Ivan Šunjić hält sich seine Hände an den Kopf.
Profis | 9. November 2022, 10:05 Uhr

Ein klarer Auftrag

Mit einem dreifachen Wechsel sorgte Sandro Schwarz nach knapp einer Stunde für frische Impulse. Auf dem Rasen der Stuttgarter Arena hatte sich zu diesem Zeitpunkt eine ereignisreiche Partie auf Augenhöhe entwickelt. Zwei dieser eingewechselten Akteure hätten in einer Co-Produktion beinahe für den perfekten Einstand gesorgt: Wilfried Kanga legte mustergültig ab, Ivan Šunjić zirkelte den Ball ansatzlos Richtung VfB-Gehäuse - doch Florian Müller verhinderte reaktionsschnell die blau-weiße Führung (67.). Keine Minute später fehlten bei Lucas Tousarts Schuss, den Konstantinos Mavropanos per Kopf von der Linie kratzte, wieder nur Zentimeter (68.). Zwei Chancen, die das Pendel am Neckar eindeutig zu Gunsten unserer Alten Dame hätte ausschlagen lassen. Stattdesen war es ausgerechnet jener Mavropanos, der in allerletzter Sekunde der achtminütigen Nachspielzeit mit Hilfe des rechten Innenpfostens den VfB Stuttgart zum Sieg köpfte (90.+8). „Das darf uns nicht passieren – das ist naiv von uns als Mannschaft. Dass wir das Spiel dann so noch verlieren, ist extrem bitter“, haderte Übungsleiter Schwarz später auf der Pressekonferenz.

Sechs Kilometer mehr gelaufen – Lukébakios siebter Streich

Schon im Verlauf der Begegnung mangelte es unseren Jungs immer wieder am berühmten Quäntchen Genauigkeit – nicht nur beim Umschaltspiel oder in der Konterabsicherung. „Wir haben die 50:50-Duelle nicht so konsequent geführt und die Handlungsschnelligkeit hat uns in einigen Situationen gefehlt – dort waren wir zu langsam“, beklagte unser Coach. Daran änderte die Tatsache, dass unser Team sechs Kilometer (120,68 km) mehr gelaufen war als die Schwaben (114,14 Kilometer), nicht viel. Obwohl dieser Wert wieder einmal unterstrich, dass die Einsatzbereitschaft stimmte.

Zumindest half die klare Körpersprache – und ein gut vorgetragener Spielzug nach Balleroberung –  zunächst, um auf das schnelle 0:1 durch Serhou Guirassy (3.) zu antworten. Nach punktgenauer Vorarbeit von Jonjoe Kenny markierte Dodi Lukébakio mit einer weiteren Direktabnahme das 1:1 (19.). Es war im 14. Bundesliga-Einsatz der laufenden Runde bereits der siebte Treffer für den Belgier, nur 2018/19 netzte der Stürmer in einer Saison häufiger (10). „Nach dem frühen Gegentreffer haben wir ordentlich reagiert und nach einem schönen Angriff das 1:1 erzielt“, beschrieb unser Coach die ersten 20 Minuten der Begegnung. Dennoch war der Fußballlehrer mit dem Auftritt seiner Schützlinge vor dem Seitenwechsel nicht zufrieden. „In der ersten Halbzeit waren wir nicht gut genug“, merkte Schwarz an.

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Ein Spiel geht bis zum Abpfiff. Wir sind sehr, sehr sauer, denn wir wollten unbedingt gewinnen und die drei Zähler holen.
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-Jean-Paul Boëtius

Leistungssteigerung nach der Pause

Das änderte sich aber anschließend. „In der Pause haben wir unsere Grundordnung gewechselt und hatten im zweiten Durchgang eine sehr gute Kontrolle. Wir haben wenig Chancen vom Gegner zugelassen und hatten selbst einige Möglichkeiten, um in Führung zu gehen“, schilderte der Trainer seine Beobachtungen. Und meinte damit vor allem die beiden eingangs erwähnten Gelegenheiten. Dass dieser zweite Treffer für eine Mannschaft kurz vor Toresschluss in der achten (!) Minute der Nachspielzeit noch auf der Gegenseite fallen sollte, verärgerte alle Beteiligten im Lager unseres Hauptstadtclubs. „Ein Spiel geht bis zum Abpfiff. Wir sind sehr, sehr sauer, denn wir wollten unbedingt gewinnen und die drei Zähler holen“, offenbarte Jean-Paul Boëtius angefressen. 

Mit einem klaren Auftrag ins Jahresfinale gegen Köln

In die gleiche Kerbe schlug auch unser Trainer – und formulierte im selben Atemzug seine Erwartungen an die letzte Partie des Jahres gegen den 1. FC Köln (12.11.22, 15:30 Uhr, jetzt noch Tickets buchen) im Olympiastadion. „Wir müssen das Suttgart-Duell gründlich analysieren, vor allem wie solche Kontermöglichkeiten für den Gegner entstehen. In diesen Momenten müssen wir uns deutlich cleverer verhalten. Das ist der Auftrag, um am Samstag gut gerüstet ins Köln-Spiel zu gehen“, verdeutlichte der gebürtige Mainzer. Die Bedeutung der Begegnung ist Oliver Christensen und seinen Kollegen, die trotz der Enttäuschung den Blick nach vorne richteten, bewusst: „Wir haben zu viel zugelassen, in diesen entscheidenden Momenten und Phasen gegen Spielende müssen wir als Team einfach besser sein“, konstatierte unser Keeper. „Die letzte Partie gegen Köln ist extrem wichtig. Da müssen wir rausgehen und das Jahr anständig zu Ende bringen.“

von Simon Jötten