
„Die Spielberechtigung war mein größtes Geschenk“
Die ersten Autogramme, das Profidebüt und nationale Rekorde – Kennet Eichhorn erlebte ein alles andere als gewöhnliches Jahr für einen Teenager. Das 16-jährige Eigengewächs übersprang bei unserem Hauptstadtclub gleich mehrere Altersstufen auf einmal und beeindruckte dabei mit einer äußerst seltenen Reife. Im Gespräch mit Redakteur Erik Schmidt blickt der in Bernau bei Berlin geborene Mittelfeldspieler auf ereignisreiche zwölf Monate zurück. Dabei reflektiert unsere Nummer 23 in Teil 1 des Interviews über Geduldsproben, Wegbegleiter und die Beziehung zu unserem Hauptstadtclub.
Kenny, hinter dir liegen ereignisreiche Wochen und Monate. Verrate uns doch zum Einstieg einmal, was denn aus persönlicher Sicht dein größtes Highlight in 2025 gewesen ist?
Kennet Eichhorn: (überlegt) Schon mein Tor gegen Kaiserslautern im DFB-Pokal vor kurzem. Das war in dem Moment einfach ein unbeschreibliches Gefühl!
Lass uns einmal chronologisch auf das Jahr zurückblicken: Beim Duell mit dem HSV zum Rückrundenstart im Januar hast du die Profis bereits einmal am Spieltag begleitet. Was hat dich damals am meisten beeindruckt?
Eichhorn: Die Fans und die Atmosphäre im ausverkauften Stadion! Einfach krass, wie laut es schon beim Warmmachen war. Das auf dem Spielfeld und nicht von der Tribüne aus zu erleben, ist einfach nochmal etwas ganz anderes. Ich bin schon in der gesamten Trainingswoche dabei gewesen, habe die Gegnervorbereitung und Videoanalysen mitgemacht und dann eben die Abläufe am Spieltag kennengelernt – das war schon sehr spannend und hat mir im Nachhinein betrachtet definitiv geholfen.

Die ersten Übungseinheiten auf dem Schenckendorffplatz zur gleichen Zeit hast du bereits erwähnt. Wie aufgeregt warst du damals?
Eichhorn: Ich war nicht wirklich aufgeregt, denn ich bin generell eher ein ruhiger Typ. Die anderen haben mich gut aufgenommen – wenn sie merken, dass du Fußball spielen kannst, akzeptieren sie dich und du bist sofort in der Gruppe drin. Die Kabine macht es jungen Spielern generell sehr einfach. Auf dem Platz hat man aber direkt gemerkt, dass die Intensität eine ganze andere als im Jugendbereich ist. Leider habe ich mich dann nach vier, fünf Einheiten verletzt und war aufgrund einer Muskelverletzung für mehrere Monate raus.
Aufgrund dieser Blessur bist du in der gesamten Rückrunde nur zu zwei Einsätzen für die U19 in der DFB-Nachwuchsliga gekommen und musstest bis August auf dein nächstes Pflichtspiel warten. Wie schwierig war diese Phase?
Eichhorn: Sehr schwierig. Als Fußballer willst du natürlich auf dem Platz stehen. Wenn du das nicht kannst, geht es dir automatisch nicht sonderlich berauschend. Deswegen hat das in dieser Zeit auch meine mentale Gesundheit etwas heruntergezogen. Ich war nicht mehr ganz so glücklich wie sonst. Umso schöner hat es sich dann angefühlt, als ich im Juni endlich wieder fit war. Wir haben ganz besonders darauf geachtet, dass ich die Verletzung komplett auskuriere, um zum Vorbereitungsstart direkt alles mit der Mannschaft machen zu können. Daher hat sich das Ganze auch drei, vier Monate gezogen.
Wer hat dich in dieser herausfordernden Zeit unterstützt?
Eichhorn: Meine Eltern sind natürlich grundsätzlich ein sehr großer Faktor – ich habe die besten Eltern, die es gibt! Sie sind immer für mich da und geben mir gute Ratschläge, ich kann jederzeit mit ihnen reden. Auch Viethi (Hendrik Vieth, Anm. d. Red.) hat mir als Rehatrainer sehr viel geholfen, mich durch diese schwierige Phase begleitet und versucht, das Training so zu gestalten, dass es mir Spaß macht.

Hast du dich auch schon während deiner Verletzungspause mit Stefan Leitl ausgetauscht?
Eichhorn: Ja. Wir haben schon miteinander geredet, als er gerade erst zu Hertha gekommen ist. Er hat mir gesagt, dass ich ab der kommenden Saison ein fester Bestandteil des Profikaders sein soll und dass er sich auf mich freut.
Was waren darüber hinaus die ausschlaggebenden Gründe dafür, dass du den Berliner Weg auch über den Sommer hinaus gehen wolltest und deswegen langfristig unterschrieben hast?
Eichhorn: Ich bin jetzt hier insgesamt in meinem zehnten Jahr, war bereits als kleines Kind Hertha-Fan und stand auch schon in der Kurve. Hinzu kam, dass die Aussicht auf Spielzeit etwas größer war als vielleicht anderswo. Die Kombination hat dann dazu geführt, dass ich mich entschieden habe, zu bleiben.
Fass doch bitte einmal in ein, zwei Sätzen zusammen, was dir Hertha BSC bedeutet.
Eichhorn: Hertha ist wie Familie für mich. Ich bin mit dem Verein aufgewachsen und groß geworden. Als ich das erste Mal im Olympiastadion war, hat das direkt den Traum in mir entfacht, dass ich hier Profi werden und unbedingt dort unten auf dem Rasen spielen möchte.

Du hast schon von deinen Eltern gesprochen. Welche Personen haben dich außerdem am meisten in deiner noch jungen Laufbahn unterstützt und geprägt?
Eichhorn: Auf jeden Fall Kostas Kotsifakis, der jetzige U17-Trainer. Ich hatte ihn in der U10, U11 und U12 als Co-Trainer und in der U15 als Cheftrainer. Auch dank Videoanalysen habe ich fußballerisch unter ihm echt große Schritte gemacht, mich gleichzeitig aber auch persönlich weiterentwickelt. Natürlich muss ich an dieser Stelle auch meine ganzen anderen Trainer nennen – wie Ante Čović und Tobias Jung. Genauso Patrick Ebert, der in der U15 mein Co-Trainer war und es jetzt bei den Profis wieder ist. Er ist ein wichtiger Ansprechpartner und immer für mich da.
Gab es in den vergangenen Jahren denn Vorbilder aus unserer Akademie, an denen du dich orientiert hast?
Eichhorn: Wenn man sich Ibos (Ibrahim Maza, Anm. d. Red.) Weg anschaut, ist das natürlich ein Paradebeispiel dafür, wie es hier laufen kann – und vorbildhaft.
Kommen wir zurück zum Verlauf deines persönlichen Jahres: Ab Vorbereitungsstart hast du dann so richtig bei den Profis mitgemischt. Was war der größte Unterschied im Vergleich zu deinen vorherigen Teams?
Eichhorn: Zum einen die schon angesprochene Intensität. Zum anderen ist es im Profifußball viel ausgefuchster. Du musst viel mehr auf mentale Dinge achten: Zum Beispiel, wenn ein gestandener Gegenspieler Trashtalk betreibt – das ist schon etwas anderes als im Jugendfußball.
Gab es einen Spieler, der dir zu Beginn besonders bei der Eingewöhnung geholfen hat? Von wem schaust du dir am meisten ab?
Eichhorn: Ich kann da eigentlich niemanden herausheben. Fabi Reese hat aber beispielsweise schon vor meiner Verlängerung mit mir gesprochen und gemeint, dass ich hier etwas reißen kann und sehr viel Potenzial habe. Von Paul Seguin und Diego Demme, die auf der gleichen Position wie ich spielen und extrem erfahren sind, kann ich natürlich viel lernen. Es ist sehr angenehm neben den beiden aufzulaufen, weil sie mir in jeder Situation helfen und Anweisungen geben können.

Ihr habt euch in Österreich auf die Saison vorbereitet. Wie anstrengend war das Trainingslager dort?
Eichhorn: Ich bin erst etwas später angereist, weil ich zuvor noch ein Turnier mit der U19 hatte. Es war dann sehr intensiv und hat mich definitiv auf ein anderes Level gehoben. Durch die Verletzung zuvor hatte es mir noch etwas an Ausdauer gefehlt – allein dafür war das Trainingslager top.
Zu diesem Zeitpunkt durftest du aber aufgrund deines Alters mit den Profis nur trainieren, aber noch nicht spielen. Wie nervig war das?
Eichhorn: Sehr – alle konnten spielen, nur ich musste zugucken (schmunzelt). Training ist das eine, aber Spiele sind nochmal etwas ganz anderes – speziell was die Ernsthaftigkeit anbelangt, aber auch mit Blick auf die ganzen Abläufe. Umso mehr habe ich mich auf meinen Geburtstag gefreut. Die Spielberechtigung war dann eindeutig mein größtes Geschenk. Dadurch hat sich auch eine andere Verantwortung für mich ergeben – ich war nicht mehr nur der kleine Bubi, der dabei ist und mittrainiert.
Im zweiten Teil des Interviews, der am 25. Dezember auf unserer Website und in der App erscheinen wird, spricht unser Eigengewächs dann über unvergessliche Erlebnisse auf dem Rasen, Veränderungen im Alltag und Ziele.