Jessic Ngankam läuft beim Sonnenuntergang über den Rasenplatz.
Profis | 7. Januar 2023, 08:12 Uhr

Raus aus dem Startblock

Dodi Lukébakio hatte rechts viel Platz, nahm den Kopf hoch und sah Jessic Ngankam im Zentrum. Unser Angreifer schlich sich im Rücken der Abwehr am langen Pfosten vor das Tor, nahm die Hereingabe seines Kollegen an und drückte die Kugel über die Linie. Kurzer Blick zu Lukébakio, Daumen nach oben, zurück zur Mittellinie und weitermachen. Diese Szene aus dem Trainingslager in Florida unterstreicht: Unsere 24 möchte in Amerika auf sich aufmerksam machen und dabei keine Zeit verlieren.„Die Einheiten sind sehr intensiv, wir feilen an unserer Spielweise, um uns für die restliche Saison weiter zu verbessern. Denn wir wollen punkten, punkten, punkten! Dazu möchte ich meinen Teil beitragen“, spricht der 22-Jährige im Gespräch mit herthabsc.com über die ersten Einheiten in Bradenton, in denen sich die gesamte Mannschaft „bissig präsentiert und um jeden Ball kämpft". 

Endlich wieder schmerzfrei

Dass der gebürtige Berliner in den USA voll mitmischen kann, liegt vor allem daran, dass er nach langer Zeit wieder schmerzfrei ist. „Ich hatte etwas mit meinen Verletzungen zu kämpfen, bin nun aber froh, dass diese Zeit vorbei ist“, bestätigt Ngankam. Gedanken an Verletzungen hat der Offensivspieler ein für alle Mal beiseitegeschoben. „Ich freue mich einfach, dass ich topfit bin und nichts mehr spüre – außer Muskelkater“, sagt er lächelnd.

Bildergalerie: Jessic Ngankams Zeit als Herthaner in Bildern

Diese positive Ausstrahlung versprüht unser Eigengewächs im Camp in den Staaten auch abseits des Platzes. Hier ein Plausch mit Marc Kempf, da ein Witz mit Marco Richter – der Rechtsfuß ist nach seiner einjährigen Leihe zur SpVgg Greuther Fürth wieder bestens integriert. „Durch meine Verletzung war ich in der vergangenen Saison oft bei Hertha, habe viele Spiele der Profis und der U23 live verfolgt. Ich bin regelmäßig gependelt, deshalb konnte ich den Kontakt zu den Jungs gut aufrechterhalten“, verrät der Stürmer. Zwischen den Einheiten und bei den Mahlzeiten sieht man Ngankam oft zusammen mit Kempf, Richter, Suat Serdar oder Márton Dárdai. „Wir haben ein gutes Klima in der Truppe und verstehen uns sehr gut“, hebt der Spreeathener den funktionierenden blau-weißen Teamgeist hervor.

Umgestellte Ernährung und Regeneration

Seine Rolle in diesem Gefüge hat der A-Junioren Meister von 2018 trotz diverser Rückschläge wieder schnell gefunden – das verdankt er auch persönlichen Veränderungen. „In den vergangenen zwei Jahren habe ich viel gelernt und einiges mitgenommen. Ich verhalte mich professioneller, ernähre mich bewusster und weiß, welche Übungen meinem Körper guttun. Auch das Alleinwohnen in Fürth hat mir extrem geholfen. Ich bin reifer geworden und habe gelernt, ein Mann zu sein!“, gibt der Herthaner offen zu und schildert, dass „ich bei der Ernährung mittlerweile auf Fleisch und Milch verzichte und viel mehr Wert auf Regeneration lege".

Jessic Ngankam steht auf dem Gelände der IMG Academy und lächelt in die Kamera.

All diese Maßnahmen führen dazu, dass der Blau-Weiße, der in der laufenden Runde bisher noch ohne Einsatzminuten im deutschen Oberhaus geblieben ist, guten Gewissens sagen kann: „Mir geht’s gut und ich bin fit! Auch wenn ich schon ein paar Bundesliga-Spiele bestritten habe, fühlt es sich so an, als ob ich die ganze Zeit im Startblock verharre und noch nicht los sprinten kann – das soll sich nun ändern. Ich bin motiviert und habe Bock, endlich richtig loszulegen!“, unterstreicht der deutsche Junioren-Nationalspieler seine Handlungsbereitschaft. Gelingt Jessic Ngankam es, seine Worte in Taten umzusetzen, schleicht sich der Angreifer bald nicht mehr nur noch im Training im Rücken der Abwehr vor das Tor, sondern auch endlich wieder im Wettkampf in der Bundesliga.

von Simon Jötten