Marvin Plattenhardt nimmt den Ball an.
Profis | 18. November 2022, 17:00 Uhr

"Der Zusammenhalt ist da!"

Marvin Plattenhardt steht kurz vor einer Schnapszahl – dabei geht es allerdings nicht um sein Alter. Seine erste Partie im neuen Jahr wird das 222. Pflichtspiel des 30-Jährigen für unseren Hauptstadtclub. Seit 2014 schnürt unsere Nummer 21 die Fußballschule für unsere Blau-Weißen. Die Bezeichnung als Urgestein hat sich der Linksverteidiger damit absolut verdient. Mit Saisonbeginn hat der siebenmalige Nationalspieler sogar die Kapitänsbinde übernommen. „Ich kann mich da nur wiederholen: Es macht mich stolz, Hertha BSC als Kapitän anzuführen“, sagt Platte, der für sein Auftreten Lob von Sandro Schwarz bekommt. „Platte ist intern immer klar und unterstützend und hat die Kabine zusammen mit zwei, drei anderen im Griff. Er macht es auf seine Art ganz hervorragend“, unterstreicht der Trainer.

Unserem Linksverteidiger ist dabei wichtig zu betonen, dass es ihm seine Kollegen auch einfach machen. „Der Zusammenhalt ist da.“ Doch nicht nur da. „Insgesamt ist in den vergangenen Monaten alles wieder mehr zusammengewachsen – in der Kabine, im Miteinander mit den Fans, im ganzen Verein“, teilt der Standardspezialist seine Beobachtungen der vergangenen Monate. Im Interview mit herthabsc.com spricht der Linksfuß über Momente, die zusammengeschweißt haben, die Arbeit mit dem Trainerteam und Entwicklungsziele für den zweiten Saisonabschnitt.  

herthabsc.com: Platte, du musstest gegen Köln vorzeitig runter, warst beim Jubel vor der Kurve aber schon wieder ausgelassen dabei. Vorweg die Frage: Was macht die Gesundheit?
Plattenhardt: Danke, mir geht es eigentlich ganz gut. Die Adduktoren zwicken etwas, deswegen werde ich mit dem Training pausieren müssen. Aber im Idealfall kann ich noch in diesem Jahr die eine oder andere Einheit bestreiten. Risiko gehen wir aber nicht ein.   

herthabsc.com: Welches Gefühl überwog nach dem Sieg zum Jahresabschluss eigentlich? Freude? Erleichterung? Oder Erschöpfung nach intensiven Monaten?
Plattenhardt: Erschöpfung habe ich nach Schlusspfiff auf jeden Fall nicht gespürt (grinst). Klar, wir haben seit Sommer viel investiert und hart gearbeitet. Auf dem Trainingsplatz haben wir als Gruppe immer versucht, das Optimum rauszuholen, um bestmöglich vorbereitet in die Partien zu gehen. Das zerrt schon an einem. Aber nach dem Köln-Spiel überwog einfach die Freude, sicher auch ein Stück weit Erleichterung.

herthabsc.com: Das hat man allen Blau-Weißen – auf dem Rasen, auf den Rängen und ebenfalls am Sonntag bei der Mitgliederversammlung – angemerkt …
Plattenhardt: Vielleicht war es so etwas wie die Belohnung für uns alle. Trotz mancher Rückschläge oder dem Umstand, dass wir meiner Meinung nach mehr Punkte für unsere Auftritte verdient hätten, haben wir nie aufgegeben. Eher im Gegenteil: Spiele wie gegen Leipzig oder Bayern, in denen wir Moral gezeigt haben, aber der Lohn ausblieb, haben uns weiter zusammengeschweißt. Natürlich waren die Siege am wichtigsten, aber auch Niederlagen haben uns darin bestärkt, unseren Weg weiterzugehen.

[>]
Spiele wie gegen Leipzig oder Bayern, in denen wir Moral gezeigt haben, aber der Lohn ausblieb, haben uns weiter zusammengeschweißt.
[<]

-Marvin Plattenhardt

herthabsc.com: Diesen Weg führst du seit Sommer als Kapitän an. Den Verein kennst du nach über acht Jahren bei unserer Alten Dame ohnehin sehr genau. Was hat sich durch dein Amt verändert?
Plattenhardt: Ich kann mich da nur wiederholen: Es macht mich stolz, Hertha BSC als Kapitän anzuführen. Und natürlich gehört mehr dazu, als vor den Spielen zur Seitenwahl zu gehen (grinst). Ich stehe im Austausch mit dem Trainerteam, möchte aber auch als Ansprechpartner für die Jungs da sein und frühzeitig auf Dinge aufmerksam machen, die mir auffallen. Das ist mein Anspruch, die Erfahrung habe ich in all den Jahren gesammelt. Das geht nur, wenn ich selbst Leistung bringe. Ich muss aber auch sagen, dass es mir die Mannschaft einfach macht. Der Zusammenhalt in der Kabine ist da. 

herthabsc.com: Welche Rolle nimmt dabei Sandro Schwarz mit seinem Trainerteam ein?
Plattenhardt: Definitiv eine große! Der Coach hat eine klare Idee, die er uns vermittelt. Dazu kommen klare Ansprachen und klare Vorgaben. Es gab in der Hinrunde im Nachhinein betrachtet vielleicht nur eine Partie, in der wir insgesamt nicht gut drin waren. Das zeigt einfach, dass die Vorbereitung und die Analysen sitzen. Und das ist ein Verdienst von Sandro Schwarz und seinem Team.

Marvin Plattenhardt und Co. feiern mit den Fans.
Marvin Plattenhardt und Co. feiern mit den Fans vor der Ostkurve.

herthabsc.com: Welche einschneidenden Erlebnisse und besonderen Momente gab es bis dato in dieser Spielzeit?
Plattenhardt: Der erste Sieg in Augsburg war wichtig für den Kopf, ganz klar. Die beiden Heimsiege waren ebenso ein Brustlöser. Am meisten ärgere ich mich über die späten Punktverluste, das müssen wir in der zweiten Saisonhälfte dringend abstellen. Köln war ein gutes Beispiel dafür: Wir haben das zweite Tor gemacht und den Vorsprung souverän verteidigt. Abgesehen davon sind wir alle glücklich, dass Marco Richter und Jean-Paul Boëtius nach den Hodenkrebs-Diagnosen so schnell zu uns zurückkehren konnten. Das waren schon sehr emotionale Momente.

herthabsc.com: Diese Geschlossenheit spürt jede Herthanerin und jeder Herthaner, wenn sie eure Partien verfolgen. Eine weitere Erkenntnis: Der Rückhalt der Fans ist da. Wie nehmt ihr das als Mannschaft wahr?
Plattenhardt: Das ist eine unheimliche Hilfe! Das war mit Saisonstart so, schon nach dem Pokalspiel in Braunschweig haben sie trotz des Ergebnisses hinter uns gestanden. Das hat sich durchgezogen: Wenn wir kämpfen und alles geben, dann stärken sie uns den Rücken! Insgesamt ist in den vergangenen Monaten alles wieder mehr zusammengewachsen – in der Kabine, im Miteinander mit den Fans, im ganzen Verein.

herthabsc.com: Da du die Rückrunde schon angesprochen hast. Welche Gründe stimmen dich optimistisch, dass ihr euch als Team weiterentwickelt?
Plattenhardt: Unser Grundgerüst steht, aber wir müssen es schaffen, die Vorgaben und unser Spiel konstant abzurufen. Es gab immer mal Phasen während der Spiele, die nicht so gut waren. Gelingt uns das, punkten wir besser. Wir wollen den Abstand nach unten schnellstmöglich vergrößern.

herthabsc.com: Am 7. Dezember steht das letzte Testspiel auf dem Programm. Danach habt ihr bis Anfang Januar und dem Trainingslager in Amerika mehr oder weniger frei. Wie sehen deine Pläne aus?
Plattenhardt: Mehr oder weniger, genau (lacht). Wir werden alle einen Plan bekommen und so manchen Lauf und so manche Einheit absolvieren in diesen Wochen. Aber das ist in Ordnung und gehört dazu. Ich freue mich auf die Zeit mit der Familie, sicher geht es auch ein paar Tage in die Heimat.

[>]
Insgesamt ist in den vergangenen Monaten alles wieder mehr zusammengewachsen – in der Kabine, im Miteinander mit den Fans, im ganzen Verein.
[<]

-Marvin Plattenhardt

von Florian Waldkötter