Bo Svensson verfolgt an der Seitenlinie ein Spiel.
Profis | 10. März 2023, 16:00 Uhr

Kiek ma, wer da kommt: Mainz

Auf dem Konto des FSV Mainz 05 befinden sich derzeit stolze 35 Punkte – und das nach gerade einmal 23 Spieltagen. Mehr waren es zu diesem Zeitpunkt seit sieben Jahren nicht. Damals, in der Saison 2015/16, standen 36 Zähler zu Buche. Sogar 37 Punkte sammelten die Rheinhessen in den Spielzeiten 2010/11 und 2013/14 – jene Ausbeute bedeutet nach wie vor Vereinsrekord für diesen Saisonzeitpunkt. Was die drei erwähnten Runden außerdem eint? An ihrem Ende qualifizierte sich der Aufsteiger von 2009 jeweils für einen internationalen Wettbewerb. So überrascht es nicht, dass rund um die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt längst von Europa die Rede ist. Nur die Nullfünfer selbst wollen sich darauf noch nicht einlassen. „Fakt ist, dass ich mich als Trainer nicht gerne mit Zielen beschäftige, die weit in der Zukunft liegen“, erklärt Coach Bo Svensson, um zu konkretisieren: „Ich gucke auf das nächste Spiel und auf die nächsten Wochen, für die wir uns als Mannschaft teaminterne Ziele setzen“, so der 43-Jährige. Dabei bekommt es die Elf des Dänen am Samstag (Sa., 11.03.23, 15:30 Uhr, Tickets erwerben) zunächst einmal mit unserer Alten Dame zu tun. Vor diesem Kräftemessen nimmt herthabsc.com den selbst ernannten Karnevalsverein ganz genau unter die Lupe.

Die sportliche Situation: Auch Stefan Bell wehrt sich bislang gegen voreilige Träume. „Ich finde es ein bisschen früh, jetzt schon von Europa zu sprechen“, sagt der Innenverteidiger. Schließlich weiß das Urgestein, wo die Rot-Weißen herkommen: „Wir hatten in der Hinrunde eine Phase, in der wir sehr wenig gepunktet haben“, so der 31-Jährige. Tatsächlich haben die Mainzer in den letzten sechs Begegnungen der ersten Saisonhälfte nur zwei Zähler eingefahren und waren in dieser Periode damit das schlechteste Team des deutschen Oberhauses. Es folgte jedoch ein umso beeindruckenderer Lauf: Fünf Siege in den bisherigen sechs Partien der Rückrunde katapultierten die Svensson-Elf nämlich auf den siebten Tabellenplatz – und der reicht am Ende der Spielzeit möglicherweise schon für die Qualifikation zur UEFA Europa Conference League. "Wir wollen einstellig bleiben, ein Ziel will ich nicht ausgeben", betont aber auch 05-Sportdirektor Martin Schmidt.

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Ich finde es ein bisschen früh, jetzt schon von Europa zu sprechen.
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-Stefan Bell

Die Mainzer im Fokus: Ein Grund für die angestiegene Formkurve und den Status als momentan zweitbeste Rückrunden-Mannschaft sind auch zwei Winter-Neuzugänge. Während Ludovic Ajorque für mehr Variabilität im Angriff sorgt, trägt Andreas Hanche-Olsen zur Stabilisierung der Defensive bei. „Er macht es sehr, sehr gut. Ihm tut es auch gut, Bello (Stefan Bell, Anm. d. Red.) neben sich zu haben. Andreas ist auf und neben dem Platz einfach eine Granate“, schwärmt Svensson vom norwegischen Innenverteidiger, der mit einer Zweikampfquote von 57,7 Prozent besticht. Außerdem befinden sich in Leandro Barreiro und Jae-sung Lee zwei Mittelfeldspieler des FSV in herausragender Form. So war in den beiden zurückliegenden Wochen selbst Karim Onisiwos Ausfall zu verkraften. Der Österreicher kehrte am Donnerstag nach überstandenen Kniebeschwerden jedoch wieder ins Mannschaftstraining zurück. Auch Marcus Ingvartsen, der es wie Onisiwo auf acht Saisontreffer bringt, übte nach kurzer Pause aufgrund einer Erkältung wieder mit seinen Kollegen.

Die Schnittstellen: Unser Cheftrainer Sandro Schwarz ist nicht nur in Mainz geboren, sondern war als Aktiver sowie Junioren- und Profi-Coach über 15 Jahre lang am Bruchweg im Einsatz. Daher kennt Svensson, der sich seine Sporen zunächst ebenfalls im 05-Nachwuchs verdiente, unseren Übungsleiter bestens. „Es ist aber nicht so, dass ich jede Woche mit ihm Kontakt habe“, verrät der FSV-Fußballehrer. Erst kürzlich sei es am Flughafen zu einem zufälligen Treffen gekommen, bei dem beide etwas miteinander gequatscht haben, berichtet der frühere Verteidiger. „Ich komme sehr gut mit Sandro klar, wir haben viel Respekt voreinander", so Svensson weiter, der weiß: „Klar ist, dass wir beide gewinnen wollen, wenn unsere Mannschaften gegeneinander spielen.“ In Tamás Bódog und Daniel Fischer besitzen zudem zwei Schwarz-Assistenten eine Vergangenheit bei den Rot-Weißen – ebenso unsere drei Profis Suat Serdar, Florian Niederlechner und Jean-Paul Boëtius. Letzterer wird das Wiedersehen mit seinem Ex-Club aber aufgrund einer Schulterverletzung verpassen. Zudem liefen einst auch Sami Allagui, unser neuer Leiter Teammanagement, sowie Malik Fathi, Trainer unserer U15, für die Rheinhessen auf.

Dodi Lukébakio kämpft mit einem Mainzer um den Ball.
Voller Einsatz: In Mainz holten Dodi Lukébakio und Co. dennoch "nur" einen Punkt.

Das Hinrundenduell: An jenem Freitagabend Mitte September des vergangenen Jahres sahen unsere Hauptstädter eigentlich schon wie die sicheren Sieger aus. Lucas Tousart hatte nach einer halben Stunde zur Führung eingeköpft (30.). Doch buchstäblich mit der letzten Sekunde und damit erst weit in der Nachspielzeit glichen die Hausherren durch Anthony Caci zum 1:1-Endstand aus (90.+4). Aufgrund dieses Verlaufs hielt sich die Freude über den Punktgewinn im blau-weißen Lager in Grenzen. „Wir haben probiert, das Mainzer Spiel anzunehmen, uns hinten reingeworfen und bis zur letzten Minute eigentlich gut verteidigt. Umso bitterer ist es, nur mit einem Zähler nach Hause zu fahren“, gab Marc Kempf im Anschluss zu Protokoll. Unsere Jungs haben somit noch eine Rechnung mit den Nullfünfern offen.

Die Meinung über unsere Elf: Dass sich unsere Berliner zuletzt vor allem zu Hause sehr stabil präsentierten, ist auch Svensson nicht verborgen geblieben. „Die Herthaner haben zu einem System gefunden, in dem sie sich wohlfühlen und wo ihre Stärken zum Ausdruck kommen“, analysiert der Fußballlehrer. Dabei lässt sich der Coach auch nicht von der Niederlage unserer Jungs in Leverkusen blenden. „Ich erwarte einen engagierten und motivierten Gegner. Alle wissen, dass es ein sehr schwieriges Spiel für uns wird. Wir müssen an unser Top-Level herankommen, um etwas zu holen“, schwört der Däne seine Mannschaft schon entsprechend auf das Duell im Olympiastadion ein.

von Erik Schmidt