Kennet Eichhorn steht auf dem Spielfeld im Olympiastadion.
Profis | 25. Dezember 2025, 12:00 Uhr

„Das hat einen richtigen Adrenalinschub ausgelöst“

Wieder und wieder fordert Kennet Eichhorn auf dem Rasen für gewöhnlich das Spielgerät, um die kniffligsten Situationen wie selbstverständlich zu lösen. Und das im zarten Alter von 16 Jahren. Nervosität? Fehlanzeige! Ob auf dem Schenckendorffplatz oder im weiten Rund des Olympiastadions. Genauso ruhig und klar präsentierte sich der Mittelfeldspieler auch im ausführlichen Gespräch mit Redakteur Erik Schmidt. In Teil 1 des Interviews hatte der 16-Jährige dabei über Geduldsproben, Wegbegleiter und die Beziehung zu unserem Hauptstadtclub reflektiert, in Teil 2 redet das Eigengewächs von unvergesslichen Erlebnissen, Veränderungen im Alltag und Zielen.

Als die Saisonvorbereitung schon längst lief, begannen in Berlin die Sommerferien – war denn für dich überhaupt so etwas wie Urlaub drin?
Kennet Eichhorn: Ich hatte vor dem Vorbereitungsstart zwei freie Wochen von der Schule bekommen, habe in der ersten davon aber weiter an meiner Fitness gearbeitet. Die andere habe ich dann mit meinen Eltern auf Korfu verbracht.

So richtige Pausen legst du also eher selten ein. Wie viel ackerst du denn für gewöhnlich außerhalb der normalen Übungssessions?
Eichhorn: Da kommt wieder der Rehatrainer ins Spiel! Er hat mir einen Übungskatalog zusammengestellt und den versuche ich drei bis vier Mal in der Woche abzuarbeiten, um meinen Rumpf zu stärken und das Verletzungsrisiko zu minimieren. Oft bleibe ich nach den Trainingseinheiten auch noch länger auf dem Platz und mache etwas mit dem Ball, arbeite beispielsweise an der Passwand.

Kennet Eichhorn lächelt im Gespräch.

Wer viel arbeitet, ist irgendwann reif für das Debüt! Am 1. Spieltag auf Schalke hättest du theoretisch schon zum Einsatz kommen können…
Eichhorn: … ich war aber nicht wirklich enttäuscht, dass es noch nicht geklappt hat. Wir lagen knapp zurück, deswegen konnte ich verstehen, dass eher offensivere Spieler reingekommen sind. Dafür war es dann in der Woche danach gegen den KSC im Olympiastadion, wo aufgrund der Fanfreundschaft eine ganz besondere Atmosphäre geherrscht hat, umso perfekter.

Es war der 10. August 2025. Beschreib bitte einmal die Momente vom Warmmachen über deine Hereinnahme bis hin zu den ersten Aktionen auf dem Rasen.
Eichhorn: Weil ich in der Woche wirklich ordentlich trainiert habe, hatte ich schon ein bisschen geahnt, dass es etwas werden würde. Als wir uns mit Kuchen (Henrik Kuchno, Anm. d. Red.) hinter dem Tor aufgewärmt haben, habe ich nur darauf gewartet, dass der Moment kommt. Als ich das Zeichen endlich bekommen habe, hat das einen richtigen Adrenalinschub ausgelöst. Dann ging alles sehr schnell, was in meiner Erinnerung jetzt auch irgendwie verschwimmt. Trotzdem werde ich das nie vergessen. Ich habe mein Trikot und meine Schienbeinschoner angezogen, danach stand ich auch schon auf den Platz. Dort wollte ich jeden Ball haben und einfach zeigen, was ich der Mannschaft geben kann. Nach dem Spiel ist mein Handy im Prinzip explodiert, weil ich so viele Nachrichten und Glückwünsche bekommen habe (schmunzelt).

Kennet Eichhorn klatscht vor seiner Einwechslung mit Leon Jensen ab.

In Hannover folgte dann dein erstes Startelfmandat – auswärts beim Tabellenführer vor fast 50.000 Zuschauerinnen und Zuschauern, zur Topspielzeit live im TV. Was hat diese Ausgangslage mit dir gemacht?
Eichhorn: Ich bin in der Woche davor etwas früher von der Nationalmannschaft zurückgekommen. Es war nämlich der Plan, dass ich starten werde. Aber zu einhundert Prozent habe ich es erst bei der Besprechung am Spieltag selbst erfahren. Ich habe mich im Anschluss sehr auf das Spiel gefreut und mich ganz normal vorbereitet. Meine Eltern waren im Stadion, so wie sie das eigentlich fast immer sind. Dass wir dann gegen eine so spielstarke Mannschaft mit 3:0 gewinnen konnten, hat mich extrem stolz und glücklich gemacht. Das war auch für uns als Team ein sehr wichtiger Schritt.

Die erwähnte U17-Auswahl des DFB führst du als Kapitän an. Was bedeutet dir die Binde am Arm?
Eichhorn: Das ist eine besondere Ehre, denn es gibt nichts Größeres als die Nationalmannschaft. Ich freue mich über dieses Vertrauen des Trainers, das mir natürlich auch zeigt, dass ich bestimmte Dinge richtig mache. In der U17 spielen viele Jungs, die ich schon von früher kenne und mit denen ich gerne Zeit verbringe, weswegen ich auch immer große Lust auf diese Reisen habe.

Gleichzeitig gehst du noch zur Schule, bist in der 12. Klasse. Wie gestaltet sich die Doppelbelastung aus Pauken und Profifußball?
Eichhorn: Ich bekomme von der Poelchau-Schule eine super Unterstützung, speziell vom Sportkoordinator Julian Rabe. Es finden sich immer sehr gute Lösungen, wie ich alles bestmöglich gestalten kann – beispielsweise, wenn ich eine Klausur verpasse, weil wir schon auf dem Weg zu einem Auswärtsspiel sind. Ich habe auch immer mein iPad dabei, worauf sich die ganzen Unterrichtsmaterialien befinden. Meist gilt aber der volle Fokus dem Spiel, weil ich es nicht mag, von anderen Dingen abgelenkt zu werden und meine Abläufe brauche. Ansonsten gehe ich nach den Trainingseinheiten in den Unterricht oder hole den Stoff in einem Lernraum für mich nach. Ich würde sagen, dass ich recht schnell lerne, was mir natürlich hilft. Außerdem machen es mir die kurzen Wege auf dem Gelände und mein Zimmer im Internat einfacher. Bei uns sind es 13 Klassen bis zum Abitur – das heißt, dass noch ein weiteres Jahr in der Schule auf mich zukommt.

Kennet Eichhorn im Porträt.

Wie sehr hat sich dein Alltag darüber hinaus seit Sommer verändert?
Eichhorn: Dadurch, dass ich nicht so häufig auf die Straße rausgehe, hat sich nicht so viel verändert. Ich wurde schon öfter angesprochen, was sich vor allem beim ersten Mal komisch angefühlt hat, weil ich ja nur ein ganz normaler Mensch bin, der sein Ding macht. Andererseits ist das natürlich auch irgendwie schön. Ich würde von mir behaupten, dass ich mit diesen Dingen ganz gut umgehen kann und sie einzuordnen weiß – das habe ich von meinen Eltern und meinen Trainern gelernt.

Zurück zum sportlichen Geschehen: Im DFB-Pokal gegen Kaiserslautern bist du dann zum jüngsten Torschützen des Wettbewerbs sowie der blau-weißen Vereinsgeschichte avanciert. Was hast du gedacht und gefühlt, als das Ding drin war?
Eichhorn: Ich habe im Ligaspiel gegen Kaiserslautern schon den Pfosten getroffen, es wurde also irgendwann auch Zeit. In der Situation selbst habe ich die freie Ecke gesehen und gewusst, dass ich den Ball nur noch dorthin platzieren muss. Das Tor hat mich für das Spiel anschließend sehr gepusht, mir ein anderes Selbstbewusstsein und eine andere Sicherheit gegeben. Die ganzen Rekorde sind für mich absolut zweitrangig. Am Ende interessiert das auch keinen. Ich spiele gegen Erwachsene und dabei zählt nur das Ergebnis. Deswegen ist es mein Ziel, der Mannschaft einfach so viel zu geben, wie ich kann.

Kennet Eichhorn bejubelt seinen Premierentreffer.

Nichtsdestotrotz lassen sich diese Rekorde nur mit sehr viel Ehrgeiz erreichen. Was kannst und willst du in deinem Spiel als nächstes weiterentwickeln?
Eichhorn: Zum einen die Entscheidungsfindung im letzten Drittel, denn da wähle ich manchmal noch die falsche Option. Generell führe ich sehr viele Einzelgespräche mit Stefan, Andre (Mijatović, Anm. d. Red.) oder Ebi, um mich zu verbessern. Wir machen auch Videoanalysen, bei denen ich verschiedene Spielszenen von mir zu sehen bekomme und sie mir anhand dessen aufzeigen, worauf ich zu achten habe. Zum anderen will ich noch mehr Ballkontakte sammeln. Sie sind für junge Spieler einfach wichtig, um eine gewisse Sicherheit zu erlangen. Wenn ich Individualeinheiten absolviere, liegt der Fokus deswegen auch meist darauf.

Nun stehen rund um Weihnachten und Silvester aber erst einmal ein paar ruhigere Tage auf dem Programm. Worauf freust du dich am meisten?
Eichhorn: Auf die Zeit mit meiner Schwester. Sie hat einige Monate in Australien verbracht und ist nun zurück in Deutschland. Wir verreisen als Familie nach Fuerteventura, wo ich außerdem ein bisschen abschalten und das Wetter genießen kann. Trotzdem werde ich natürlich auch etwas Sport machen (grinst).

Lass uns abschließend einen Blick auf das kommende Jahr werfen. Welche Wünsche hast du für 2026?
Eichhorn: Der Aufstieg mit Hertha ist mein größter Wunsch. Darüber hinaus will ich mich weiterentwickeln, meine Leistung konstant steigern und noch besser werden.

von Erik Schmidt