Für wie wahrscheinlich hältst du eine erfolgreiche WM-Qualifikation? Wie sehr beschäftigst du dich schon mit einer möglichen Turnierteilnahme?
Dárdai: Der erste Platz in unserer Gruppe ist so gut wie nicht mehr drin, weil Portugal dann noch zwei Mal verlieren müsste. Aber wir haben eine sehr gute Chance, um Zweiter zu werden. Das würde heißen: Play-offs im März als Knock-out, wobei es zwei Siege gegen zwei verschiedene Gegner bräuchte. Die Teilnahme ist natürlich ein großer Traum. Wir wollen die ungarische Geschichte bei Weltmeisterschaften nach 40 Jahren endlich weiterschreiben.
Dabei wird es auch auf euren Kapitän, Dominik Szoboszlai, der beim FC Liverpool zu den absoluten Topstars zählt, ankommen. Wie wichtig ist er für euer Team?
Dárdai: Er ist ein extrem, extrem guter Spieler – wahrscheinlich der beste, mit dem ich bis jetzt zusammengespielt habe. Das merkt man in jedem Training. Auch, wenn man aktuell Champions League schaut, sieht man, in welcher Form er ist. Ansonsten ist er aber total bodenständig und verhält sich wie ein ganz normaler Typ. Ich verstehe mich sehr gut mit ihm.