Florian Niederlechner kämpft mit Nico Schlotterbeck um den Ball.
Profis | 20. Februar 2023, 11:13 Uhr

Das andere Gesicht

Die genauen Worte, die Sandro Schwarz während der Pause in der Kabine gewählt hat, kennen nur die wenigen dort anwesenden Personen. Die Wirkung, die sie in der Folge entfachten, erlebten hingegen deutlich mehr Menschen. Denn unmittelbar nach dem Seitenwechsel traf Lucas Tousart für unsere Blau-Weißen in Dortmund sehenswert zum Anschluss (46.) – und verlieh allen Herthanerinnen und Herthaner bei der am Ende mit 1:4 verloren gegangenen Partie zwischenzeitlich neue Hoffnung. „Es hat sich nicht so angefühlt, als würden wir 0:2 zurückliegen. Das habe ich den Jungs auch so gesagt“, berichtet unser Cheftrainer von seiner Ansprache zwischen den beiden Hälften.

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Es hat sich nicht so angefühlt, als würden wir 0:2 zurückliegen. Das habe ich den Jungs auch so gesagt.
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-Sandro Schwarz

Personell unverändert und bissig im Anlaufen

Die Schwarz-Elf, die im Vergleich zur Vorwoche personell unverändert und erneut in einer 3-5-2-Grundordnung begann, war mehr als ordentlich in die Begegnung gestartet. „Unser System hat wieder gut funktioniert. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mit meiner Mannschaft hier so viele Chancen hatte. Wir hätten eigentlich in Führung gehen müssen“, erklärte Florian Niederlechner. Jessic Ngankam (12.) sowie der Angreifer selbst bei einer Doppelchance mit Marco Richter (22.) vergaben jedoch die aussichtsreichsten Gelegenheiten unserer Spreeathener, die durch bissiges und konsequentes Anlaufen den Kontrahenten immer wieder zu Fehlern zwangen. „Wir hatten uns einiges vorgenommen, vieles davon hat man auch gesehen. Ich hatte zwischenzeitlich ein sehr gutes Gefühl auf dem Platz. Taktisch waren wir gut, haben alles wieder in jeden Zweikampf geworfen“, bekräftige unsere Nummer 23 vor den Mikrofonen.

Stattdessen trafen plötzlich die Hausherren – und das durch Karim Adeyemi (27.) und Donyell Malen (31.) gleich zwei Mal hintereinander. „Die Dortmunder wussten Mitte der ersten Halbzeit fast selbst nicht, wie sie 2:0 führen können“, beobachtete Niederlechner. Die Kaltschnäuzigkeit der Schwarz-Gelben machte bis zu diesem Zeitpunkt dabei eindeutig den Unterschied. Während Gregor Kobel im Kasten des BVB gleich vier Torschüsse abwehrte, waren die einzigen beiden Versuche seiner Offensivkollegen jeweils drin. Überhaupt gab der Tabellenzweite alle seine sechs Abschlüsse im ersten Abschnitt zwischen der 25. und 32. Minute ab – davor und danach keinen. Diese kurze Phase reichte allerdings, um einen komfortablen Vorsprung herauszuschießen. 

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Unser System hat wieder gut funktioniert. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mit meiner Mannschaft hier so viele Chancen hatte. Wir hätten eigentlich in Führung gehen müssen.
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-Florian Niederlechner

Zwei Jubiläen, keine Geschenke

Auf diesen fanden unsere Jungs mit Wiederanpfiff direkt die passende Antwort. „Wir sind mit dem Anschlusstreffer sehr gut in die zweite Halbzeit reingekommen. In der Folge gab es sogar die eine oder andere Situation, in der wir den Ausgleich hätten erzielen können“, unterstrich Schwarz, der zum 100. Mal in der Bundesliga an der Seitenlinie stand und damit genauso ein Jubiläum feierte wie Suat Serdar: Unsere Nummer 8 absolvierte ihren 50. Einsatz für unseren Hauptstadtclub im deutschen Oberhaus. Ein entsprechendes Geschenk blieb auch deshalb aus, weil Niederlechner die beste Gelegenheit zum Ausgleich ungenutzt ließ (52.), während sich der Ballspiel-Verein weiterhin eiskalt präsentierte. Reus (76.) und Brandt (90.) schraubten das Resultat in der Schlussviertelstunde weiter in die Höhe. „Am Ende waren einfach die Effizienz und die Qualität des Gegners entscheidend“, hielt unser Übungsleiter fest, um zu präzisieren: „Vier Gegentore sind nie gut. Aber dennoch sind wir immer drangeblieben, haben nie den Glauben verloren und dabei auch noch Torgefahr ausgestrahlt“, so der 44-Jährige.

Niederlechner & Richter vor Wiedersehen

Obwohl der Ertrag in Form von Zählbarem ausblieb, waren beim blau-weißen Auftritt in der Bierstadt erneut positive Ansätze zu erkennen. „Das Ergebnis fühlt sich logischerweise nicht gut an. Aber die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, ist das, was wir sehen wollen und schon gegen Mönchengladbach gesehen haben. Was Leistung und Intensität angeht, war das sehr ansprechend und genau das, was wir auch für die nächsten Spiele brauchen“, zeigte sich Schwarz vor den kommenden Duellen entschlossen. Zunächst geht es dabei erst einmal zu Hause gegen den FC Augsburg (Sa., 25.02.23, Tickets hier sichern). „Es ist weiterhin keine einfache Situation für uns. Aber jeder sieht, dass wir ein anderes Gesicht zeigen, mit der Fünferkette stehen wir sicherer und fühlen uns wohl“, verriet Richter, der ebenso auf seinen ehemaligen Arbeitgeber trifft wie Niederlechner. Der Bedeutung dieser Aufgabe sind sich unsere Berliner bewusst. „Jeder weiß, worum es geht. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir punkten, wenn wir weiter so auftreten“, sagte unser Stürmer vor dem Wiedersehen mit seinem Ex-Verein. Dranbleiben, das von Richter beschriebene andere Gesicht erneut zeigen und sich dafür auch wieder mit einem Dreier zu belohnen, ist nun das klare Ziel. Gelingt das, ziert das Antlitz unserer Alten Dame am Ende der Arbeitswoche dann hoffentlich ein Siegerlächeln.

Unseren Nachbericht gibt es auch in Leichter Sprache.

von Erik Schmidt